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Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel

Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel

Titel: Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel
Autoren: V.C. Andrews
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etwas von ihrem Zustand gewußt hätten, bevor es zu spät war, es hätte so viele Möglichkeiten gegeben, ihre letzten Tage schöner zu gestalten. Ich glaube, dein Vater erwähnte – Krebs…«
    Oh, Gott, nein!
    Wie schrecklich von Pa, so zu lügen!
    Meine Mutter war in den ersten fünf Minuten nach meiner Geburt gestorben, gleich nachdem sie mir einen Namen gegeben hatte. So viel Lug und Trug ließ mir das Blut in den Adern gefrieren und mich erstarren. In meinem Magen blieb ein dumpfer Schmerz, ich fühlte mich elend. Es war nicht fair, mir Lügen vorzusetzen, um darauf ein solides Fundament für eine glückliche Zukunft zu bauen! Aber das Leben war nie fair zu mir gewesen, warum sollte ich jetzt etwas anderes erwarten? Verflucht sollst du sein, Pa, weil du nicht die Wahrheit gesagt hast! Es war Kitty Dennison, die vor ein paar Tagen gestorben war! Kitty, die Frau, der er mich für fünfhundert Dollar verkauft hatte! Kitty, die so unbarmherzig war mit ihrem kochend heißen Bad, ihrem Jähzorn und raschen Prügeln, bevor ihr die Krankheit die Kraft dazu geraubt hatte. Während ich mit zusammengepreßten Knien dasaß und meine Hände im Schoß verkrampfte, bedacht, sie nicht zu Fäusten zu ballen, erkannte ich verzweifelt, daß diese Lüge vielleicht ein cleverer Schachzug von Pa gewesen war.
    Hätte er ihnen die Wahrheit erzählt, daß meine Mutter schon vor Jahren gestorben war, vielleicht wären sie dann nicht bereit gewesen, einem Hillbilly Mädchen zu helfen, das sich ja schon an sein Leben als Waisenkind gewöhnt hatte, gewöhnt war, ohne seine Mutter auszukommen.
    Jetzt war die Reihe an Jillian, mich zu trösten. »Liebste Heaven, sehr, sehr bald schon werde ich mich mit dir zusammensetzen und dir tausenderlei Fragen über meine Tochter stellen«, wisperte sie heiser, wobei sie aufschnupfte und ganz vergaß, ihre Tränen abzuwischen. »Momentan geht es mir zu nahe, ich bin viel zu aufgerührt, um mehr zu hören. Bitte verzeih mir, mein Schatz.«
    »Aber ich wüßte jetzt gerne mehr darüber«, widersprach Tony, wobei er meine Hand, die er wieder ergriffen hatte, drückte. »Dein Vater sagte, er rufe aus Winnerow an. Er und deine Mutter hätten dort die ganzen Jahre ihrer Ehe verbracht. Mochtest du Winnerow?«
    Zuerst weigerte sich meine Zunge, zu sprechen, aber als sich das Schweigen ausdehnte und unerträglich schwer wurde, fand ich endlich etwas, das nicht ganz eine Lüge war. »Ja, ich mag Winnerow ganz gern.«
    »Das klingt gut. Wir würden die Vorstellung, Leigh und ihr Kind wären unglücklich gewesen, nicht ertragen können.«
    Ganz kurz gestattete ich mir, ihm in die Augen zu schauen, bevor ich wieder, fast blind, auf die vorbeihuschende Landschaft starrte. Dann fragte er: »Wie hatte deine Mutter deinen Vater kennengelernt?«
    »Bitte, Tony!« rief Jillian, offensichtlich sehr schmerzlich bewegt. »Habe ich nicht gerade betont, ich sei viel zu aufgewühlt für einzelne Details? Meine Tochter ist tot und jahrelang hat sie mir nicht geschrieben! Kann ich ihr das einfach vergeben und vergessen? Ich habe auf ihren Brief gewartet und gewartet, auf ihre Bitte, ich möchte ihr verzeihen! Sie hat mich verletzt, als sie weglief! Monatelang habe ich geweint! Ich hasse es, zu weinen, und das weißt du genau, Tony!« Hart und rauh klang ihr Schluchzen, als ob echtes Schluchzen für ihre Kehle ganz neu wäre. Dann betupfte sie wieder mit dem Stückchen Spitzenstoff ihre Augen. »Leigh wußte, daß ich tiefe Gefühle habe und verletzlich bin; sie wußte, ich würde leiden, aber das war ihr egal. Sie hat mich nie geliebt. Cleave war es, den sie am meisten liebte, und in Wahrheit hat sie dazu beigetragen, ihren Vater zu töten. Denn der wurde nie mehr so wie früher, nachdem sie gegangen war… Und so habe ich mich entschlossen, mir mein Glück durch den Kummer über Leigh nicht rauben zu lassen, den Rest meines Lebens nicht mit Wehklagen zu ruinieren.«
    »Nun, Jill, ich hatte keine Sekunde geglaubt, du würdest dein Leben durch Kummer ruinieren lassen. Außerdem solltest du daran denken, daß Leigh siebzehn Jahre ihres Lebens mit einem Mann verbrachte, der sie anbetete. So war’s doch, Heaven?« Ich starrte weiter blind zum Seitenfenster hinaus. Lieber Gott, wie konnte ich das beantworten, ohne meine Chancen zu verderben? Wenn sie es wüßten – aber offensichtlich hatten sie keine Ahnung –, könnte das ihre Haltung mir gegenüber verändern. »Es sieht nach Regen aus«, antwortete ich nervös und starrte aus
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