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Cash

Cash

Titel: Cash
Autoren: Richard Price
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einen, der jemanden kennt, stimmt's?«
    «Ach, Mann ...«
    »Zunächst mal kannst du mir doch sicher sagen, wo du dieses Zeug her hast, oder?«
    »Ich weiß nichts von Kanonen, Mann. Das hier sind für vierzig Dollar Gras. Hab ich mit meiner eigenen Kohle gekauft, zum Entspannen und Partymachen. Alle, die ich kenne, machen das, gehen arbeiten, zur Schule, knallen sich zu. Fertig.«
    »Hm ... gibt also keinen, den du anrufst nach dem Motto >Yo, da hat mich gerade in der Siedlung einer abgezogen, ich brauch mal 'ne Wumme.<«
    »Wumme?«
    Lugo krümmt den Zeigefinger. »Sie meinen eine Knarre?«
    »Knarre, Wümme ...« Lugo wendet sich ab und zieht seinen Pferdeschwanz stramm.
    »Pfff...« Der Junge sieht weg. »Ich weiß von einem Messer.« Lugo lacht. »Meine Mutter hat ein Messer.«
    «Meins ist gebraucht.«
    »Vergiss es.« Er deutet mit dem Kinn auf den anderen Jungen. »Und dein Wasserträger hier?«
    »Mein Cousin? Der ist halb zurückgeblieben.«
    «Und die andere Hälfte?«
    »Also, echt jetzt.« Der Fahrer wackelt mit dem Kopf wie eine Kuh. Wieder kommt ein Streifenwagen, diesmal, um den Verhafteten abzuholen.
    »Na schön, denk drüber nach, ja?«, sagt Lugo. »Wir sehen uns in ein paar Stunden im Bunker.«
    »Und was ist mit meinem Auto?«
    »Dein Gilbert Grape hier, hat der einen Führerschein?«
    »Sein Bruder.«
    »Dann sag ihm, er soll seinen Bruder anrufen, dass der seinen Arsch hier runterbewegt, bevor ihr abgeschleppt werdet.«
    »Scheiße.« Dann ruft er: »Raymond! Hast du gehört?«
    Der Cousin nickt, macht aber keine Anstalten, sein Handy von der Kühlerhaube zu nehmen.
    »Du hast meine Frage noch nicht beantwortet.« Mit der Hand auf seinem Schädel setzt Lugo ihn hinten in den Streifenwagen. »Schon mal gesessen?«
    Der Junge wendet den Kopf ab und murmelt etwas.
    »Schon gut, mir kannst du es sagen.«
    »Ich hab >Ja< gesagt.«
    »Wegen?«
    Der Junge zuckt beschämt die Schultern. »Dem hier.«
    »Aha. Hier in der Gegend?«
    »Hm-hm.«
    »Wie lang her?«
    »Heiligabend.«
    »Heiligabend, für so was?« Lugo zieht eine Grimasse. »Das ist krass. Wer macht denn so 'ne Schei... Weißt du noch, wer dich da abgegriffen hat?«
    »Hm-hm«, murmelt der Junge, dann sieht er Lugo ins Gesicht. »Sie.«
     
    Eine Stunde später, als der Junge im Achten geparkt ist, sind sie wieder draußen, noch ein, zwei Stunden Waffenjagd, wahrscheinlich vergeblich, noch ein paar Stunden Personalien für Daley, den festnehmenden Beamten, und da Daley versorgt ist, suchen sie noch einen für Scharf, eine allerletzte Runde, bevor sie sich in einem der Parks nach Mitternacht eine übertretene Sperrstunde krallen, das geht immer.
    Beim fünfzigsten Mal südwärts auf der Houston in die Ludlow spürt Daley etwas im Schatten der Maschendrähte unter Katz's Delicatessen, nichts Greifbares, aber ... »Donnie, fahr mal rum.«
    Lugo hetzt das Taxi einmal um den Block: Ludlow, Stanton, Essex, Houston, schleicht wieder links in die Ludlow, eben an Katz vorbei und steht plötzlich neben einem Wagen voller lümmelnder Zivilfahnder vom Rauschgift, dessen Fahrer sie argwöhnisch beäugt. Hier fischen wir.
     
     

1  Wumme

    Um zehn Uhr morgens verließ Eric Cash, fünfunddreißig, seine Wohnung in der Stanton Street, steckte sich eine Zigarette an und ging zur Arbeit.
    Als er vor acht Jahren her zog, war ihm die Lower East Side verwunschen vorgekommen, und hin und wieder konnte ihn, wie heute, ein schlichter Spaziergang noch immer bezaubern, Spuren überall der jiddischen Boomtown des neunzehnten Jahrhunderts: in der klaustrophobischen Enge der Straßenschluchten mit ihren hängenden Gärten aus uralten Feuertreppen, in den verwitterten Steinsatyrn, die lüstern zwischen den angenagten Fensterrahmen über der Erotic Boutique herabfeixten, in dem verblichenen hebräischen Schriftzug über der alten sozialistischen Kantine, die einem asiatischen Massagesalon gewichen war, der dem Szenetreff für Kids gewichen war; das und mehr in den vier Blocks auf Erics täglichem Weg zur Arbeit. Nach knapp einem Jahrzehnt in diesem Viertel, selbst an einem solch sonnendurchfluteten Oktobermorgen, erschien ihm dieses ganze ethnohistorische Mischmasch allerdings langsam etwas gestrig. Genau wie er.
    Eric war ein jüdischer Upstate New Yorker, fünf Generationen entfernt von hier, aber er wusste, wo er war, er verstand den Witz; das laboratorio dei gelati, die tibetischen Hutläden, Forsyth House 88 mit seinen originalgetreu restaurierten
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