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Café der Nacht (German Edition)

Café der Nacht (German Edition)

Titel: Café der Nacht (German Edition)
Autoren: Susann Julieva
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regennassen Straße, atemlos, taumelnd glücklich, fassungslos, als er ihn an sich zog und im Überschwang küsste. Spürte ihn, schmeckte ihn, roch ihn, und seit damals war nicht eine Sekunde vergangen. Es lebte in ihm. Sein Herz schlug, als sei es nach Jahren des Schlafes zu neuem Leben erwacht. Er hielt erneut inne. „Rufus – würdest du mir an seiner Stelle verzeihen?“
    Sein Freund blickte ihn mit offenkundig nur äußerst mühsam aufrechterhaltener Beherrschung an. Schließlich jedoch zuckte er die Achseln, aber er lächelte.
     
    * * *
     
    Adele Hofheim schaltete mit leisem Seufzen den Fernseher aus. Auf dem Kulturkanal zeigten sie Mozart, aber ihr stand nicht der Sinn nach einem Figaro mit Irokesenschnitt und zerrissener Jeans. Erstmals seit langer Zeit fühlte sie sich einsam. Sie neigte nicht zu Selbstmitleid, doch heute Abend war sie der einsamste Mensch auf der Welt. So ganz ohne Aufgabe. Ohne zu wissen, was vor sich ging, wann und ob Herr Meinig überhaupt wiederkommen würde.
    Sie erhob sich und ging rastlos zum Käfig ihres Wellensittichs hinüber. Ihr Sohn Hans, der im fernen Berlin wohnte, hatte ihr den hellblau gefiederten Vogel zum vorletzten Geburtstag geschenkt. Zur Gesellschaft. „Ach, Mimi. Was machen wir denn nun, so ganz allein?“ Das hübsche Tier legte das Köpfchen schief und beäugte sie. „Herr Meinig, Herr Meinig“, quasselte es dann unverdrossen. Adele musste lächeln. Mimi hörte sie eindeutig zu oft telefonieren. Sie zuckte heftig zusammen, als prompt das Telefon auf dem kleinen Tischchen neben dem Sofa schrillte. Mit flinkem Schritt war sie am Apparat. Ein glückliches Lächeln erhellte ihr Gesicht.
    „Herr Meinig!“
    „Guten Abend, Adele. Ich störe Sie doch hoffentlich nicht?“
    „Ach, das macht gar nichts, wirklich. Wie gut, dass Sie anrufen. Es haben sich eine ganze Menge Nachrichten für Sie angesammelt.“ Sie griff nach dem Stapel von Notizzetteln. „Moment, ich habe sie zufällig hier.“
    „Stopp, davon will ich gar nichts hören. Wie geht es Ihnen?“
    „Sehr gut, Herr Meinig. Ich habe im Moment ja fast nichts zu tun. Ich fühle mich schon ganz erholt.“ Das war lediglich ein Euphemismus, keine Lüge, sagte sie sich selbst.
    „Das ist schön. Sie haben es verdient, sich mal auszuruhen. – Adele, ich habe einen kleinen Überfall auf Sie vor. Eigentlich ist es ein ziemlich großer Überfall.“
    „Oh? Dann lassen Sie mal hören.“ Sie lächelte, und hörte ihn sich räuspern.
    „Adele. Was würden Sie davon halten, für eine Weile nach München zu ziehen?“
    Sie war sprachlos. Unwillkürlich sank sie auf das Sofa. Die Federn quietschten leise. „Nach München? Aber ... das kommt so plötzlich.“
    „Ich weiß. Ich mute Ihnen eine Menge zu.“
    „Das tun Sie gar nicht. Ich arbeite so gerne für Sie.“
    „Dann wären Sie grundsätzlich dazu bereit?“
    „München ... ich weiß nicht.“ Sie sah sich in ihrem kleinen Wohnzimmer um. Die scheußliche Blümchentapete, die schon leicht vergilbte, die rustikale Schrankwand, die sie schon seit ihrer Scheidung hatte rauswerfen wollen und es noch immer nicht getan hatte. Was hielt sie schon hier?
    „Nun ja. Warum eigentlich nicht? Aber weshalb, Herr Meinig? Weshalb wollen Sie, dass ich nach München komme?“
    „Weil ich vorhabe, länger hier zu bleiben.“
    Das musste sie erst einmal verkraften. Ihre Gedanken rotierten, während er weitersprach.
    „Adele, ich habe einen Entschluss gefasst. Ich werde das Café der Nacht wieder aufmachen. Ich weiß, wie das für Sie klingen mag. Aber ich freue mich unheimlich darauf.“
    „Das ist in der Tat sehr ... unerwartet.“ Sie hörte ihn leise lachen. Er klang glücklich, fast, wie ein kleiner Junge. So hatte sie ihn noch nie erlebt.
    „Aber wenn wir beide nun nach München gehen – was wird dann aus der Villa?“
    „Darüber habe ich mir auch schon Gedanken gemacht. Ich werde sie dem Verein Kunstfreunde überlassen. Die suchen schon lange nach geeigneten Räumlichkeiten. Dort könnten sie sehr gut Ausstellungen ausrichten, groß genug ist der alte Kasten ja.“
    Adele sträubten sich bei der bloßen Vorstellung die Haare, dass irgendwelche Wildfremden durch den ehrenwerten Stammsitz der Meinigs spazieren könnten, doch sie hielt ihre Meinung diskret zurück.
    „Und im Sommer wäre es doch wunderbar, wenn eine Freilichtbühne im Garten spielen würde! Die Villa wäre eine hervorragende Kulisse.“
    „Wenn Sie meinen, Herr Meinig ...“
    „Adele, halten
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