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Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel

Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel

Titel: Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel
Autoren: V.C. Andrews
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meinen Freunden, die mich für viel jünger als in Wahrheit halten, ›Großmutter‹ rufen würde, wäre alles verdorben. Ich wäre zutiefst gedemütigt, bei einer Lüge ertappt zu werden. Zugegeben, ich schwindle immer über mein Alter, manchmal sogar beim Arzt. Sei also bitte nicht verletzt oder beleidigt, wenn ich dich darum bitte, mich ab jetzt Jillian zu nennen.«
    Wieder ein Schock, aber allmählich gewöhnte ich mich daran. »Aber, aber«, stotterte ich, »wie willst du dann erklären, wer ich bin? Und wo ich herkomme? Und was ich hier tue?«
    »Meine Liebe, Schätzchen, bitte schau nicht so verletzt! Unter uns, vielleicht bei seltenen Gelegenheiten, könntest du mich… nein! Beim zweiten Nachdenken würde auch das nicht gehen. Wenn ich es dir erlaubte… würdest du es doch vergessen und mich gedankenlos ›Großmutter‹ rufen. Es ist schon richtig, wenn wir’s gleich von Anfang an dabei bewenden lassen. Schau, Liebes, es ist ja keine echte Lüge. Frauen müssen einfach alles dransetzen, um ihr persönliches Geheimnis zu wahren. Ich schlage vor, du fängst schon jetzt an, dein wahres Alter zu verschweigen, dazu ist es nie zu früh. Und ich werde dich ganz einfach als meine Nichte vorstellen, Heaven Leigh Casteel.«
    Es dauerte eine Weile bis ich begriffen hatte und meine nächste Frage formulieren konnte: »Hast du denn eine Schwester, die genau wie ich Casteel heißt?«
    »Wieso? Nein, natürlich nicht«, antwortete sie mit einem gekünstelten Lachen. »Aber meine beiden Schwestern waren so oft verheiratet und wieder geschieden, daß sich kein Mensch an alle Namen erinnern kann, die sie je hatten. Und du mußt dann nichts erfinden, oder? Sag einfach, du möchtest nicht über deine Herkunft sprechen. Und sollte jemand hartnäckig weiterbohren, dann erzähle diesem aufdringlichen Menschen, daß dich dein Vater in seine Heimatstadt gebracht hat… wie hieß sie noch gleich?«
    »Winnerow, Jill«, antwortete Tony, schlug die Beine übereinander und strich mit den Fingern sehr sorgfältig die Bügelfalte seiner grauen Hose glatt.
    In den Willies wollten die meisten Frauen so früh wie möglich Großmutter werden! Das war ein Grund zum Angeben, man war stolz darauf. Meine eigene Granny wurde mit achtundzwanzig Großmutter. Allerdings blieb der erste Enkel nicht einmal ein Jahr am Leben. Trotzdem, diese Granny hatte mit fünfzig ausgesehen wie achtzig oder sogar noch älter.
    »Ist gut, Tante Jillian«, murmelte ich kleinlaut.
    »Nein, Liebes, nicht Tante Jillian, nur Jillian. Titel wie Mutter, Tante, Schwester oder Frau konnte ich nie ausstehen. Mein Vorname genügt.«
    Ihr Mann neben mir lachte vor sich hin. »Ein wahreres Wort hast du nie gehört, Heaven, und mich kannst du Tony nennen.«
    Bestürzt sah ich ihn an. Er grinste unverschämt.
    »Sie kann dich ja ›Großvater‹ nennen, wenn sie will«, erklärte Jillian kühl. »Schließlich, mein Schatz, scheint es dir ja gut zu tun, familiäre Bindungen zu haben, oder?«
    Hier waren Untertöne, die ich nicht verstand. Ich sah von einem zum anderen und achtete so wenig auf die Richtung, die unser riesiges Auto einschlug, bis die Straße in eine Autobahn überging. Dann bemerkte ich einen Hinweis, daß wir nach Norden fuhren. Verunsichert über meine Situation, versuchte ich noch einmal, herauszufinden, was Pa ihnen während seines Ferngesprächs erzählt hatte.
    »Äußerst wenig«, antwortete Tony, da Jillian den Kopf gesenkt hielt und die Nase verzog, ob wegen einer Erkältung oder aus Rührung, konnte ich nicht sagen. Ihr Spitzentaschentuch berührte ab und zu geziert ihre Augen. »Dein Vater schien ein amüsanter Kerl zu sein. Er erzählte, du habest vor kurzem deine Mutter verloren, und der Kummer habe dich in tiefe Depression gestürzt. Natürlich wollten wir alles tun, um zu helfen. Es hat uns immer weh getan, daß deine Mutter jeden Kontakt mit uns abgebrochen hat, oder uns auch nur wissen ließ, wo sie war. Ungefähr zwei Monate, nachdem sie fortgelaufen war, schrieb sie uns eine Karte. Sie schrieb, es ginge ihr gut, aber danach kam nichts mehr. Wir versuchten alles, um sie zu finden, schalteten sogar Detektive ein. Aber die Karte war so verwischt, daß der Stempel nicht zu entziffern war, obendrein war das Foto von Atlanta und nicht von Winnerow in West Virginia.« Er unterbrach und legte seine Hand auf meine. »Liebstes Mädchen, uns beiden tut es unendlich leid, vom Tod deiner Mutter zu erfahren. Dein Verlust ist auch unserer. Wenn wir nur irgend
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