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Cäsar Birotteau (German Edition)

Cäsar Birotteau (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteau (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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sich der Vorsitzende und sprach das Erkenntnis aus.
    Diese feierliche Formel erschütterte den nunmehr rehabilitierten Birotteau auf das tiefste. Er war in seiner freudigen Erregung nicht imstande, seinen Platz vor den Schranken zu verlassen. Er saß wie festgenagelt. Onkel Pillerault mußte ihn am Arme fassen und aus dem Saal hinausführen. Seine Freunde schmückten ihn mit der Rosette der Ehrenlegion. Cäsar hatte bisher dem Befehl Ludwigs XVIII. Widerstand geleistet. Im Triumph geleitete man ihn an den Wagen.
    »Wohin fahren wir, meine lieben Freunde?« fragte er Joseph Lebas, Ragon und Pillerault, die im Begriff waren, mit einzusteigen.
    »Nach deiner Wohnung!«
    »Nein! Es ist jetzt gerade drei Uhr und ich will von meinem Recht Gebrauch machen: fahren wir zusammen nach der Börse!«
    »Nach der Börse!« befahl Pillerault dem Kutscher, indem er Lebas besorgt ansah. Es kam ihm vor, als zeige der Rehabilitierte beunruhigende Symptome. Er fürchtete, Cäsar könne vor Freude verrückt werden.
    Arm in Arm mit Lebas und Pillerault betrat Birotteau den Börsensaal. Ragon folgte. Die Rehabilitation des ehemaligen Parfümhändlers war daselbst bereits bekannt geworden. Der erste, den die drei Eintretenden zu Gesicht bekamen, war du Tillet.
    »Mein verehrtester Prinzipal, ich bin entzückt, Sie hier zu sehen! Sie haben sich ganz famos herausgewickelt! Na, ich habe ja auch zur glücklichen Beendigung Ihrer Leidenszeit mit beigetragen, als ich mir vom kleinen Popinot mit Wonne eine Feder aus dem Steiß ziehen ließ. Ich freue mich über Ihr Glück so sehr, als wäre mir's passiert!«
    »Ja, ja, freuen Sie sich nur, denn Ihnen wird so was nie passieren!« brummte Pillerault.
    »Wie meinen Sie das, Herr Pillerault?«
    »Natürlich im allerbesten Sinne!« gab Lebas an Stelle des Gefragten lachend zur Antwort.
    Im Nu war Birotteau von den vornehmsten Kaufleuten umdrängt. Es gab eine allgemeine Börsenhuldigung. Er nahm die schmeichelhaftesten Händedrücke und Glückwünsche entgegen, die bei den Fernerstehenden hier Neid und da ein böses Gewissen erregten. Gigonnet und Gobseck, die in einer Ecke des Saales zusammenstanden und schacherten, schielten auf Birotteau wie auf ein neues Weltwunder.
    Nachdem sich Cäsar am Weihrauch seines Triumphes berauscht hatte, stieg er wieder in seine Droschke und fuhr nach Popinots neuem Heim, wo der Ehevertrag seiner geliebten Tochter und des treuen Anselm unterzeichnet werden sollte. Seinen drei ihn begleitenden Freunden fiel seine nervöse Fröhlichkeit auf.
    Das Hochzeitsdiner, das seiner in seinem alten Hause wartete, war von Anselm und Konstanze mit der größten Liebe vorbereitet worden. Ein Hochzeitsball sollte sich anschließen. Es waren eine Menge Gäste geladen. Abbé Loraux vertrat den Großmeister der Ehrenlegion. Der Präsident des Handelsgerichts fehlte nicht. Camusol war von Popinot gebeten worden zu kommen, um ihm für die seinem Schwiegervater reichlich erwiesenen Aufmerksamkeiten Dank zu bezeigen. Auch Herr von Vandenesse und Herr von Fontaine waren erschienen.
    Das Brautpaar war bei der Wahl der Gäste sehr bedachtsam zu Werke gegangen; denn beide, Anselm wie Cäsarine, empfanden eine gewisse Scheu vor allzu großer Öffentlichkeit.
    Die Wohnung erinnerte in vielen Dingen an jenen verhängnisvollen Ballabend, aber weder Konstanze noch die Liebesleute sahen in der vorbereiteten Überraschung eine Gefahr für Cäsar. Man erwartete ihn mit geradezu kindlicher Freude.
    Als der Ankommende, noch ganz unter der erregenden Nachwirkung des unbeschreiblichen Eindrucks, den die ehrenvolle Aufnahme an der Börse auf ihn gemacht hatte, in der Diele seines ehemaligen Hauses Herrn von Vandenesse, den Oberbürgermeister und den berühmten Vauquelin neben Konstanze, Cäsarine und Anselm erblickte, da fiel ein leichter Schleier über seine Augen. Pillerault, auf dessen Arm sich Birotteau stützte, beobachtete seine riefe Erregung.
    Es ist zu viel für ihn! sagte er sich; er verträgt es nicht.
    Die Freude aller Anwesenden war so lebhaft, daß man Cäsars Erregung ganz natürlich fand. Er war wie berauscht, Dieselbe Musikkapelle spielte wie zu jenem Ballfest, das Birotteaus Unglück eingeleitet hatte. Cäsars müdes Herz erbebte, als er die Klänge der großen Symphonie Beethovens wieder vernahm. Man wollte ihm damit eine besondere Freude bereiten: die ganze überstandene Leidenszeit gleichsam überbrücken. Niemand von den Anwesenden ahnte jedoch, daß dem unglücklichen Kaufmann das
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