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Cambion Chronicles - Golden wie das Morgenlicht (German Edition)

Cambion Chronicles - Golden wie das Morgenlicht (German Edition)

Titel: Cambion Chronicles - Golden wie das Morgenlicht (German Edition)
Autoren: Jaime Reed
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Süße. Ein Glück, dass ich dich noch erwische, bevor du zur Arbeit musst. Dein Vater hat mich gerade im Büro angerufen. Er hat gesagt, er kommt morgen vorbei, damit ihr dein neues Auto abholen könnt.«
    Mein Auto? Ich brauchte ein paar Sekunden, bis ich verstand, was sie meinte. »Oh! Ach so, ja, danke«, sagte ich, als es mir schließlich dämmerte. »Warte mal, ich muss heute arbeiten?« Ich schaute zur Uhr auf dem Kamin, die prompt begann, sich zu strecken und zu verdrehen wie ein Karamellbonbon. Die Bilder an den Wänden und das Sofa sahen auch schon ganz verzerrt aus. Ich musste hier raus, und zwar schnell, also flüchtete ich in die Diele, während Mom mich mit Einzelheiten über Garantien und Preise zutextete.
    »Samara? Hörst du mir eigentlich zu?«, fragte sie.
    »Ja, Autos sind toll. Brumm, brumm«, erwiderte ich, immer noch gefangen in meiner eigenen Gedankenwelt. »Du, das klingt jetzt vielleicht komisch, aber hast du mich heute von der Schule abgeholt?«
    Am anderen Ende der Leitung entstand eine lange Pause. »Äh, nein. Du hast vor etwa einer Stunde angerufen und gesagt, dass Caleb dich mitnimmt und dass ich dich deshalb nicht abzuholen brauche.«
    Und damit war sie einverstanden gewesen? Mrs Julie Es-ist-gefährlich-wenn-ihr-beide-allein-seid Marshall erlaubte meinem Freund, mich nach Hause zu bringen?
    »Caleb?«, wiederholte ich.
    »Ja, Samara. Caleb. Groß, dünn, unrasiert, der Junge, ohne den du offenbar nicht leben kannst«, sagte Mom vorsichtig, als redete sie mit einem zurückgebliebenen Kind. »Ich dachte, da ihr beide heute arbeitet, könnte er dich mitnehmen. Ich ertrinke hier gerade in Arbeit. Wegen der Feiertage hat sich einiges angestaut, ich komme kaum hinterher.«
    Ich kam immer noch nicht darüber hinweg, dass Caleb mich nach Hause gebracht hatte. Und über die böse Überraschung, dass ich heute arbeiten musste. War er im Haus? Vielleicht konnte er mir ja ein paar Fragen beantworten.
    Ich rannte zur Tür und blieb vor der Alarmanlage stehen. Sie war eingeschaltet, also musste man einen vierstelligen Code eingeben, wenn man die Tür öffnen wollte. Ich fragte mich, was Lilith sich wohl noch alles gemerkt hatte. Die Kombination für meinen Spind in der Schule? Meine Sozialversicherungsnummer? Meine  … echte Kleidergröße? Der Gedanke ließ mich erschauern.
    Ich öffnete die Tür und zuckte zusammen, als mich ein kalter Windstoß traf. Der Winter kam, und zwar mit Macht. Das Laub hatte sich inzwischen braun verfärbt und lag zwischen den Glasscherben und dem Schutt, die der geisterhafte Sturm in der Thanksgiving-Nacht hinterlassen hatte. Unser Nachbar band gerade eine Tanne vom Dach seines Minivans los. Eine Frau in einem rosafarbenen Nickianzug joggte mit ihrem riesigen Schäferhund über die Straße. Eine Gruppe Kinder schlenderte von der Bushaltestelle an der Ecke mit ihren Rucksäcken über der Schulter nach Hause. Oberflächlich betrachtet sah meine verschlafene Stadt ganz normal aus, doch das war sie ganz und gar nicht. Man musste nur genau genug hinsehen.
    Zu meiner Enttäuschung entdeckte ich keine Spur von Caleb oder seinem schwarzen Jeep, dafür fand ich aber endlich, wonach ich gesucht hatte. Am Türknauf hing mein Armband. Ich untersuchte die Kette und die Platte mit Liliths eingraviertem Namen auf Schäden. Das Armband war nass und schmutzig, und ein Kettenglied war von etwas Scharfem sauber durchtrennt worden.
    »Alles in Ordnung mit dir, Schätzchen?«, fragte Mom, als ich nicht antwortete.
    »Wie? Was  … nein, mir geht es gut. Ich bin nur ein bisschen neben der Spur heute. Ich muss Schluss machen. Bis später.«
    Ich legte auf und starrte ins Leere. Jetzt war ich noch verwirrter als vorhin beim Aufwachen. Lilith hatte recht: Nichtwissen brachte einen gewissen Frieden mit sich, aber da war auch noch dieser bohrende Zorn, der in mir schrie: »Was zum Teufel ist hier los?«
    Das war nicht fair! Ich hatte jedes Recht zu erfahren, was mit meinem Körper geschehen war. Alles war möglich. Vielleicht hatte ich eine Bank ausgeraubt, eine Busladung Nonnen umgebracht oder der ganzen Footballmannschaft meinen nackten Hintern gezeigt. Irgendwer könnte das sogar gefilmt und ins Internet gestellt haben. Ich konnte und würde das nicht einfach auf sich beruhen lassen.
    Ich knallte die Tür zu, womit ich meinen Nachbarn sicher einen ordentlichen Schreck einjagte, und machte mich fertig für die Arbeit und den Beginn einer weiteren Reihe von zweifellos unerfreulichen
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