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Cäsar läßt grüssen

Cäsar läßt grüssen

Titel: Cäsar läßt grüssen
Autoren: Joachim Fernau
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los, als für Tarquinius und seine am Vicus tuscus wohnende Kolonie weit und breit keine Hilfe mehr zu erwarten war.
    Und was war das, was die Sekunde des Aufstandes bestimmte? Wir würden es gerne wissen. Tarquinius wurde weder gefangen noch getötet. Eine Abwesenheit von Rom? Wahrscheinlich. Es sieht so aus, als hätten sie dem König bei einer Rückkehr einfach die Tür nicht mehr aufgemacht.
    Sollten Sie in der Schule einmal von einem »Vater der Republik« und Befreier Lucius Junius Brutus gehört haben, so dürfen Sie ihn möglichst schnell vergessen. »Brutus« und »direkter Vorfahre des Caesar-Mörders« — nein, das ist zuviel.
    Für detektivisch Interessierte füge ich hinzu: Die Junier-Familie ist wohlbekannt, sie ist eine sogenannte plebejische. Ein Plebejer als erster Konsul der Republik ist aber für das alte Rom nicht nur völlig undenkbar, sondern auch verfassungswidrig. 2

    *

    Was eine frischgebackene Republik tut, ist klar: sie setzt als erstes einen Feiertag an.
    Aber was tut ein soeben abgesetzter König, nachdem er ausgiebig geflucht hat?
    Notgedrungen wird Tarquinius Superbus, da er ja nicht ewig vor dem verschlossenen Tor herumstehen konnte, sein Pferd gewendet haben und zunächst einmal auf eines seiner Bauerngüter in der Umgebung zurückgekehrt sein. Da saß er und sah dem Melker der »glücklichen Kühe« zu.
    Der Anblick erinnerte ihn an sein verlorenes Staatsamt, und er beschloß, es sich wiederzuholen. Das Nächstliegende wäre gewesen, zu seinen Verwandten nach Tarquinii zu reiten. Er malte sich die Begrüßung aus und ließ den Gedanken wieder fallen.
    Sehr gute Beziehungen hatte er zu Clusium. Den König Porsenna konnte er geradezu als Freund ansehen, denn er hatte noch nie etwas von ihm gewollt. Clusium lag bei Perugia. Nicht gerade ein Katzensprung, genau gesagt 161 Kilometer, wie er im Michelin hätte nachlesen können.
    Vielleicht regnete es. Die Wege waren ein Morast. Vielleicht war es kalt. Sein Pelz hing in Rom. Je mehr er an das schöne Rom mit seinem herrlichen Kopfsteinpflaster und der fast gar nicht riechenden Cloaca maxima dachte, desto größer wurde seine Wut. Er warf alle Müdigkeit ab, den Brotbeutel über den Sattel und sich aufs Pferd.
    Großartige Stadt, dieses Clusium. Er bewunderte es immer wieder. Rinnsteine, Kerzenkandelaber, Rathaussonnenuhr, zwei Ladenstraßen, Feinkostgeschäfte, Zerwirkgewölbe, Weinhandlungen, Schuhläden, Frisiersalons — ja, zum Kuckuck, das war Jet set.
    Familie Porsenna war gerade beim Abendessen. Was für ein Unterschied zu seinen Latinern. Er konnte sich, als er in den Speiseraum dieses fast pompejanisch anmutenden Gartenhauses trat, gar nicht sattsehen. Neben Porsenna, der immer noch der alte bärtige Generalissimus war, saß auf einem Schemel Frau Porsenna (die Griechen hätten aufgeschrien!), ihm gegenüber lagen die Söhne und Töchter zu Tisch. Porsennas Oberkörper war wie gewöhnlich nackt; aber seine spitze Mütze hatte er auf. Ein Minirock ließ sein wundervolles ledernes Schuhwerk sehen, hohe Schnabelschuhe, wirklich eine Augenweide. Die langen Hemden der Damen waren mit Netzmustern bestickt. Auch sehr chic! Keine trug zu dieser Stunde Schmuck, schon gar nicht eine Fibel. Die war passe. Na ja, Rom lag wirklich »hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen«.
    Porsenna hörte sich den Emigrantenbericht aufmerksam an. Schon wieder eine Stadt verloren! Auch Ravenna und Rimini waren abgefallen. So? Tarquinius interessierte sich nicht für Ravenna und Rimini. Porsenna auch nicht sonderlich, aber es waren Umbrer, die einmarschiert waren, und Umbrer saßen im benachbarten Perugia. Er wollte damit nur sagen, die Zeiten seien schlecht. Und die finanzielle Lage auch. Seit der Seeschlacht bei Alalia waren Korsika und Sardinien mit ihren Gruben verloren. Porsenna schien richtig traurig, Tarquinius nicht helfen zu können.
    Plötzlich aber konnte er ihm anscheinend doch helfen, seine Miene erhellte sich; ein glänzender Einfall schien ihm gekommen, er klopfte Tarquinius auf die Schulter, nannte ihn einen old fellow und versprach, so bald wie möglich gegen Rom zu ziehen.
    Alle waren glücklich. Wirklich ein schöner Abend.
    Wir wissen nicht wann, aber schließlich machte ein kleines erlesenes Etruskerheer sich auf den Weg und stand eine Woche später vor dem (natürlich rechtzeitig gewarnten) doch erschrockenen Rom. Gott, war das Städtchen klein, wenn man gerade aus Clusium kam. Na, das werden wir gleich haben.
    Geschichtlich
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