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Cäsar Birotteau (German Edition)

Cäsar Birotteau (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteau (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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Popinot ist voller Ungeduld, deine Cäsarine endlich heimzuführen. Er möchte dir das nötige Geld zur völligen Bezahlung deiner Schulden geben...«
    »So! Meine Cäsarine kaufen?«
    »Ist es nicht höchst ehrbar, wenn einer seinen Schwiegervater rehabilitieren will?«
    »Aber es könnte Anlaß zu Differenzen geben. Übrigens ...«
    »Jawohl: übrigens!« Pillerault spielte den Zornigen. »Du hast wohl das Recht, dich selber aufzuopfern, aber du darfst nicht auch deine Tochter opfern.«'
    Es entspann sich eine lebhafte Erörterung, die Pillerault absichtlich noch steigerte.
    »Vom Leihen braucht ja gar keine Rede zu sein! Wie wäre es, wenn Popinot dich immer noch als seinen Kompagnon betrachtete, wenn er die deinen Gläubigern gezahlten achtundvierzigtausend Francs nur als Vorschuß auf den Reinertrag am Kephalol ansähe und dir damit deinen Anteil nur gesichert hätte ...«
    »Das sähe aus, als hätte ich mit ihm zusammen meine Gläubiger getäuscht!«
    Pillerault stellte sich, als sei er durch dieses Argument geschlagen. Er war ein zu guter Kenner des menschlichen Herzens, um nicht zu wissen, daß dieser Ehrenmann die ganze Nacht mit sich selber über den Punkt hadern und sich durch diese geheime Zwiesprache an die Möglichkeit einer baldigen Rehabilitation gewöhnen würde.
    Bei Tisch fragte Birotteau: »Ich möchte nur wissen, was Cäsarine in unserer alten Wohnung zu tun hat?«
    »Ich glaube, Anselm hat die Absicht, sie für sich und seine künftige Frau zu mieten. Konstanze ist einverstanden. Ich sage dir im Vertrauen, das Brautpaar will sich heimlich aufbieten lassen. Popinot meint, es sei für ihn anständiger, deine Tochter vor deiner Rehabilitation zu heiraten. Übrigens: vom König nimmst du Geld an, von deinen Verwandten willst du nichts annehmen! Ich darf dir doch die Quittung über das mir Schuldige dedizieren? Das wirst du doch annehmen – nicht?«
    »Hm! Na, ich nehme sie schon an, was mich nicht verhindern soll, weiter zu sparen und trotz deiner Quittung meine Schuld bei dir abzutragen.«
    »Spitzfindigkeit hier, Spitzfindigkeit da! Du glaubst doch wohl selber nicht, daß deine Gläubiger von Betrug reden werden, nachdem du sie alle bezahlt haben wirst! Vorhin hast du also etwas ganz Törichtes gesagt!«
    Cäsar sah Pillerault nachdenklich an. Zum erstenmal in den letzten drei Jahren zog ein echtes Lächeln über Birotteaus kummervolle Züge. Pillerault war gerührt, als er das wahrnahm.
    »Gewiß«, versetzte Birotteau, »bezahlt wären sie dann, aber ich hätte meine Tochter verkauft!«
    »Ich will ja verkauft werden!« rief Cäsarine, die in dem Augenblick zusammen mit Popinot eintrat. Konstanze erschien hinter ihnen. Die drei waren zu allen noch übrigen Gläubigern gefahren und hatten sie ersucht, sich gegen Abend beim Notar Crottat einzufinden, um die Schlußzahlungen zu quittieren.
    Die Beredsamkeit des verliebten Popinot triumphierte über die letzten Bedenken seines Schwiegervaters.
    Birotteaus Gesuch um Rehabilitation lag nebst allen erforderlichen Belegen dem Handelsgericht vor. Während der vier Wochen, die die Formalitäten beanspruchten, war Cäsar in fieberhafter Erregung. Er fürchtete, den großen Tag nicht mehr zu erleben. Er klagte über dumpfe Schmerzen in seinem durch so viel Freude nach allzuviel Leid abgespannten Körper.
    Rehabilitationserkenntnisse sind am Pariser Gerichtshof etwas dermaßen Seltenes, daß alle zehn Jahre kaum eins vorkommt. Es gibt Leute, auf die das Zeremoniell der Justiz einen tiefen Eindruck macht. Alle öffentlichen Einrichtungen hängen in ihrer Wirkung sowohl von der Würde der Beamten wie von dem Vertrauen des Publikums ab. Der kirchlich gesinnte Birotteau erblickte in der Gerichtsbarkeit die höchste Repräsentantin der bürgerlichen Ordnung. Er war einer der selten werdenden Menschen, die die Treppe eines Justizgebäudes mit klopfendem Herzen und feierlich gestimmt hinaufgehen. Somit kann man sich vorstellen, welche Empfindungen den an und für sich Erregten heimsuchen mußten, als er, von einigen guten Freunden und dem Abbé Loraux, seinem Gewissensrate, begleitet, den Gerichtshof betrat. Das Ehrengeleit, das ihm zuteil ward, erweckte in Birotteau das Gefühl hoher Befriedigung. Im Publikationssaal, wo ein Dutzend Richter saßen, fand er noch mehr Freunde versammelt.
    Birotteaus Anwalt trug den Rehabilitationsantrag in kurzen Worten vor. Darauf erhob sich, auf eine Aufforderung des Vorsitzenden hin, der Generalprokurator und gab sein Gutachten
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