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Carlottas Kerker

Carlottas Kerker

Titel: Carlottas Kerker
Autoren: Jason Dark
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allen vieren näher. Es schien trotz der starken Beine und Arme Mühe zu haben, sein Gewicht über den Boden zu schleppen. Aber es näherte sich unaufhaltsam seinem Ziel.
    Das also war aus Lucas Crane geworden. Als Mensch hatte er einen Namen besessen, jetzt war er für Purdy Prentiss nur ein namenloses Monstrum, ein Untier, das Menschen tötete und womöglich auffraß. Und es war nicht in der Lage, seine beiden Gestalten zu koordinieren. Es musste sich verwandeln, er war gezwungen, bei Dunkelheit zu diesem schrecklichen Untier zu werden.
    Sie tat nichts. Sie stand da wie angewachsen. Sie konnte nur auf das verfluchte Monster schauen, das sein Ziel – nämlich sie – nicht aus den Augen ließ.
    Klein und tückisch waren sie. In ihnen schimmerte eine weißgelbe Farbe, und Purdy sah auch den Geifer, der als helle Fäden zwischen den beiden Kieferhälften hing.
    Die Staatsanwältin sagte etwas, aber sie hatte es nicht bewusst ausgesprochen. Es drang einfach aus ihr hervor, und ihre Worte waren von Carlotta Crane genau zu verstehen.
    »Das darf nicht wahr sein...«
    »Doch, es ist wahr.« Carlotta kicherte. »Das ist er. Das ist mein Mann, und wir leben wunderbar zusammen. Ich habe ihn lange versteckt gehalten, aber seit kurzem bekommen die Gewinner ihn zu Gesicht. So sah die Nacht mit mir aus. Der Anblick hat sie in den Wahnsinn getrieben, doch sie merkten nicht, dass sie bereits unter seinem Einfluss standen und das taten, was er und ich wollten.«
    »Was für eine Art Bann?«, flüsterte Purdy.
    »Die Macht des Teufels. Die Macht, die es seit Urzeiten auf der Welt gibt, als an Menschen noch nicht zu denken war. Ich habe sie lieben gelernt, denn sie eröffnet mir unzählige Möglichkeiten.«
    Purdy glaubte der Psychologin jedes Wort. Sie merkte, dass sie innerlich zitterte. Ihre feinen Härchen im Nacken stellten sich auf. Das Rieseln rann ihren Rücken hinab, und sie hatte immer mehr den Eindruck, in einer Zange zu stecken.
    Ihr Herz schlug hart und schwer. Das Blut wurde nach oben in ihren Kopf gepumpt. Je länger sie die Kreatur anstarrte, umso mehr hatte sie das Gefühl, als würde sie sich um die eigene Achse drehen.
    Plötzlich und unerwartet richtete sich das Monstrum auf.
    Bisher hatte sich Purdy über seine wahre Größe noch keine Gedanken gemacht, doch jetzt glaubte sie, vor einem Turm aus Haut, Muskeln und Knochen zu stehen.
    Ihr stockte der Atem.
    Das Monster beugte sich vor. Irgendetwas zwang Purdy, gegen diesen mächtigen Körper zu schauen und auch gegen den breiten Schädel, der ein plattes Gesicht aufwies und an den eines Reptils erinnerte.
    Weit war das Maul geöffnet.
    Und dann hörte sie das Brüllen!
    Dieses Brüllen schien die Wände des Kerkers auseinander reißen zu wollen. Es war so schrecklich, dass sie es nicht beschreiben konnte, und sie überkam das Gefühl, dass ihr Schädel platzen müsste.
    Purdy Prentiss schrie.
    Ihre eigene Stimme hörte sie nicht, weil das Monstrum weiterbrüllte. Es wollte sie, und der Gedanke, von diesen Krallen zerfleischt zu werden, verdichtete sich bei ihr immer mehr.
    Sie konnte sich nicht mehr normal auf den Beinen halten, und sie fing zu schwanken an. Der Boden vor ihr, dem sie entgegensackte, drehte sich, und sie befürchtete, dem Monstrum selbst in die Arme zu sinken.
    Genau das merkte auch Carlotta Crane. Bevor die junge Frau kippen konnte, griff sie zu und hielt sie an beiden Schultern fest. Es war genau der Zeitpunkt, als das Monster sein Gebrüll einstellte, und so konnte Purdy die Stimme an ihrem rechten Ohr hören, auch wenn sie nur flüsterte.
    »Es geht weiter, meine Liebe. Ich will nicht, dass du ohnmächtig wirst. Du sollst auch nicht dem Wahnsinn anheim fallen, denn er will etwas von dir haben, und umgekehrt soll es ebenfalls sein.«
    »Was...?«
    »Gib genau Acht!«
    Purdy Prentiss wurde noch immer festgehalten. Sie konnte nur nach vorn gegen die breite Brust der Kreatur schauen, die sich in den letzten Sekunden nicht bewegt hatte.
    Leider änderte sich dies, denn jetzt streckte das Monster seine beiden Arme aus.
    Purdy sah die Krallenhände auf sich zukommen. Innerlich wurde sie zu Eis – und...
    Dann erhielt sie einen Stoß, der sie geradewegs auf die Kreatur zuschleuderte...
    ***
    Stufe für Stufe.
    Diesmal hatte ich die Führung übernommen, und das mörderische Brüllen war für mich der akustische Wegweiser. Zielsicher griffen Suko und ich nach den Tritten, die doch recht schmal waren, sodass wir aufpassen mussten, nicht
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