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Café der Nacht (German Edition)

Café der Nacht (German Edition)

Titel: Café der Nacht (German Edition)
Autoren: Susann Julieva
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perfekte Alter. Der perfekte Zeitpunkt. Der perfekte Ort dafür.
    „Vielleicht hast du recht“, meinte Rufus versonnen. „Vielleicht sollten wir die Küche doch lieber weiß streichen.“
     
    * * *
     
    Es war Abend und die nackte Glühbirne warf gelbes Licht herab, als Maxim Adele beiseite nahm. Er hatte einen Zettel in der Hand. Tagelang hatte er über die Formulierung der wenigen Zeilen gebrütet. „Adele, ich habe einen Spezialauftrag für Sie.“
    „Gerne, Herr Meinig.“
    „Und der erste Teil davon besteht darin, dass Sie mich endlich Maxim nennen und wir uns duzen.“
    Sie sah ihn verunsichert an. Als er das Thema vor Jahren zuletzt angesprochen hatte, hatte sie ihm einen Vortrag darüber gehalten, dass sie sich zwar geehrt fühlte, es aber ihrer Meinung nach für das Chef-Angestellten-Verhältnis besser wäre, das Ganze förmlich zu halten. So sagte es zumindest der Artikel, den sie damals gerade gelesen hatte. Inzwischen sah sie die Sache längst anders, doch das konnte er nicht wissen. „Nun gut. Wenn Sie unbedingt darauf bestehen.“
    „Ab heute nur noch du , Adele.“
    „Ich weiß nicht, ob ich mich so schnell umstellen kann.“ Sie räusperte sich und fügte hinzu, „Maxim.“ Sie lächelten einander an. Er hätte schwören können, dass seine zugeknöpfte Sekretärin um Jahre verjüngt aussah. Zum ersten Mal, seit er sie kannte, trug sie ihr Haar offen. Gustav hatte wohl eine entsprechende Bemerkung gemacht, die sie dazu veranlasst hatte. Pflichtbewusst wie immer kam sie sofort zum Thema zurück. „Und der zweite Teil des Spezialauftrags?“
    Er reichte ihr den Zettel. „Ich möchte eine Anzeige schalten. Ganzseitig. In allen Kunstzeitschriften und Zeitungen, die ich auf der Rückseite aufgelistet habe.“
    Adele drehte das Blatt um, überflog die Liste kurz und sah ihn erstaunt an. „Aber das wird ein Vermögen kosten. Ist Ihnen ... ist dir das klar?“
    „Gänzlich und vollkommen. Wozu habe ich nach Vaters Tod Meinig Interieur verkauft, wenn ich das Geld niemals anrühre?“
    „Darf ich fragen, worum es eigentlich geht?“
    „Stillschweigen, Adele. Deshalb ist es ein Spezialauftrag. Absolute Geheimsache.“
    „Ich verstehe. Ich mache mich gleich morgen Vormittag daran.“
    „Sehr gut. Und vielen Dank.“
    Natürlich hatte Rufus recht. Die Chance war gering, minimal sogar. Doch es war die einzige Möglichkeit, die ihm eingefallen war. Diese Anzeige war eine Nachricht für Monroe. Nur er allein würde sie verstehen können. Wenn er noch lebte. Wenn alles so war, wie Maxim sich so inständig ersehnte. Es musste einfach so sein.

Café Bohème
     
    Zweieinhalb Monate harter Arbeit, Renovierung und intensiver Vorbereitungen lagen hinter ihnen und alles war bereit für die große Wiedereröffnung. Die geladenen Gäste für die inoffizielle Feier wurden am frühen Abend erwartet. Das Kellergewölbe sah großartig aus. Sie hatten einiges verändern und modernisieren müssen, doch das Herz des großen Raumes, die Atmosphäre, war erhalten geblieben. Maxim und Rufus wussten, sie konnten das Gestern nicht neu erschaffen, und wollten es auch nicht. Das wäre töricht gewesen. Sie wollten nicht, dass das neue Café der Nacht das alte zu kopieren suchte. Über dem frisch renovierten Eingang prangte deshalb auch stolz ein neuer Name: Café Bohème. Und wie eh und je lächelte Oscar Wilde wohlwollend über dem Türrahmen. Was einst gewesen war, lebte weiter im Fließen der Veränderung. Neue Wege lockten, neue Gäste, neue Kunst, neue Geschichten. All die Geschichten, sie brannten bereits darauf, hier ein- und ausgehen zu dürfen. Die Zukunft kam, wie der Atem.
    Hinter der Bar schraubte Leon, der neue Barkeeper, schon seit Stunden geschäftig an Flaschen herum, Mausi und Fauna, die Kellnerinnen, wuselten aufgeregt umher. Es würde sich zeigen, ob sich die neue Truppe bewährte, doch Maxim hatte ein gutes Gefühl. Zum wohl etwa zwanzigsten Mal begann Leon stoisch den Tresen zu wischen. Rufus saß auf einem der Barhocker und beobachtete ihn scharf. „Leon“, meldete er sich schließlich, „Vorsicht mit den Flecken. Die gehören zum Inventar.“
    Maxim lächelte in sich hinein und winkte Sidonie zu, als sie die Kellertreppe herunterkam. Sie war als erste Bewohnerin in die Pension eingezogen, nachdem sie die Aufnahmeprüfung an der Bayerischen Theaterakademie bestanden hatte. Bis zum Studiumsbeginn gedachte sie das Leben und ihre neugefundene Freiheit in vollen Zügen zu genießen. Sie hatte den
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