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Camel Club 01 - Die Wächter

Titel: Camel Club 01 - Die Wächter
Autoren: David Baldacci
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schoss. Oder Estlands?
    Bei der Veranstaltung handelte es sich um einen Empfang im piekfeinen Four Seasons in Georgetown, doch die Gäste zählten offensichtlich nur zur zweiten Garnitur, und viele Teilnehmer waren lediglich aufgrund dienstlicher Anweisung zugegen. Die wenigen wichtigeren Geladenen umfassten eine Hand voll unterer Ränge aus dem Weißen Haus, ein paar Lokalpolitiker, die auf wohlwollende Erwähnung in der Presse hofften, sowie einen Kongressangehörigen, Mitglied irgendeines internationalen Freundschaftsvereins, der noch gelangweilter wirkte, als Alex Ford sich fühlte.
    Der Secret-Service-Veteran hatte schon in der vergangenen Woche auf drei solcher Abendgesellschaften Überstunden schieben müssen. Es war jedes Mal das Gleiche: Die Monate vor einer Präsidentschaftswahl waren ein irrwitziges Karussell aus Partys, Wahlkampfveranstaltungen, Spendensammlungen und sonstigen einschlägigen Zusammenkünften. Kongressmitglieder und deren Mitarbeiter besuchten jeden Abend ein halbes Dutzend solcher Events, um kostenlose Mahlzeiten und Getränke zu schnorren, Wählern die Hand zu schütteln, Spendenschecks einzustreichen und bisweilen sogar über Sachfragen zu diskutieren. Und wenn auf einer dieser Partys jemand aufkreuzte, der unter dem Schutz des Secret Service stand, mussten Männer wie Alex nach einem langen Arbeitstag für die Sicherheit des Betreffenden sorgen.
    Alex heftete den Blick auf seinen Einsatzpartner am heutigen Abend, einen großen, massigen Burschen vom WFO, der eine Bürstenfrisur à la Marine Corps hatte; er war ebenfalls erst in letzter Minute über den Sonderauftrag verständigt worden. Alex musste nur noch wenige Jahre durchstehen, bis er sich mit einer Regierungspension zur Ruhe setzen konnte; der junge Bursche aber blickte in seiner Karriere beim Secret Service noch zwei Jahrzehnten Achterbahnfahrt entgegen.
    »Simpson hat sich wieder mal gedrückt«, brummte er. »Schon das zweite Mal hintereinander. Verraten Sie mir mal eines: Wem leckt der Typ eigentlich die Stiefel?«
    Alex hob die Schultern. Es lag in der Natur der Sache, dass diese Art Dienst viel Zeit zum Nachdenken ließ – zu viel Zeit. In dieser Beziehung hatten Secret-Service-Beamte eine gewisse Ähnlichkeit mit Strafverteidigern: viel Leerlauf, sodass man ins Sinnieren geriet und im Geiste umfangreiche schwarze Listen lästiger Zeitgenossen erstellte, über die man Beschwerde einreichen sollte, während man unauffällig über die Schutzbefohlenen wachte. So hatte die Beschützerrolle seines Berufs Alex mittlerweile völlig abgestumpft.
    Er blickte auf die Taste seines Handgelenk-Mikrofons und musste schmunzeln. Diese Taste verursachte seit Jahren Ärger. Wenn Agenten die Arme verschränkten, konnte es geschehen, dass sie die Taste versehentlich betätigten; es kam auch vor, dass sie klemmte und wider Erwarten das Mikrofon nicht abschaltete. Dann wurden über Funk anschauliche Beschreibungen irgendeiner heißen Braut verbreitet, die durch die Szenerie stelzte. Hätte Alex jedes Mal hundert Mäuse bekommen, wenn er die Frage »Hast du das scharfe Gerät gesehen?« zu hören bekam, wäre er längst im Ruhestand. Sofort raunzten alle anwesenden Agenten ins Mikrofon: »Da ist ’n Mikro an!« Zu sehen, wie daraufhin jeder Kollege sich überstürzt davon überzeugte, dass nicht er unabsichtlich solche Bekundungen der Lüsternheit ausstrahlte, war überaus erheiternd.
    Alex verschob geringfügig den Ohrhörer und rieb sich den Nacken. Dieser Teil seiner Anatomie hatte sich in eine Art Eisenbahnkatastrophe aus geschädigten Blutgefäßen und angebrochenen Halswirbeln verwandelt. Als er einer Bewachergruppe für den Autokorso des Präsidenten angehört hatte, war der Wagen, in dem er mitfuhr, auf einer entlegenen Straße ins Schleudern gekommen, weil der Fahrer einem Stück Rotwild ausweichen musste. Dieser eigentlich eher harmlose Zwischenfall hatte bei Alex zu einem Schleudertrauma plus angebrochenen Halswirbeln geführt. Nach einer Reihe von Operationen und der Einpflanzung einiger hochfeiner Längen Stahl war der einst einsneunzig große Alex knapp zwei Zentimeter kleiner geworden, doch seine Körperhaltung hatte sich wesentlich verbessert, da Stahl sich nicht so leicht biegen ließ. Ein bisschen kürzer zu sein störte Alex erheblich weniger als das ständige Brennen im Nacken. Er hätte sich berufsunfähig schreiben lassen und aus dem Dienst ausscheiden können, doch auf diese Weise wollte er nicht von seinem Berufsleben
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