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Cambion Chronicles - Golden wie das Morgenlicht (German Edition)

Cambion Chronicles - Golden wie das Morgenlicht (German Edition)

Titel: Cambion Chronicles - Golden wie das Morgenlicht (German Edition)
Autoren: Jaime Reed
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Feiertagen.

2
    Nach einem hastigen Klamottenwechsel, einer halben Flasche Conditioner ohne Ausspülen und einer Fahrt in einem stinkenden Taxi kam ich nur zehn Minuten zu spät zur Arbeit.
    Das »Buncha Books«-Schild leuchtete im dämmrigen Nachmittagslicht und lockte mit seinen Neonbuchstaben die Arglosen in seine Fänge. Ich folgte ihm und bahnte mir einen Weg durch die überfüllten Gefilde des überteuerten Outlet-Centers.
    Hier war zu dieser Zeit des Jahres immer die Hölle los, und der Buchladen machte da keine Ausnahme. Niemand, aber wirklich niemand wollte sich die Weihnachtsschnäppchen entgehen lassen. Der Technik-Nerd vom Dienst demonstrierte an einem Stand neben der Tür die neusten Apps auf verschiedenen E-R eadern. Kinderrissen sich von ihren Eltern los und rannten im Laden herum.
    Deko und Atmosphäre waren offenbar über Nacht ausgetauscht worden. Jazzige Weihnachtsklänge plärrten aus den Lautsprechern, rote Schleifen und Kränze schmückten Bodenaufsteller, Säulen und Regale. Eine Gruppe historischer Akteure in Kolonialtracht saß an einem Klapptisch und packte Geschenke für die Kunden ein. Der Duft nach Kaffeesatz, Lebkuchengewürz und Pfefferminz machte die Luft zum Schneiden dick.
    Ich rannte durch den Mittelgang zum Kundendienstschalter und hoffte, auf keinen Vorgesetzten zu treffen. Doch das Glück war heute wohl nicht auf meiner Seite, denn Linda, die Geschäftsführerin, stand hinter dem Schalter und kümmerte sich gerade um einen älteren Kunden. Während sie abgelenkt war, schlüpfte ich an ihr vorbei und checkte am gegenüberliegenden Computer ein. Gerade als ich zur Flucht ansetzen wollte, sprach sie mich an.
    »Sam, dir ist schon klar, dass deine Schicht um vier begonnen hat, oder?«
    Ich hielt mitten im Schritt inne. Ich war so nah dran gewesen, davonzukommen. »Ja, tut mir leid. Mir ist was dazwischengekommen.«
    Als der Kunde den Schalter verließ, drehte Linda sich zu mir. »In letzter Zeit scheint dir so einiges dazwischenzukommen. Das Weihnachtsgeschäft beginnt, und ich brauche zuverlässige Leute, um den Ansturm zu bewältigen. Wenn das für dich schwierig ist, dann fürchte ich  … «
    »Ein Wirbelsturm hat ihr Auto geschrottet, Linda. Komm schon, hattest du noch nie Probleme mit dem Wagen? Sei mal ein bisschen nachsichtig«, sagte eine tiefe Stimme hinter uns, und ich musste nicht hinsehen, um zu wissen, wer es war. Ich hatte seine Anwesenheit gespürt, sobald ich den Laden betreten hatte, oder vielmehr seit dem Augenblick, als das Taxi vor dem Einkaufszentrum gehalten hatte.
    Ich drehte mich um und sah Caleb am Schalter lehnen. In einer Hand hatte er einen Donut, mit der anderen zwirbelte er die Kette mit dem Namensschild. Er trug seine übliche Alltagsuniform: braune Khakihose, weißes Poloshirt und ein großspuriges Grinsen. Der Bartschatten an seinem Kinn war schon eher ein Zweitagebart. Hellbraune Haarsträhnen fielen ihm über die Augen und rollten sich in Kinnhöhe ein.
    Ja, Caleb Baker, der König des Zausellooks, war offenbar auf dem Weg der Besserung und stand wieder im Ring. Die Wirkung, die er auf das andere Geschlecht hatte, gehörte zu seinen wenigen Vorteilen als Cambion. Selbst wenn er aussah wie der letzte Penner, machte ihn Lindas verklärter Blick noch zum Mann ihrer Träume.
    »War ja klar, Caleb, du bist natürlich wieder auf ihrer Seite.« Sie strich ihre Dreadlocks glatt und beugte sich mit neckischem Augenaufschlag zu ihm hinüber.
    »Klar bin ich das, aber zehn Minuten haben noch keinen umgebracht, oder?« Er grinste und biss sich auf die Lippen.
    Caleb war immer zu einem Flirt aufgelegt, und die Tatsache, dass er erst vor drei Tagen aus dem Koma erwacht war, tat dem keinen Abbruch. Aber gerade holte er mit diesem besonderen Talent für mich die Kastanien aus dem Feuer, also hielt ich den Mund.
    Linda sah mich an und zwinkerte, als sei sie überrascht, dass ich noch dort stand. »Na, geh schon, Sam. Sonst kommst du ja noch später.«
    Ich schob mich an Caleb vorbei, und unsere Blicke versanken eine endlose Sekunde lang ineinander. »Danke«, flüsterte ich.
    »Kein Problem«, erwiderte er, und unsere Fingerspitzen berührten sich für einen winzigen Augenblick.
    Ich hatte Caleb zwar erst gestern gesehen, aber es fühlte sich an, als sei es viel länger her, vielleicht wegen all dem, was in dieser schrecklichen Thanksgiving-Nacht geschehen war. Zwischen uns herrschte eine große Spannung; es galt, so viele Verpflichtungen zu erfüllen und
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