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Carlottas Kerker

Carlottas Kerker

Titel: Carlottas Kerker
Autoren: Jason Dark
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keine Chance haben.
    Er saß auf der Pritsche und schaute zu Boden, sodass er uns kaum sah. Er war eingepackt in die Zwangsjacke, die seine Arme vor dem Körper zusammenhielt, als würde er sich selbst umarmen.
    Beim ersten Hinschauen fragte ich mich, ob er überhaupt noch ein normaler Mensch war. Er machte mir den Eindruck eines Mannes, der aufgegeben hatte. In dieser Situation blieb ihm nichts anderes übrig, als sich mit seinem Schicksal abzufinden. Ich hatte nicht die Hoffnung, dass er uns großartig etwas erzählen würde, aber man konnte sich auch irren, und wir hofften, dass er geistig so weit klar war, um uns auf eine Spur zu bringen. Wir wollten wissen, wie er in diese Lage hineingeraten war, und dafür mussten wir mit ihm sprechen.
    Wir standen vor ihm, und Purdy Prentiss ergriff das Wort.
    »Phil«, sagte sie leise. »Sie können mich hören?«
    Der Mann gab keine Antwort. Er blieb als Paket verschnürt hocken. Der Blick war noch immer zu Boden gerichtet.
    »Bitte, sagen Sie etwas.«
    Er tat es nicht. Zumindest aber hob er nun den Kopf und schaute die Staatsanwältin an.
    »Sie wissen, wer ich bin, Phil?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Ich arbeite für den Staat und habe dafür gesorgt, dass Sie sich nichts antun können, weil Sie ein wichtiger Mensch für uns sind, Phil. Das können Sie glauben oder nicht, aber es ist so. Sie sind wichtig, und ich möchte nicht, dass es Ihnen so ergeht wie zwei anderen Menschen, die leider gestorben sind. Dafür sind Sie noch zu jung.«
    Er bewegte die Lippen, sagte aber nichts.
    »Haben Sie mich verstanden?«
    »Ja.« Die Antwort war kaum zu hören, aber er nickte heftig.
    »Gut, dann möchte ich Ihnen sagen, Phil, dass die beiden Männer, die hier an meiner Seite stehen, es ebenfalls nur gut mit Ihnen meinen. Sie sind keine Fremden, die Ihnen etwas wollen. Sie können uns allen vertrauen und uns berichten, was mit Ihnen geschehen ist. Sie sind doch nicht plötzlich in diese Lage geraten.«
    »Weiß nicht...«
    Purdy ging einen kleinen Schritt vor. »Wissen Sie wirklich nicht, was Sie getan haben?«
    Phil Diamond verengte die Augen. Schweiß lag auf seinem Gesicht und auch auf der Oberlippe. Mit der Zunge leckte er sich einige Tropfen davon weg.
    »Überlegen Sie!«
    »Lasst mich...«
    »Nein, Phil, wir werden Sie nicht lassen. Wir müssen wissen, was Sie erlebt haben. Es ist für uns ebenso wichtig wie für Sie. Wir wollen Sie retten. Sie dürfen Ihr Leben nicht einfach wegschmeißen, wie Sie es versucht haben. Erinnern Sie sich?«
    Für einen Moment klärte sich sein Blick, er setzte sich etwas gerader hin, dann aber sank er wieder in sich zusammen und wirkte noch trauriger als zuvor.
    »Sie möchten uns also nichts sagen?«
    Phil Diamond überlegte. Das Knurren entstand tief in seinem Hals. Es konnte auch ein Räuspern sein, so genau war das nicht zu erkennen.
    »Wissen Sie, was Sie getan haben, Phil?«
    Purdy musste wohl den richtigen Punkt getroffen haben, denn jetzt zuckte der Mann leicht zusammen. »Ich?«
    »Ja, Sie!«
    »Nein, nicht ich!«, flüsterte er.
    »Wer dann?«
    Plötzlich war da ein Funkeln in seinen Augen. Es war allerdings kein freudiger Glanz, das erkannten wir sofort. Und die Worte, die er nun flüsterte, sorgten auch nicht für Erheiterung. »Der Teufel war es. Ja, der Teufel. Ich habe den Teufel gesehen. Ich stand ihm gegenüber.«
    »Aha, so war das. Können Sie uns beschreiben, wie der Teufel ausgesehen hat?«
    »Warum?«
    Purdy Prentiss ließ sich von der Frage nicht beirren. »Wohl jeder möchte wissen, wie er aussieht. Hat sein Gesicht so ausgesehen wie Ihre Maske, Phil?«
    »Weiß nicht.«
    »Sie können sich an Ihre Maske erinnern?«
    »Ja.«
    »Beschreiben Sie sie?«
    »Nein!«
    Purdy gab nicht auf. »Wollen Sie denn der Teufel sein?«, flüsterte sie.
    In Phils Gesicht zeichnete sich die Antwort ab. Die Erinnerung an den Teufel ließ ihn strahlen, und dann stieß er hervor: »Ja, ja, ich wollte so sein! Ich wollte wie der Teufel sein. Ich habe ihn ja gesehen. Es war wunderbar – und auch schrecklich. Er ist nicht für jeden, aber ich kenne ihn jetzt!«
    Purdy lobte den Mann. »Das ist toll«, erklärte sie. »Wirklich, da haben Sie uns etwas voraus. Es ist wirklich nicht so einfach, zum Teufel zu gelangen – oder?«
    »Nein, ist es nicht.«
    »Und wie haben Sie es geschafft?«
    Sein Redefluss stoppte.
    Wir sahen am Ausdruck seines Gesichts, dass er sich mit anderen Dingen beschäftigte. Es konnte sein, dass seine Gedanken nun tief in
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