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Champagner-Fonds

Champagner-Fonds

Titel: Champagner-Fonds
Autoren: P Grote
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musste heruntergerollt sein und hatte sich quergelegt. Hoffentlich ist es das Einzige heute, das sich querlegt, dachte Philipp und trieb Bellier weiter. Sie gelangten in den Hof mit verrotteten Fässern und Paletten, und mit Schrecken dachte er an die nächste Tür. Hier aber hatte Bellier ein leichteres Spiel.
    »Lernt ihr das auf der Polizeischule, oder sind Sie Autodidakt?«
    Bellier blieb Thomas die Antwort schuldig.
    In den Hallen wie auch im Treppenhaus brannte Licht, und sie hasteten nach unten. Thomas führte heute, doch vor dem Lastenfahrstuhl gruselte es ihm genauso wie Philipp, und sie liefen die Treppe hinunter. Von oben hörten sie die ersten aufgeregten Stimmen. Bevor sie durch die Pendeltür traten, vergewisserten sie sich, dass sie alles Nötige bei sich hatten, wie den Lageplan, zwei winzige Taschenlampen und die Kamera. Die Mobiltelefone waren vom Klingelton auf Vibration umgeschaltet.
    Philipp rief Louise an. Von ihr erfuhren sie, dass absolut nichts darauf hinwies, dass die Polizei angerückt war. »Entweder ist sie unsichtbar, oder euer kleiner Polizist hat euch einen Bären angebunden.«
    »Aufgebunden, Louise, aufgebunden.«
    »Was?«
    »Lass es gut sein. Und der Notausgang?«
    »Es gibt einen, ich fahre hin, er liegt draußen im Weinberg   ... Dieser Dr.   Anlahr ist übrigens sehr charmant   ...«
    Philipp spürte einen leichten Stich und wunderte sich, dass sein Ego sogar in Momenten höchster Anspannung für derartigen Unsinn empfänglich war. Er lief voran, sie tauchten in den Hauptgang ein, Bellier und Thomas hinter Philipp. Der nächsten Ecke näherten sie sich mit äußerster Vorsicht. Mitten im nächsten Gang, wo die Flaschen der Fonds lagen, von denen etliche auf ihre Entsorgung warteten, standen Goodhouse und Touraine, Letzterer redete auf seinen Chef ein, wedelte mit einer Zeitung in der Hand und zeigte immer wieder in ihre Richtung. Hinter den mit Flaschen bepackten Rollwagen suchten sie Schutz. Dann kam die Meute mit Geschrei und Getrappel, der Schall der Schritte und die Stimmen brachen sich an den Wänden, und es hörte sich an, als stürmten hundert Leute in den Keller.
    Goodhouse berührte das anscheinend wenig. Er trat vom anderen Ende her auf die Gruppe zu, die Arme wie einSchutzengel weit ausgebreitet, die Stimme erhoben:
»Ladies , ladies and gentlemen, my dear German friends
, liebe Freunde aus Deutschland,
listen , please listen to me   ...
«
    Entweder begriff er nichts, oder der Mann war das Abgebrühteste, das Philipp je begegnet war. Doch die Meute hatte den Wolf eingekreist, und jetzt begriff Goodhouse, was geschah. Er redete, er beschwichtigte, er erklärte, bat und schimpfte, mal laut, mal leise, auf Englisch, auf Deutsch, er ergriff Hände, schüttelte sie, klopfte auf Schultern und breitete flehend die Arme aus. Niemandem hörte er zu, alle redeten durcheinander, der einzige Ruhepol war Touraine. Hatte Philipp seine Bedeutung unterschätzt?
    Die junge Frau mit dem zum Zopf geflochtenem braunen Haar, wenn er die Farbe bei dem gelblichen Licht richtig erkannte, näherte sich hinkend von der Seite, zog ihn zu sich und flüsterte in sein Ohr, dann sah sie auf die Uhr und nickte. In diesem Moment erlosch das Licht.
    In der folgenden Schrecksekunde hörte Philipp trappelnde Schritte, er sah das Licht zweier Taschenlampen über die Tunnelwände geistern. Sie waren vorbereitet und wussten, wo der Notausgang war. Dann brach die Hölle los, das Gekreisch der Frauen und die aggressiven Rufe der Männer füllten die Tunnel, der Schall brach sich und kam hundertfach zurück.
    »Du hast eine Lampe, Thomas«, rief Philipp, »bring die Leute hier raus!«
    »Ich will dabei sein. Goodhouse darf nicht verschwinden.«
    »Tu jetzt endlich mal, was ich sage! Bring sie raus! Keine Widerworte. Sie brauchen deine Hilfe!«
    Dann kämpften Philipp und Bellier sich durch die Dunkelheit und das nicht weniger verwirrende Stimmengewirr.
    »Da sind noch welche«, rief jemand, »die haben Lampen.« Sie traten auf Füße, stolperten weiter, stießen kreischende Leiber von sich und wehrten sich gegen Hände, diesie festhalten wollten. Philipp schlug um sich, Goodhouse durfte nicht entwischen.
    Das rostige Quietschen eines Gitters wies ihnen den Weg. Glas klirrte, die erste Flasche explodierte, die nächste, die Kettenreaktion nahm ihren Anfang, und Philipp hielt Bellier, der seine Pistole gezogen hatte, zurück. Sie pressten sich an die Tunnelwand, um nicht von Splittern getroffen zu werden.
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