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Cathérine und die Zeit der Liebe

Titel: Cathérine und die Zeit der Liebe
Autoren: Benzoni Juliette
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gebräunte Gesicht des Kaufmanns verklärte, wich.
    »Armer Gauthier!« murmelte er. »Er ist also sterblich. Ich gestehe, ich hätte es nicht geglaubt … Wir werden ihn sofort an Bord bringen, damit er seinen letzten Atemzug auf dem Boden seines Landes tut … selbst ein Holzboden wird besser sein als diese Erde!«
    Er wandte sich an seine Begleiter, einen kleinen Mann mit klugem Gesicht, eine Art Sekretär, nach dem Schreibzeug und einer kleinen Rolle Pergament zu schließen, die an seinem Gürtel hingen, und den stummen, unbeweglichen Herrn im Turban. Als ob es ihm gleichgültig wäre, wer hinter ihm stand, wandte er sich an diesen:
    »Seigneur Ibrahim, seid Ihr nun zu Hause? Ich brauche über Eure Freilassung nicht mehr zu sprechen, da ich meine Freunde ganz persönlich gefunden habe. Ihr seid also frei.«
    »Ich danke dir für deine Liebenswürdigkeit, Freund … Ich wußte, daß ich nichts von dir zu fürchten hatte, aber du bist ein Kerkermeister gewesen, wie ihn nur sehr wenige Gefangene haben. Daher bin ich dir ohne Sorge gefolgt.«
    »Ich hatte Euer Wort, nicht zu fliehen, und habe mich daran gehalten!« erwiderte der Kaufmann edelmütig. »Lebt wohl, Seigneur Ibrahim!«
    Der Gefangene verneigte sich tief und verlor sich schnell in der Menge, die Mansour und seine Männer jetzt zurückdrängten, um Platz für die Sänfte zu schaffen. Die Matrosen Jacques Cœurs hatten den nun bewußtlosen Sterbenden mit äußerster Vorsicht herausgehoben. Die helle Sonne verklärte das abgezehrte, von tragischen Schatten überzogene Gesicht, das die Männer mit einer Art abergläubischer Furcht betrachteten. Man trug ihn in das Boot, in dem Abu sich neben ihn setzte.
    »Ich werde bleiben, solange er noch atmet«, erklärte er. »Übrigens, Ihr setzt doch nicht sofort Segel?«
    »Nein«, erwiderte Jacques Cœur. »Erst übermorgen. Da ich nun einmal hier bin, möchte ich meinen Aufenthalt nutzen und Seidenstoffe, Möbel mit Intarsien, Gewürze und bearbeitete Felle und Häute, vergoldete Töpferware und diese schönen Pergamente aus Gazellenhaut von der Sahara, eine Spezialität dieses Landes, laden …«
    Cathérine unterdrückte ein Lächeln. Gewiß, Jacques war gekommen, um sie zu suchen, und hatte den Gesandtenwimpel gehißt, aber bei ihm verbannten die Gefühle keineswegs den Geschäftssinn. Diese aus Freundschaft unternommene Reise mußte sich lohnen …
    Während das Boot mit dem Verwundeten vom Ufer ablegte und dem Schiff zuglitt, von wo es zurückkehren sollte, um sie aufzunehmen, und während Arnaud sich ernst von Mansour verabschiedete, fragte sie:
    »Übrigens, mein Freund, wie habt Ihr erfahren, daß wir hier sein würden?«
    »Das ist eine lange Geschichte. Aber in zwei Worten: Ihr verdankt unser Kommen Eurer alten Freundin, der Dame de Châteauvillain. Ihr habt Euch, scheint es, im Gebirge von ihr getrennt, habt aber einen Knappen Messire Arnauds bei ihr gelassen, den sie sehr gut auszuhorchen verstand. Worauf sie schnurstracks nach Angers zur Herzogin-Königin eilte und ihr die ganze Geschichte erzählte. Es war Madame Yolande, die mich benachrichtigt und mit mir diese Reise geplant hat.«
    »Unglaublich!« rief Cathérine verdutzt. »Ermengarde, die mich an Händen und Füßen gefesselt zu ihrem Herzog zurückbringen wollte?«
    »Vielleicht! Solange sie ehrlich glaubte, dies sei die beste Lösung für Euch. Aber von dem Augenblick an, in dem Ihr hartnäckig darauf bestandet, Messire Arnaud nachzureisen, hat sie sich bemüht, Euch zu helfen. Sie will vor allem Euer Glück, und Ihr habt keine Ahnung, was für einen Krach sie machte, bis ich aufbrach! Ich habe die größte Mühe gehabt, ihr klarzumachen, daß ich sie nicht mitnehmen könne.«
    »Die gute Ermengarde!« seufzte Cathérine mit unwillkürlicher Zärtlichkeit. »Sie ist eine außergewöhnliche Frau. Auf jeden Fall war das Abenteuer riskant. Wie konnte sie wissen, daß ich Arnaud finden und ob ich gesund und sicher nach Granada gelangen würde?«
    Jacques Coeur hob die Schultern und grinste spöttisch.
    »Sie kennt Euch eben! Wenn Euer Gatte im Innern Afrikas gefangengehalten worden wäre, hättet Ihr bestimmt Mittel und Wege gefunden, zu ihm zu gelangen. Das natürlich«, schloß er, »wäre ein viel weiterer Weg für mich gewesen …«
    In der dunkelsten Stunde der Nacht, unmittelbar vor dem Morgengrauen, starb Gauthier in der hohen Heckkabine, in der Jacques Cœur ihn untergebracht hatte, das Gesicht dem offenen Meer zugewandt, das er nicht
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