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Cäsar

Cäsar

Titel: Cäsar
Autoren: Gisbert Haefs
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daß man jene ertragen muß, die man töten möchte, und anderen nicht vergibt, obwohl man sie liebt.«
    »Sprichst du von Kleopatra?«
    Servilia sah ihn von der Seite an; dabei hob sie eine Braue.
    »Eine hinreißende Frau, eine große Herrscherin. Nein, ich bedaure sie, weil sie in Rom einsam ist und immer noch glaubt, sie könne ihn ewig an sich und Ägypten binden.«
    »Tut sie das? Ich weiß es nicht.«
    »Du bist verschwiegen, Aurelius. Ich habe deine Kochkunst genossen, damals, ehe Volturcius und die anderen dir diesen üblen Streich gespielt haben.«
    »Ich bin erstaunt, daß du davon weißt.«
    Servilia lachte leise. »Ich bin Caesars bester Mann in Rom. Hat er einmal gesagt. Ich weiß vieles. Auch, daß er vor zwei Tagen mit dir Pläne besprochen hat. Keine Sorge.« Sie legte ihm eine Hand auf den Unterarm. »Darüber werden wir nicht sprechen; ich weiß, daß du nicht reden darfst. Aber - kann ich dich um etwas bitten?«
    Aurelius fühlte sich verwirrt und ein wenig ratlos. »Bitten, Herrin? Befehlen kannst du, und wenn seine Befehle mich nicht daran hindern, werde ich gehorchen. Aber worum könnte eine Edle wie du einen wie mich bitten?«
    »Ich will von meinem Mißtrauen sprechen, Aurelius. Und um deine Aufmerksamkeit bitten.«
    »Was ich geben kann, ohne Kostbares zu verletzen, will ich gern geben, Herrin.«
    Sie trank aus ihrem Pokal. Dann sah sie sich um, als wollte sie sich vergewissern, daß niemand in der Nähe war. Halblaut sagte sie: »Es mag dir seltsam erscheinen, aber so ist das Leben. Ich habe immer alles darangesetzt, seine Pläne zu fördern, ihn zu unterstützen, meine Kinder so zu erziehen, daß sie der gleichen Sache dienen. Ich habe Pompeius nie vergeben, daß er meinen ersten Mann getötet hat; aber ich hätte Caesar vergeben, wenn er meinen Sohn getötet hätte. Ich weiß nicht, ob ich ihm vergeben kann, daß er ihn leben ließ. Meinen Sohn, und meinen Schwiegersohn Cassius.«
    Aurelius lauschte, und er hörte den Hall von Abgründen in der Stimme, hörte die Bitterkeit. Etwas rieselte kalt sein Rückgrat hinab, und er wußte nicht, was er sagen sollte. Er versuchte, an Marcus Iunius Brutus zu denken, Servilias Sohn, den er nicht kannte; aber es gelang ihm nicht.
    »Er hat Marcus das erste Schwert und das erste Pferd geschenkt«, sagte sie mit belegter Stimme, in der plötzlich nichts mehr hallte. »Für ihn ist er immer der Sohn gewesen, den er nicht hatte. Bis die Ägypterin ihm Caesarion gebar. Aber durch den Einfluß meines Bruders Cato hat sich Marcus gegen ihn gestellt, hat sich auf die Seite des Mörders seines Vaters geschlagen. Er hat ihm vergeben, hat ihn liebevoll und in Freundschaft aufgenommen. Er hat ihn geehrt.«
    Da sie nicht weitersprach, sagte Aurelius vorsichtig: »Wie ich hörte, hat sich dein Sohn gewaltige Verdienste durch die kluge und schonende Verwaltung Norditaliens erworben. Du darfst stolz auf ihn sein.«
    »Ah.« Zum ersten Mal zeigte sie eine Unbeherrschtheit, machte eine wischende Bewegung mit der rechten Hand. »Soll er verwalten! Soll er schonen! Aber nicht die Falschen.«
    »Wen meinst du?«
    »Er soll den Richtigen schonen. Aurelius, wenn du mit ihm in Asien bist… Ich weiß nicht, ob Brutus mit ihm geht oder in Rom bleibt. Ich fürchte fast, Caesar könnte ihn für ein sehr wichtiges Amt vorsehen. Das Konsulat hat er ihm ja bereits verheißen, aber…« Sie sprach nicht weiter.
    Aurelius zögerte ein paar Lidschläge lang; dann sagte er:
    »Wenn du das meinst, was ich zu erahnen glaube - sei unbesorgt. Niemand ist vor den Göttern, einem Erdbeben, einem Feuer oder einer Flut sicher. Aber solange ich bei Caesar bin, will ich dafür sorgen, daß zwischen ihm und einem Dolch genug Abstand ist. Soweit ich dies tun kann.«
    »Ich danke dir, Aurelius. Du bist verläßlich und ehrenhaft, hat Caesar gesagt. Und geschrieben.«
    Aurelius versuchte, seine Verlegenheit durch ein Lachen zu überspielen. »Er könnte sich irren. In mir, in deinem Sohn, in uns allen.«
    Kalypso berichtete später, auf dem Heimweg, von Gelächter und Geschwätz und alten Bekannten. Aurelius verzichtete darauf, nach Namen zu fragen. Allerdings hatte er aus der Ferne Volturcius gesehen und wollte nicht mehr wissen.
    Irgendwann blieb sie stehen und hielt ihn am Arm fest.
    »Ich habe mit Calpurnia gesprochen.«
    »Hat sie wesentliche Dinge gesagt?«
    »Gesagt nicht, aber angedeutet.«
    »Magst du auch andeuten oder gar sprechen?«
    Kalypso schwieg; sie schien zu zögern. Schließlich
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