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Calling Crystal

Calling Crystal

Titel: Calling Crystal
Autoren: Joss Stirling
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zueinander passen, wenn sie sich im Geist treffen. Manchmal war es echt ätzend, ich zu sein. Da ich mir meiner Defizite bewusst war, versuchte ich, die Gesellschaft anderer Savants möglichst zu meiden, vielleicht wäre also eine Karriere als Kostümschneiderin gar keine schlechte Sache für mich?
    Diamond bezahlte die Rechnung und wir suchten unsere Sachen zusammen. Als wir in die kühle Herbstluft hinaustraten, brauchten wir einen kurzen Moment, um uns in der fremden Umgebung zu orientieren.
    »Hier riecht es ganz anders als in Venedig.« Diamond spähte zwischen den Hochhäusern zum sternenübersäten Himmel hinauf.
    »Ja, weil es dort immer feucht ist oder nach Kanalisation stinkt. Wenn wir weiterhin da leben, werden sich bei uns noch Kiemen und Schwimmhäute bilden.« Ich hakte mich bei ihr unter und lotste sie in RichtungHotel. Es war nur wenige Blocks entfernt und ich fand mich zurecht, indem ich erspürte, wo sich mein Koffer befand. Was für ein seltsames Gefühl, in den Schluchten zwischen den hoch aufragenden Gebäuden mit den anonymen Glasfronten zu spazieren, wo wir Straßen mit verschnörkelten, verschrobenen und bröckelnden Bauten gewohnt waren.
    Diamond hinterfragte nicht, in welche Richtung wir marschierten, denn sie wusste, dass ich die Instinkte einer Brieftaube hatte. »Und woher weißt du, dass ich nicht schon längst Schwimmhäute zwischen den Zehen habe? Ich lebe ja schon länger als du in der Wohnung unserer Großmutter.«
    Ich kicherte. »Nonna hatte welche, ich schwöre. Als waschechte Venezianerin war sie bestimmt zur Hälfte Meerjungfrau.«
    »Na ja, man kann nicht weiter vom Meer entfernt sein als hier in Denver.« Diamond geriet kurz ins Taumeln, halb benommen vor Erschöpfung. »Das ist echt komisch, aber irgendwie fühle ich mich hier so zu Hause, als hätte ein Teil von mir immer darauf gewartet herzukommen.«
    »Diamond!« Mein Alarm schlug einen Moment zu spät an. Drei Männer traten zwischen zwei verrammelten Läden in die dunkle Gasse hinein und schnitten uns den Weg ab. Ich sah dunkle Kapuzenpullis, vermummte Gesichter, ein gezücktes Messer. Einer griff nach dem Riemen von Diamonds Schultertasche und schnitt ihn durch. Unvernünftigerweise versuchte sie, die Tasche festzuhalten, und wurde herumgeschleudert,als er wie wild daran riss. Ich wollte ihr zu Hilfe eilen, doch die anderen beiden Männer stürzten sich auf mich; wir landeten alle im Rinnstein, ich auf meinem Hintern, während sie sich meine Handtasche schnappten. Der eine hieb mir beim Aufrappeln seinen Ellenbogen in den Magen; der andere stieß meinen Kopf gegen die Bordsteinkante.
    Danach nahm ich alles wie durch einen Schleier wahr. Stampfende Füße. Ein Geräusch, das sich anhörte wie der Schrei einer wütenden Bestie.
    »Polizei!« Das Klicken einer Waffe, die entsichert wurde. »Weg von ihr!«
    Flüche und dann das Geräusch von weichen Turnschuhsohlen, die sich schnell entfernten. Ich lag auf dem Rücken, halb auf dem Bürgersteig, halb auf der Straße, und hatte Sternchen vor den Augen.
    Der Mann, der uns zu Hilfe gekommen war, eilte zu meiner Schwester hinüber. Sie saß auf dem Boden, die Tasche an die Brust gepresst. Ich kam auf die Knie hoch, mit brummendem Schädel, und hievte mich auf die Bordsteinkante, bevor mich das nächstbeste Auto überfahren würde.
    »Alles in Ordnung, Ma’am?« Unser Retter saß vor ihr in der Hocke.
    »Ja, ja, danke. Hab mich nur ein bisschen erschrocken.« In Diamonds Augen standen Tränen und sie zitterte – das hätte in jedem männlichen Wesen den Beschützerinstinkt geweckt.
    Er streckte ihr die Hand entgegen, um ihr aufzuhelfen. Ich glaube, mich bemerkte er noch nicht einmal,da ich mich im Dunkel zwischen zwei Straßenlaternen befand, während sie mitten im Lichtkegel saß. Als sich ihre Hände berührten, hörte ich, wie beide scharf Luft einsogen. Sie schossen blitzschnell in die Höhe.
    »Mein Gott, du bist es! Ich kann dich in meinem Geist hören!« Diamond starrte zu ihrem Retter hinauf, als wären Heiligabend und ihr Geburtstag auf einmal. Rasch nutzte ich meine Begabung und sah aus meiner Savant-Perspektive ihren ganzen herumwirbelnden Weltraummüll, der von ihm angezogen wurde wie Eisenspäne von einem Magneten.
    »Ja, ich bin’s wirklich.« Dann, ohne ein weiteres Wort zu wechseln, schloss er sie in die Arme und gab ihr einen Kuss.
    Wow. Ich wusste nicht, ob ich Beifall klatschen oder lachen sollte. Es war, als würde ich eine total kitschige
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