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Café der Nacht (German Edition)

Café der Nacht (German Edition)

Titel: Café der Nacht (German Edition)
Autoren: Susann Julieva
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Nacht, richtig. Und dort wird es wieder sein. Rufus und ich, wir werden den alten Laden wiedereröffnen. Ich denke, die Welt kann ein bisschen Magie und Verrücktheit gebrauchen.“
    „Oh mein Gott!“ Sidonie lachte. „Maxim, das ist wunderbar!“
    „Das hoffe ich“, schmunzelte er. „Wir werden sehen.“ Er war schlagartig glücklich und zugleich vollkommen ruhig. Ihm war, als hätte es einfach so kommen müssen, und nun wäre alles gut. Genau so, wie es sein sollte. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er das Gefühl, alles sei vollkommen klar und völlig im Lot. Es war ein zutiefst befreiendes, befriedigendes Gefühl.
    Sidonie hakte sich bei ihm unter und sie wandten sich zum gehen. Der Tag war trüb, der Himmel von wuchtigen Schneewolken verhangen. Höchste Zeit, den Wald zu verlassen. Im Unterholz raschelte es. Der kleine, verwitterte Friedhof blieb hinter ihnen zurück.
    „Es ist schon irgendwie makaber, aber ich schätze, das hätte ihm gefallen“, meinte Sidonie unvermittelt auf dem Rückweg, den Waldpfad entlang, und lächelte. „Einen Finger zu beerdigen. Zumindest Teile davon. Aber das war alles, was sie nach der Explosion in den Trümmern des Hauses von Deans Leichnam gefunden haben. Wusstest du das?“
    Maxim blieb so ruckartig stehen, dass sie fast das Gleichgewicht verlor. Hitze durchlief ihn siedend. „Was hast du gerade gesagt?“
    „Du hast soeben feierlich die letzte Ruhestätte seines Fingers besucht.“
    „Welches Fingers? Sidonie, ich muss das wissen!“ Maxims Herz schlug heftig. Er war ganz aufgewühlt. Seine Eindringlichkeit verwunderte sie offenbar, doch darauf konnte er jetzt keine Rücksicht nehmen. „Sag es mir!“
    „Warum ist das so wichtig?“ Sidonie runzelte die Stirn. „Es war sein rechter Ringfinger, glaube ich.“

Der lange Weg zurück
     
    Maxim stand die ganze Fahrt zurück nach München wie unter Strom. Er konnte kaum ruhig auf seinem Platz sitzen bleiben. Er musste sich zwingen, mit dem Mobiltelefon nicht irgendwelche Leute anzurufen, nur, um jemandem von der ganzen Sache zu erzählen. Bestimmt sechs Mal zog er es hervor, allein, um es wieder wegzustecken. Er hatte Sidonie gegenüber nichts von seinem Verdacht erwähnt. Sollte er sich irren, wäre es unverantwortlich gewesen, es zu tun. Doch wie konnte er sich sicher sein? Und wie konnte er noch zweifeln? Wieder und wieder ging er das Gespräch durch, das er vor all den Jahren im Café der Nacht mit Monroe geführt hatte. „Freiheit ist das Einzige, was zählt. Eher würde ich mir eigenhändig einen Finger abhacken, als sie zu verlieren.“ Er hörte Monroes Worte, seine Stimme so klar und deutlich, als säße er neben ihm.
     
    Die Taxifahrt vom Münchner Hauptbahnhof bis zum Café der Nacht schien sich unerträgliche Stunden lang hinzuziehen. Die mit Zeitungen verklebten Fenster waren hell erleuchtet, als er ankam. Völlig in Gedanken versunken zog Maxim die schwere Eingangstür auf. Innen schlug ihm durchdringend der Geruch von frischer Wandfarbe entgegen. In der Ecke lagen Plastikfolien, darauf standen mehrere leere Bottiche. Er traute seinen Augen kaum. Der Raum war wie verwandelt. Während seiner zweitägigen Abwesenheit hatte Rufus den gesamten oberen Gastraum neu gestrichen. Nun war er dabei, die staubigen Stühle abzuwaschen. Rufus sah auf, als er Maxim bemerkte, der staunend stehen geblieben war, den Koffer noch in der Hand. Maxim hatte einen seltsamen Kloß im Hals. „Woher wusstest du, dass ich mich so entscheiden würde?“
    Rufus rieb sich den Rücken und grinste verschmitzt. „Ich bitte dich. Das lag doch auf der Hand.“
    „Wieso wisst ihr nur immer alle, was ich will, bevor ich es selber tue?“
    „Du weißt schon, was du willst. Du bist nur zu zögerlich. Das war immer schon dein Problem.“
    Maxim lächelte und stellte den Koffer ab. „Nicht mehr. Damit ist ein für alle Mal Schluss.“
    „Großartig, Kleiner. Dann schnapp dir mal den Wischmopp und pack gefälligst mit an.“
     
    * * *

    Der Fall war doch ganz klar. Es konnte kein Zufall sein. Solche Zufälle gab es nicht. Maxims Gedanken rotierten, in seinem Magen flatterte Aufregung, die einfach nicht nachlassen wollte. Die Sache mit dem Ringfinger war viel mehr als der geglückte Versuch, die Polizei von Monroes Tod bei der Explosion des Gebäudes zu überzeugen. Sie war eine Botschaft an Maxim. Allein der Gedanke erweckte so tiefe Gefühle, dass er sie kaum zu verbergen vermochte.
    „Nur mal theoretisch“, begann Maxim
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