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Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Titel: Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)
Autoren: Peter Bergmann
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Wenn man hingegen eine Fregatte der US-Navy aus dem Hafenbecken auf Triest schleuderte, mochte es weniger Opfer geben, doch die Bilder eines 130 Meter langen Kriegsschiffes als höchster Turm im Zentrum der Stadt würden ungleich länger in der Erinnerung haften bleiben. Für den Marktwert des A-Grav wären sie unbezahlbar. Er würde es selbst tun müssen, Iwas hatte versagt. Dass sich sein Terrortrupp von zwei Frauen und einem schmächtigen Wissenschaftler, der zu achtzig Prozent aus Angst bestand, überrumpeln ließ, war blamabel. Iwas war nur noch ein Störfaktor. Das würden ihn seine eigenen Leute spüren lassen. Auf nach Triest. Ach ja, zunächst musste er noch das Gerät besorgen.

88___
    „Etwas stimmt nicht!“ bemerkte Donahue plötzlich.
    „Vieles stimmt nicht“, murmelte Vanetti vom Rücksitz.
    „Im Hafen von Triest soll es eine Schießerei geben. Die Polizei riegelt ihn gerade ab.“
    „Auf deine Pläne kann man sich verlassen“, sagte Chiara mit unverhülltem Sarkasmus.
    „Wir fahren an der Küste entlang“, entschied Mike, ohne darauf einzugehen. „Zunächst nach Monfalcone. In 11 Kilometern kommt eine Abzweigung.“
    „Worin besteht der Vorteil?“
    „Es gibt zwei kürzere Routen von Udine nach Triest. Und vielleicht warten wir die Nacht vor der Stadt ab. In den Tourismus-Orten gibt es um diese Jahreszeit reichlich leer stehende Schlupfwinkel.“
    „Dann brechen wir wieder mal ein“, kommentierte Vanetti lakonisch. „Alles wird ersetzt. Man könnte sich daran gewöhnen.“
    Und vielleicht stimmte das sogar, dachte er überrascht. Die Erlebnisse der letzten Stunden hätten ihn vor zehn Tagen noch in Agonie versetzt. Jetzt registrierte er mit mäßigem Interesse, dass Chiara zum Überholen ansetzte, obwohl sich ihnen eine ganze Kolonne von Scheinwerfern entgegen schob. Es ging sich leicht aus. Mindestens zehn Wagenlängen Platz, um vor dem Überholten rechts reinzuschneiden. Sollte er die gute alte Südautobahn je wiedersehen, dann würde er bis auf 80 beschleunigen. Das nahm er sich fest vor.
    Sie fuhren auf der SS305 nach Monfalcone. Bald erreichten sie die ersten Häuser der Stadt.
    „Weiter nach Duino“, sagte Donahue.
    „Ich weiß“, erwiderte Chiara. „Ich kenne die Gegend.“
    „Ach ja, die Urlaube in Friaul-Julisch Venetien.“
    Sie trat so hart auf die Bremse, dass ihre Mitfahrer in den Sicherheitsgurten hingen.
    „Woher weißt du das?“
    „Hast du es vergessen?“ keuchte Vanetti. „Gläserne Menschen in gläsernen Häusern in gläsernen Landschaften.“
    Langsam ließ sie den Wagen wieder anrollen.
    „Ich weiß nur, dass du und dein Vater hier zwei- oder dreimal Urlaub gemacht habt“, ergänzte der Agent.
    „Woher?“ fragte sie gereizt.
    „Meldedaten. Jede Übernachtung wird gemeldet – jedenfalls, wenn es korrekt zugeht.“
    „Aber warum interessiert euch das?“
    „Es interessiert uns überhaupt nicht“, sagte Mike. „Bis zu dem Moment, in dem wir wissen wollen, mit wem wir es im Einzelfall zu tun haben.“
    Chiara erinnerte sich dieser Urlaube, als wären seither nur Tage vergangen. Kurz nach dem Tod ihrer Mutter waren sie erstmals nach Grado gefahren. Ein Kompromiss. Weg aus der Toskana, keinesfalls zum Mittelmeer oder zur südlichen Adria wie ehemals zu dritt. Sie und Papa waren angespannt gewesen wie Klaviersaiten. Nur keine falsche Schwingung. Anstrengendere Urlaube konnte man sich nicht vorstellen. Die Rückkehr nach Florenz bedeutete immer für beide den Abwurf tonnenschweren Ballasts. Nach drei Versuchen beendeten sie in stillschweigendem Einverständnis die Marter.
    Donahue rührte das alles wieder auf. Immerhin, sie kannte sich aus in der Gegend.
    Als sie durch Duino rollten, fasste der Amerikaner die letzten Meldungen des CX zusammen.
    „Niemand weiß, was passiert ist. Der Hafen ist jedenfalls gesperrt. Wir verkriechen uns in Sistiana. Dort liegen ein paar schnelle Boote, mit denen wir im Handumdrehen in Triest sind.“
    „Lasst uns Boote stehlen!“ rief Vanetti. Er schien sich ehrlich zu freuen. Von Duino nach Sistiana war es nur ein Katzensprung.
    „Jetzt rechts rein“, sagte Mike. „Hier stellen wir den Wagen ab. Dort geht es runter zum Hafen.“
    Chiara lenkte das Auto an einem kleinen Denkmal vorbei, das – wie sie sich erinnerte – einer der Isonzo-Schlachten gedachte, und parkte zwischen Pinien, unter deren Schatten sie Jahre zuvor Schutz vor der sengenden Augustsonne gefunden hatte. Noch schlanker als heute, mit Leibchen und
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