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Byrne & Balzano 4: Septagon

Titel: Byrne & Balzano 4: Septagon
Autoren: Richard Montanari
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konnte nicht gelöst werden.
    Auch im August 2008 gab es noch keine Verdächtigen, keine Spuren und keine neuen Hinweise. Jessica blätterte die letzte Seite der Akte um und fragte sich zum hundertsten Mal in den letzten zwei Tagen: Warum ist das Mädchen nach Philadelphia gefahren? War es bloß der Reiz der Großstadt?
    Noch wichtiger aber war die Frage, wo Caitlin sich in den letzten dreißig Tagen aufgehalten hatte.
    Um kurz nach elf Uhr klingelte Jessicas Handy. Es war ihr Chef, Sergeant Ike Buchanan. Byrne war mit seiner Skizze des Kellers fertig und verließ gerade das Haus, um auf dem Bürgersteig frische Luft zu schnappen. Jessica schaltete den Lautsprecher ihres Handys ein.
    »Was gibt’s, Chef?«, fragte sie.
    »Wir haben ein Geständnis«, sagte Buchanan.
    »In unserem Fall?«
    »Ja.«
    »Ich verstehe nicht ... wer? «
    »Wir haben einen Anruf auf der anonymen Hotline bekommen. Der Anrufer hat der diensthabenden Kollegin gesagt, er habe Caitlin O’Riordan getötet und wolle sich stellen.«
    Die anonyme Hotline war eine relativ neue Einrichtung der Polizeibehörde, um die Bürger nach dem Motto »Gemeinsam gegen das Verbrechen« stärker in die Verbrechensbekämpfung einzubeziehen. Ziel war es, den Bürgern von Philadelphia die Möglichkeit zu bieten, anonym mit der Polizei in Verbindung zu treten, ohne befürchten zu müssen, auf irgendeine Weise mit Kriminellen in Kontakt zu kommen. Manche Leute benutzten die Leitung auch als Beichtstuhl.
    »Ich bitte Sie, Chef, so was passiert doch ständig«, sagte Jessica. »Besonders in einem Fall wie diesem.«
    »Dieser Anruf war anders.«
    »Anders? Inwiefern?«
    »Erstens wusste der Anrufer Dinge über den Fall, die nie an die Öffentlichkeit gegeben wurden. Er hat gesagt, dass an der Jacke des Opfers ein Knopf fehle. Der dritte von unten.«
    Jessica nahm zwei Tatortfotos des Opfers zur Hand. Tatsächlich fehlte an Caitlins Jacke ein Knopf – der dritte von unten.
    »Stimmt, der Knopf fehlt«, sagte Jessica. »Aber vielleicht hat der Anrufer die Tatortfotos gesehen, oder er kennt jemanden, der sie gesehen hat. Woher wollen wir wissen, dass seine Informationen aus erster Hand sind?«
    »Er hat uns den Knopf geschickt.«
    Jessica warf ihrem Partner einen Blick zu.
    »Er war heute Morgen in der Post«, fuhr Buchanan fort. »Wir haben ihn ins Labor gegeben. Er wird zurzeit untersucht, aber Tracy meint, es bestehe nicht der geringste Zweifel. Es ist der Knopf von Caitlins Jacke.«
    Tracy McGovern war die stellvertretende Leiterin des kriminaltechnischen Labors.
    »Wer ist der Mann?«, fragte Jessica.
    »Er heißt Jeremia Crosley. Wir haben den Namen überprüft. Es liegt nichts gegen ihn vor. Er hat gesagt, wir könnten ihn an der Ecke Zweite und Diamond verhaften.«
    »Und die genaue Adresse?«
    »Eine genaue Adresse hat er nicht genannt. Er sagte, wir würden das Haus an der roten Tür erkennen.«
    »Eine rote Tür? Was zum Teufel bedeutet das?«
    »Das werden Sie herausfinden«, sagte Buchanan. »Rufen Sie mich an, wenn Sie da sind.«

2.
    D ER A UGUST IST der grausamste Monat, überlegte Jessica.
    Für T. S. Eliot war der April der grausamste Monat, aber der Dichter war auch nie Detective der Mordkommission in Philly gewesen.
    Im April gibt es noch Hoffnung. Blumen. Regen. Vögel. Die Phillies. Immer die Phillies. Zehntausend Niederlagen, aber es blieben doch die Phillies. Der April bedeutete, dass es in gewissem Maße eine Zukunft gab.
    Der August hingegen hat nur die Hitze zu bieten, sonst nichts. Eine unerbittliche, nervtötende Hitze, die einem fast den Verstand raubt. Diese feuchte, unangenehme Hitze, die sich wie eine modrige Plane über die Stadt legt und alles mit Schweiß, Gestank, Grausamkeit und Aggressionen überzieht. Eine Schlägerei im März ist im August ein Mord.
    In den zehn Jahren, die Jessica diesen Job nun schon machte – die ersten vier Jahre als Streifenbeamtin im dritten Revier –, hatte sie stets das Gefühl gehabt, dass der August der schlimmste Monat des Jahres war.
    Sie standen an der Ecke Zweite und Diamond, mitten in den Badlands. Mindestens die Hälfte der Gebäude des Straßenzuges waren mit Brettern vernagelt oder wurden zurzeit renoviert. Es war keine rote Tür zu sehen, nichts, das Red Door Tavern oder ähnlich hieß, kein Werbeplakat für ein Red-Lobster-Fischrestaurant oder für Pella-Türen, kein Schild in einem Fenster, das ein Produkt mit einem Namen anbot, das die Wörter rot oder Tür enthielt.
    Niemand stand an der
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