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Cäsar Birotteau (German Edition)

Cäsar Birotteau (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteau (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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nach dem verdächtigen Briefe schielend. »Ich bin Crevel gefällig gewesen, um ihm den Kauf Ihres Geschäftes zu erleichtern. Dabei habe ich eine Bedingung gestellt. Ihre frühere Wohnung ist noch in genau dem Zustand, in dem Sie sie verlassen haben. Ich hatte so meine Gedanken dabei, wenn ich auch nicht glaubte, daß uns das Glück so bald und in dem Grade hold sein würde. Crevel ist verpflichtet, Ihnen Ihre Wohnung mietweise zu überlassen. Er hat noch keinen Fuß hineingesetzt, und die Möbel darin gehören sämtlich Ihnen. Den zweiten Stock habe ich für mich reserviert, um mit Cäsarine darin zu wohnen. Wenn ich verheiratet bin, werde ich mich von acht Uhr morgens bis sechs Uhr abends im Geschäft aufhalten. Damit Sie wieder in den Besitz von Vermögen gelangen, werde ich Ihrem Manne seinen Anteil an unserm gemeinsamen Geschäft für hunderttausend Francs abkaufen. Zugerechnet sein Gehalt, werden Sie dann zehntausend Francs im Jahre zu verzehren haben. Sind Sie dann wieder glücklich?«
    »Toll vor Glück, Anselm!«
    Konstanze kam ihm in dem Moment so erhaben, rein und schuldlos vor, daß ihm sein häßlicher Verdacht zu einem haltlosen Hirngespinst zusammensank. Er wollte sich aber trotzdem Gewißheit verschaffen. Ein Fehltritt schien ihm unvereinbar mit der Gesinnung dieser Frau.
    »Meine verehrte Schwiegermutter, gegen meinen Willen hat sich ein schrecklicher Verdacht in meine Seele geschlichen. Wenn Sie mich glücklich sehen wollen, so vernichten Sie den Verdacht noch in dieser Stunde!«
    Popinot bückte sich und hob den Brief auf. Erschrocken über die Angst in Konstanzes Miene fuhr er fort: »Ohne es zu wollen, habe ich vorhin die Anfangsworte dieses Briefes du Tillets gelesen. Das und Ihr Einfluß auf die rasche Einwilligung dieses Menschen in die sinnlos hohe Entschädigung sind schuld, daß ich mir das alles unwillkürlich so erklärt habe, wie sich's wohl jeder erklären würde. Ihr Blick und das eine Wort ,dreitausend‘ haben genügt...«
    »Sprechen Sie nicht weiter!« unterbrach sie ihn, nahm ihm den Brief wieder und zerriß ihn vor seinen Augen. »Mein lieber Anselm, ich brauche vor Ihnen nicht zu erröten. Was ich Ihnen über die Sache anvertrauen will, könnte ich auch vor meinem Manne sagen. Du Tillet wollte mich damals, als er in unserm Hause war, verführen. Ich machte meinem Manne sofort die nötigen Andeutungen, und du Tillet wurde gekündigt. Am letzten Tag hat er uns dreitausend Francs gestohlen.«
    »Ich habe mir das immer gedacht«, sagte Popinot in einem Ton, der seinen ganzen Haß ausdrückte.
    »Anselm, ich habe Ihnen die Mitteilung gemacht, weil es Ihr Glück, Ihre Zukunft erheischt. Sie muß in Ihrem Herzen begraben liegen, wie sie in meinem und meines Mannes Herzen begraben lag. Besinnen Sie sich noch, wie mich mein Mann damals wegen der nicht stimmenden Kasse ausgezankt hat? Um den Menschen nicht ins Unglück zu stürzen, hat er die dreitausend Francs heimlich selber in die Kasse gelegt. Du Tillet hatte mir vorher drei Liebesbriefe geschrieben. Sie waren so charakteristisch für ihn ...« sie seufzte und schlug die Augen nieder, ».., daß ich sie mir als Kuriositäten aufbewahrt habe. Es war unklug von mir. Als ich du Tillet heute wiedersah, erinnerte ich mich der Kinderei wieder. Ich ging hinauf und wollte die Briefe verbrennen. Als Sie eintraten, las ich sie gerade noch einmal... Das ist die ganze Geschichte, mein lieber Freund!«
    Anselm küßte seiner Schwiegermutter so innig die Hand, daß ihnen beiden Tränen in die Augen traten. Konstanze zog ihn an ihr Herz.
    Derselbe Tag sollte zu einem Freudentag für Cäsar werden. Der Geheimsekretär des Königs, Herr von Vandenesse, suchte Birotteau in seiner Kanzlei auf. Sie gingen miteinander in den kleinen Hof.
    »Herr Birotteau«, sagte der Vicomte, »die Anstrengungen, die Sie machen, um Ihre Gläubiger zu bezahlen, sind durch Zufall zu allerhöchster Kenntnis gekommen. Diese seltene Redlichkeit hat Majestät gerührt, und da der König weiß, daß Sie das Kreuz der Ehrenlegion aus Demut nicht mehr tragen, hat mich Majestät beauftragt, Ihnen die Wiederanlegung dieses Ehrenzeichens anzubefehlen. Da Majestät Ihnen auch bei der weiteren Erfüllung Ihrer Verpflichtungen helfen will, bin ich beauftragt, Ihnen aus der königlichen Privatschatulle diese Summe einzuhändigen. Majestät bedauert, nicht mehr für Sie tun zu können. Die Beihilfe soll streng geheim bleiben, denn Majestät findet das offizielle Ausposaunen von guten
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