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Casting fuer die Liebe

Titel: Casting fuer die Liebe
Autoren: Anna Ludwig
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verschlafenen Kleinstadt. Das hat sogar unsere Rektorin eingesehen und ihnen ein Jahr Auszeit von der Schule gegeben. Als besondere Ausnahme, über die sich die Jungs bestimmt wie verrückt gefreut haben. Für Isabel und mich war es natürlich die totale Katastrophe!
    Wie unsagbar toll wäre es jetzt, wenn es Dominik, Gregor und Philipp in Berlin gar nicht gefallen würde!
    Dann könnte ich Philipp wieder jeden Tag in der Schule sehen! Oder ganz zufällig beim Einkaufen oder beim Schlittschuhlaufen oder sonntagmorgens beim Bäcker oder …
    »Jetzt haltet euch fest«, unterbricht Paulas Stimme meine wilden Träumereien, die – wie ich selbst weiß – total unrealistisch sind.
    »
Room 16
kommen heute nach …« Paula macht eine kleine Kunstpause. »… Grünstett!«
    Häh? Moment mal! Von wegen unrealistisch!
    »Wie? Ganz und gar?«, fragt Isabel, die es offensichtlich nicht glauben kann.
    »Na ja«, räumt Paula ein. »Natürlich nur bis Weihnachten.«
    Pling!, macht es zart und die hübsche kleine Seifenblase zerplatzt wieder.
    »Und ich dachte, das wäre die tollste Nachricht der Welt!«, wundert sich Paula, als sie mein enttäuschtes Gesicht sieht.
    »Sagen wir: die zweittollste«, muss ich dann doch zugeben.
    Immerhin sind es noch zweieinhalb Wochen bis Weihnachten!
    Und in zweieinhalb Wochen kann ja auch so einiges passieren.

Verquatscht
    D ramatisch ist allerdings, was in zweieinhalb Wochen alles
nicht
passieren kann.
    Weil man zum Beispiel Nachmittagsunterricht hat und eineinhalb sterbenslangweilige Stunden in der Schule absitzen muss. Direkt nach dem Mittagessen müssen Isabel und ich schon wieder los.

    Wir haben eine Doppelstunde Mathe beim Giftzwerg. Isabel und ich glauben ja, dass der Giftzwerg irgendwann mal ein netter, kleiner Gartenzwerg war, der aus irgendeiner Schrebergartenkolonie ausgebüxt ist.
    Er hat ein fein säuberlich gestutztes rotes Bärtchen rundum seinen Mund, das er bestimmt täglich mit der Nagelschere trimmt, und riecht immerzu nach Kirschbonbons. Eigentlich wirkt er völlig harmlos. Erst wenn er vor uns Schülern steht, beginnt er, sein Gift zu versprühen. Ist aber auch völlig verständlich, so ein Gartenzwerg braucht eben Geranien und Kartoffelsetzlinge und ältere Damen in geblümten Kittelschürzen um sich herum, um sich wohlzufühlen. Damit können wir eindeutig nicht dienen.
    Heute ist er mal wieder besonders schlecht gelaunt. Wie immer, wenn wir bald eine Mathearbeit schreiben.
    Lange Zahlenkolonnen ziehen sich wie Ameisen über dieTafel und wir kommen gar nicht mit dem Abschreiben hinterher.
    Ich bin gerade dabei, die Patrone in meinem Füller zu wechseln, als Isabel mir ihr Heft zuschiebt:
    »Fühl mich schon selbst wie der reinste Heinzelmann!«, lese ich. Und weiter: »Gehen wir nach dem Abendessen noch kurz ins
Morizz
? Vielleicht sind die Jungs ja da!«
    »
Morizz
geht klar!«, schreibe ich zurück und hinterlasse dabei ein paar Tintenkleckse in Isabels Heft. »Die karierte Zipfelmütze steht dir übrigens echt gut!«
    Isabel muss kichern und Miri Böhme, die direkt vor uns sitzt, dreht sich neugierig zu uns um.
    Isabel kann gerade noch die Hand auf ihr Heft legen, damit Miri nicht lesen kann, was sie geschrieben hat. Miri wirft uns einen verächtlichen Blick zu und dreht sich dann wieder nach vorne. Ich weiß genau, was sie denkt. Dass wir mit unseren wackligen Vierern lieber aufpassen sollten.
    Es hat eben nicht jeder einen Papa, der Mathelehrer ist. Miris Vater unterrichtet an einer anderen Schule und erklärt ihr vor jeder Arbeit den Stoff noch einmal haarklein. Miri behauptet zwar, sie würde Mathe auch so kapieren, aber das ist eine glatte Lüge!
    Ich weiß das so genau, weil sie mit ihrer Familie neben uns in der Siedlung wohnt und ich täglich mehrmals an ihrem Haus vorbeimuss. Abends kann ich Miri oft mit ihrem Papa am Küchentisch sitzen sehen. Gebeugt über irgendwelche Hefte. Und so wie ihr Kopf dabei raucht, bin ich mir sicher, dass es keine Urlaubsprospekte sind.

    Miris und meine Mutter sind beste Freundinnen. Als wir klein waren, haben sie sich eingebildet, dass auch Miri und ich Busenfreundinnen sein sollten. Das hätte ihnen so gefallen!
    Es gibt haufenweise niedliche Kinderbilder von uns beiden. Zumindest finden unsere Mütter diese Bilder ungeheuer süß.
    Aber unsere Mütter finden es ja auch süß, unschuldige Babys in pummelige Häschen zu verwandeln, indem sie ihnen Fellanzüge und Fellmützen mit riesigen Ohren dran überstülpen.
    Auf
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