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Charons Klaue

Charons Klaue

Titel: Charons Klaue
Autoren: R. A. Salvatore
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Menzoberranzan, Gromph Baenre.
    Niemand, weder Ravel noch Jearth noch selbst Oberinmutter Zeerith, bezweifelte, dass Gromph Baenre in Haus Xorlarrin seine Agenten hatte. Für Ravel war das kein Problem. Er war ein Lieblingsschüler von Gromph gewesen, und ein bisschen Spionage würde den Erzmagier kaum dazu veranlassen, gegen ihn vorzugehen.
    Jearth hingegen war kein Zauberer, sondern ein Krieger, und ein Mann des Schwerts würde dem gnadenlosen Gromph weniger Respekt einflößen.
    »Ihr nehmt auch Brack’thal mit«, wies Zeerith ihn an.
    »Als Untergebenen?«, vergewisserte sich Ravel, und Zeerith grinste bösartig.
    »Von Euren Schwestern sind nur Saribel und Berellip für die Reise verfügbar«, erläuterte Zeerith.
    Ravel versuchte, seine Irritation zu verbergen, denn Saribel war die jüngste, die schwächste und – soweit er das beurteilen konnte – bei weitem die dümmste Priesterin seines Hauses. Berellip war zwar älter und mächtiger, brachte ihm jedoch häufig offene Verachtung entgegen und machte aus ihrem Widerwillen gegen die einflussreiche Stellung, die Haus Xorlarrin seinen Edelmännern zugestand, keinen Hehl. Als fanatischer Anhängerin von Lolth waren Berellip die Zauberspinner bestenfalls gleichgültig, doch dem Emporkömmling Ravel hatte sie gelegentlich schon offen gedroht.
    »Habt Ihr Einwände?«, fragte Zeerith, und zufällig stieß Brack’thal in diesem Augenblick einen markerschütternden Schrei aus.
    Ravel schluckte. »Einen Urelementar zu bändigen …«, sagte er kopfschüttelnd und mit unheilschwangerer Stimme. »Ist das je zuvor gelungen?«
    »Oder seine Kräfte umzuleiten?«, schlug Zeerith vor. »Ihr versteht, was wir brauchen.«
    Ravel schluckte seinen nächsten Einwand hinunter, um seine Worte mit Bedacht zu wählen. Was brauchte Haus Xorlarrin wirklich?
    Vor allem Raum zum Atmen, glaubte er. Wenn sie in jener alten Zwergenheimat eine neue Stadt gründen könnten und ausreichend Zeit bliebe, sie mit mächtigen magischen Fallen auszustatten – würden die anderen Häuser von Menzoberranzan dann nicht die Kosten eines Angriffs scheuen?
    Und wenn die neue Drow-Stadt neue Handelswege eröffnen oder als Vorposten gegen potenzielle Vorstöße ins Unterreich durch die verwünschten Bewohner der Oberflächenwelt dienen konnte – käme das Menzoberranzan letztlich nicht zugute?
    »Chad Nasad wurde nie ersetzt«, wagte Ravel zu bemerken. Er spielte damit auf die ehemalige Partnerstadt von Menzoberranzan mit ihren herrlichen Bogen- und Hängebrücken an, die vor hundert Jahren im Krieg der Spinnenkönigin zerstört worden war.
    »Berellip wird Euch sagen, wie hoch die Mittel für die Söldner sind. Stellt Eure Expedition zusammen und geht.« Mit einem Wink entließ Zeerith ihren Sohn.
    Ravel verneigte sich eilig und drehte sich um. Er sah gerade noch, wie Brack’thal mit zerrissenem, blutigem Hemd in den Audienzsaal zurücktaumelte. Das schmerzhafte Gift der Schlangenkopfpeitschen ließ seine Augen hervorquellen. Trotz seiner Pein hatte der Ältere seine Gesichtsmuskeln noch so weit unter Kontrolle, dass er Ravel einen hasserfüllten Blick zuwerfen konnte.
    Ravel überlegte kurz, ob er Zeerith bitten sollte, seinen Bruder nicht mitnehmen zu müssen, gab dem Impuls aber nicht nach. Im Zweikampf war Brack’thal ihm nicht gewachsen; das wussten sie beide. Sein großer Bruder würde sich nicht direkt gegen ihn stellen. Und da Ravel seinen Trupp selbst zusammenstellen durfte, konnte er dafür sorgen, dass keiner von Brack’thals Freunden mitkam.
    Wobei der entmachtete Zauberer ohnehin nicht viele Freunde hatte.
    »Das sind keine Räuber …«, setzte Ravel an, aber Jearth brachte ihn mit erhobener Hand zum Schweigen.
    Still! , gebot ihm der Waffenmeister in der speziellen Fingersprache der Drow. Dabei hob er mit der anderen Hand den Mantel, um die Signalhand abzuschirmen. Diese Geste bezeichnete der geheimnistuerische Drow gern als seinen »Sichtkegel des Schweigens«.
    Ravel sah sich um und zog selbst die Hand zurück, um sie halb in seinen wallenden Roben zu verbergen. Das sind keine Hauslosen, sagten seine Finger.
    Viele schon.
    Nicht alle. Ich erkenne einen Soldaten von Haus Baenre. Immerhin der Gehilfe ihres Waffenmeisters!
    Viele sind gemeine Soldaten geringerer Häuser.
    Aber mit einem Baenre, beharrte Ravel.
    Meiner letzten Zählung nach mindestens drei, signalisierte Jearth.
    Ravel erschrak. Auf seinem ebenmäßigen schwarzen Gesicht zeichnete sich Entsetzen ab.
    Habt Ihr geglaubt,
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