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Casting fuer die Liebe

Titel: Casting fuer die Liebe
Autoren: Anna Ludwig
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in meinem dicken Schal, bohre die Hände tief in meine Manteltaschen und kicke einen Kieselstein mit meinen Boots weg.
    »Nun sei doch nicht sauer auf mich!«, bettelt Isabel und guckt mich aus großen braunen Augen an.
    »Bin ich doch gar nicht!«, gebe ich zurück und das stimmt auch. Ich konnte meiner besten Freundin noch nie lange böse sein.
    »Aber wenn gleich meine Mutter kommt, dann erzähl ihr bitte nicht auch noch, dass
Room 16
in der Stadt sind, okay? Und dass wir ins
Morizz
wollen, sagen wir ihr auch nicht. Wer weiß, ob sie mich sonst nach dem Abendessen noch mal weglässt.«
    »Dein Wunsch sei mir Befehl!«, verkündet Isabel und gibt mir einen kurzen Schmatz auf meine kalte Wange.

    Endlich zu Hause angekommen, verkrieche ich mich erst mal in mein Zimmer. Ich ziehe mein Matheheft aus der Tasche und lasse mich damit aufs Bett fallen. Aus dem Zimmer meines Bruders höre ich
Metallica
zu mir rüberwummern. Luis hat Besuch. David ist da, sein bester Freund. Wir haben die beiden zusammen vom Training abgeholt.

    Ich kann mich überhaupt nicht auf diese blöden Gleichungen konzentrieren. Klammern auflösen. Miri hat schon recht, Haarklammern würden mich wirklich mehr interessieren. Meine Haare sind nämlich meine ganz besondere Problemzone. Mittlerweile habe ich sie zwar auf eine passable Länge gezüchtet, aber die Farbe kann man nicht einmal mit viel gutem Willen als Farbe bezeichnen. Ich glaube, der Volksmund nennt das Straßenköterblond. Ich finde, das ist noch geschmeichelt. Ich mag Hunde. Mitsamt Sabberschnauze und Schmuddelfell. Meine Haare mag ich nicht.
    Seit ein paar Wochen spare ich jetzt schon auf einen Friseurtermin, bei dem ich mir endlich Strähnchen färben lassen will. Strahlend schöne, glänzend goldene Strähnchen. Strähnchen, die von hier bis an die Nordsee leuchten. Und zwar so stark, dass Philipp in seinem Schlafzimmer in Berlin kein Nachttischlämpchen mehr braucht.
    So viel Leuchtkraft hat natürlich ihren Preis. Unter sechzig Euro ist da leider nichts zu machen. Das ist wiederum der Nachteil meiner mittlerweile echt imposanten Haarlänge.
    Meine Mutter weigert sich hartnäckig, dieses Vorhaben mit nur einem einzigen Cent zu unterstützen. Sie meint, wenn man erst einmal mit dem Kolorieren anfängt, kommtman nicht mehr davon los und muss andauernd die Ansätze nachfärben. Mama nennt das einen »entsetzlichen Teufelkreis« und tut so, als wollte ich nicht zum Friseur, sondern in die nächste Fixerstube gehen.

    Das Geld muss ich also selber irgendwie auftreiben. Dreißig Euro hab ich schon. Fehlen noch mal dreißig. Weihnachten bin ich spätestens flüssig. Meine Tante und meine beiden Onkel schicken bestimmt wieder was.
    Aber Weihnachten ist es zu spät! Dann reist Philipp doch schon wieder ab. Und mit diesen Haaren, sorry, rennt nicht einmal Lassie hinter mir her. Geschweige denn Philipp!
    Ach, Philipp.
    Ich werfe mein Matheheft unters Bett und schalte den C D-Player an. ›Heaven is here‹ von
Room 16
. Was sonst.
    Während ich Philipps sagenhafter Stimme lausche, versuche ich, meine Haare hochzustecken und unter der neuen lila Ballonmütze zu verbergen. Am Schluss sehe ich fast so zerfranst aus wie Miri.
    Mist, die wird heute Abend bestimmt auch im
Morizz
auftauchen. Jeder halbwegs informierte Fan weiß doch, dass das die Lieblingskneipe von
Room 16
ist. Hätte Isabel doch nur ihre Klappe gehalten!
    Aber wie blöd muss man auch sein, um ins falsche Auto einzusteigen. Böhmes haben nicht einmal die gleichen Sitzpolster wie wir!

    »Luis, Leonie! Abendessen!« Ich komme nicht dazu, mich länger zu ärgern. Spaghetti satt sind angesagt. Meine Mutterhat wie immer zwei Saucen gemacht. Tomate pur für mich und Hackfleisch für Luis und seinen Freund David. Das rechne ich ihr hoch an, denn eigentlich kocht meine Mutter überhaupt nicht gerne. Aber ich esse einfach nichts, das Augen hat. Niemals. Außer kaltem Hund vielleicht. Aber der ist ja auch aus Keks und Schokolade.
    Im Moment nehme ich aber vor allem Salat und nur wenig Pasta. Über meinem Nietengürtel zeichnen sich nämlich seit einiger Zeit ein paar kleine Speckröllchen ab. Und dabei hat die Plätzchensaison gerade erst begonnen!
    Luis dagegen hängt nur wenige Zentimeter über seinem Teller und schaufelt wie ein Irrer die Sauce Bolognese in sich rein.
    »Der Fleischklumpen auf der anderen Seite der Gabel ist übrigens deine Hand!«, raune ich ihm zu. »Bitte nicht aufessen, die brauchst du vielleicht noch zum
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