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Cato 03 - Der Zorn des Adlers

Titel: Cato 03 - Der Zorn des Adlers
Autoren: Simon Scarrow
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ihm einen finsteren Blick zu und wandte sich wieder den beiden Frauen zu. »Was hättet ihr gerne, meine Damen?«
    »Einen Sitzplatz«, antwortete Boudica spitz. »Im Moment wäre ein Sitzplatz schon genug.«
    Macro zuckte die Schultern. »Kümmere dich drum, Cato. Such eine ruhige Ecke. Ich hole derweil was zu trinken.«
    Während Macro sich durchs Gewühle zur Theke durcharbeitete, schaute Cato sich um und stellte fest, dass der einzige freie Platz ein wackliger Klapptisch mit zwei Bänken war und direkt bei der Eingangstür stand. Er rückte die eine Bank auf der Seite ein wenig ab und nickte auffordernd. »Setzt euch doch, meine Damen.«
    Angesichts des primitiven Mobiliars schürzte Boudica die Lippen und hätte den Sitzplatz womöglich verweigert, hätte ihre Kusine ihr nicht schnell einen kleinen Stoß verpasst. Sie war die jüngere der beiden, hieß Nessa und war eine brünette Iceni-Frau mit blauen Augen und runden Wangen. Cato war sich durchaus bewusst, dass sein Zenturio und Boudica sie eingeladen hatten, um ihm Gesellschaft zu leisten, während das ältere Paar seine merkwürdige Beziehung vorantrieb.
    Macro und Boudica hatten sich kurz nach dem Fall Camulodunums kennen gelernt. Da die Iceni im Krieg zwischen Rom und dem Stammesbündnis, das sich der Eroberung widersetzte, neutral waren, empfand Boudica gegenüber den Männern aus dem großen Imperium jenseits des Meers eher Neugierde denn Feindseligkeit. Um die Gunst der neuen Herren bemüht, hatten die Stadtältesten das römische Lager mit Einladungen zu großen Festessen überschwemmt. Selbst rangniedrige Zenturionen wie Macro waren zu ihrer Überraschung dazugebeten worden. Am ersten dieser Abende hatte er Boudica kennen gelernt. Ihre direkte Art hatte ihn zunächst entsetzt; die Kelten schienen dem sanfteren Geschlecht ein abscheuliches Maß an Gleichberechtigung zuzubilligen. Als Boudica damals plötzlich neben dem Zenturio gestanden hatte, der seinerseits neben einem Fässchen des hochprozentigsten Bieres stand, das ihm je begegnet war, hatte sie keine Zeit verloren und ihn sofort nach Informationen über Rom ausgequetscht. Angesichts dieser unverhohlenen Annäherung hatte Macro sie zunächst einfach nur als eine der weiteren reizlosen Frauen betrachtet, die in der Oberschicht der britischen Gesellschaft so häufig waren. Doch im Verlauf ihres Kreuzverhörs schwand allmählich sein Interesse am Bier. Zunächst nur widerstrebend, dann aber im Verlauf des ausgedehnten Gesprächs, in das sie ihn kunstvoll verwickelte, immer freudiger, unterhielt Macro sich mit ihr so angeregt, wie er es mit einer Frau bisher noch nie erlebt hatte.
    Am Ende des Abends wusste er, dass er diese lebhafte Iceni-Frau wiedersehen wollte, und schlug ihr stotternd eine Verabredung vor. Sie war gerne dazu bereit und lud ihn zu einem Bankett ein, das am nächsten Abend bei einem ihrer Stammesbrüder stattfinden sollte. Macro war zuerst eingetroffen und hatte verlegen neben dem Mahl aus kaltem Fleisch und warmem Bier herumgestanden, bis Boudica kam. Dann hatte er entsetzt festgestellt, dass sie beim Trinken mühelos mithielt. Bevor er sich’s versah, hatte sie ihm einen Arm um die Schulter gelegt und ihn fest an sich gedrückt. Die anderen keltischen Frauen gaben sich jedoch nicht weniger direkt, und so wollte Macro sich gerade mit den sonderbaren Sitten dieser neuen Kultur abfinden, als die beschwipste Boudica ihm einen Kuss auf die Lippen drückte.
    Völlig überrumpelt versuchte Macro, sich ihrer kräftigen Umarmung zu entziehen, doch das Mädchen missverstand dieses Gezappel als ein Zeichen seiner Leidenschaft und verstärkte ihren Griff nur noch. Also gab Macro nach und erwiderte ihren Kuss; vom Alkohol enthemmt und beflügelt verschwanden sie in einer dunklen Ecke unter einem Tisch und brachten den Rest des Abends mit Knutschen zu. Nur die dem Bier zu verdankende Erschlaffung hatte sie daran gehindert, alle Konsequenzen aus der Situation zu ziehen. Netterweise hatte Boudica diese kleine Panne nicht weiter aufgebauscht.
    Von da an hatten sie sich fast täglich getroffen, und manchmal hatte Macro auch Cato mitgenommen, vor allem aus Mitgefühl mit dem Burschen, dessen erste Liebe vor kurzem von einem verräterischen römischen Aristokraten ermordet worden war. Cato, der zunächst still und schüchtern gewesen war, hatte sich allmählich von Boudicas geselliger Natur anstecken lassen, sodass die beiden nun stundenlang miteinander plaudern konnten. Macro hatte das Gefühl,
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