Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Byrne & Balzano 02 - Mefisto

Byrne & Balzano 02 - Mefisto

Titel: Byrne & Balzano 02 - Mefisto
Autoren: Richard Montanari
Vom Netzwerk:
verdeckte Jessica die Sicht auf den Flüchtigen.
    »Polizei! Aus dem Weg!«
    Der junge Mann erstarrte und schaute verwirrt die Gasse rauf und runter. Hinter ihm wirbelte Trey Tarver herum und schoss ein zweites Mal. Wieder drang die Kugel oberhalb von Jessica in die Mauer ein – diesmal in gefährlicher Nähe ihres Kopfes. Der Chinese warf sich zu Boden und blieb wie erstarrt liegen. Jessica konnte nicht mehr auf ihre Unterstützung warten.
    Trey Tarver verschwand hinter dem Müllcontainer. Die Glock im Anschlag, presste Jessica sich an die Wand. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Ihr Rücken war schweißnass. Sie ging im Geiste alle Strategien durch, verwarf jedoch alles. Auf solche Situationen konnte man sich nicht vorbereiten.
    Vorsichtig näherte sie sich dem bewaffneten Mann.
    »Es ist vorbei, Trey«, rief sie. »Auf dem Dach stehen Scharfschützen. Geben Sie auf.«
    Keine Antwort. Tarver durchschaute ihren Bluff. Er würde als strahlender Sieger aus diesem Zweikampf hervorgehen und in der Unterwelt Philadelphias wie ein Held verehrt werden.
    Glas zersplitterte. Hatten diese Häuser Kellerfenster? Jessica schaute nach links. Ja. Fenster mit Metallrahmen. Einige waren vergittert, andere nicht.
    Scheiße.
    Tarver war abgehauen. Jessica musste sich bewegen. Sie erreichte den Müllcontainer, stellte sich mit dem Rücken dagegen, bückte sich und spähte unter den Container. Es war hell genug, um Tarvers Füße erkennen zu können, falls er noch auf der anderen Seite war. War er aber nicht. Als Jessica sich langsam dem Rand des Müllcontainers näherte, sah sie dort einen Haufen Plastikmülltüten liegen. Daneben lagen aufgestapelte Rigipsplatten, Farbdosen, unbrauchbare Holzbretter. Tarver war verschwunden. Jessica spähte zum Ende der Gasse und sah das zersplitterte Fenster.
    War er durch das Fenster entkommen?
    Sie wollte gerade zur Straße zurückkehren, um mit der Verstärkung die Gebäude zu durchsuchen, als sie unter dem Haufen aufgestapelter Mülltüten ein Paar elegante Lederschuhe erblickte.
    Jessica atmete tief durch und versuchte, sich zu beruhigen. Es funktionierte nicht. Es könnte ewig dauern, bis sie sich wieder einigermaßen beruhigt hätte.
    »Stehen Sie auf, Trey.«
    Keine Bewegung.
    Jessica holte noch einmal tief Luft und fuhr fort: »Da der Verdächtige bereits zwei Schüsse auf mich abgefeuert hatte, hatte ich keine andere Wahl, Euer Ehren. Als der Müll sich bewegte, hab ich geschossen. Es ging alles viel zu schnell. Ehe ich mich versah, hatte ich mein Magazin auf den Verdächtigen abgefeuert.«
    Die Mülltüten raschelten. »Warten Sie.«
    »Dachte ich's mir«, sagte Jessica. »Und jetzt legen Sie die Waffe auf die Erde … gaaanz langsam.«
    Wenige Sekunden später tauchte eine Hand auf. An einem Finger baumelte eine .32 Halbautomatik. Tarver legte die Waffe auf die Erde. Jessica hob sie auf.
    »Stehen Sie jetzt auf. Hübsch langsam. Und ich will Ihre Hände sehen.«
    Vorsichtig trat Trey Tarver hinter dem Müllberg hervor. Die Hände zur Seite gestreckt, stand er Jessica gegenüber. Sein Blick schweifte von links nach rechts. Nach acht Jahren bei der Polizei kannte Jessica diesen Blick. Trey Tarver hatte gesehen, dass sie vor zwei Minuten auf einen Mann geschossen hatte, und wollte sie herausfordern.
    Jessica schüttelte den Kopf. »Machen Sie bloß keinen Scheiß, Trey«, sagte sie. »Ihr Bodyguard hat meinen Partner angegriffen, darum musste ich auf ihn schießen. Außerdem haben Sie auf mich geschossen. Noch schlimmer ist, dass durch Ihre Schuld ein Absatz von meinen besten Schuhen abgebrochen ist. Seien Sie ein Mann und schlucken Sie die Pille. Es ist aus.«
    Tarver starrte sie an und versuchte, ihre Selbstsicherheit mit seinem Knastblick zu erschüttern. Nach wenigen Sekunden erkannte er die Entschlossenheit in ihrem Blick – eine Eigenheit der Bewohner Süd-Philadelphias – und wusste, dass es nicht funktionieren würde. Er legte die Hände auf den Kopf und verschlang die Finger.
    »Drehen Sie sich um«, befahl Jessica.
    Trey Tarver blickte auf ihre Beine und ihr kurzes Kleid. Er lächelte. Seine strahlend weißen Zähne schimmerten im Straßenlicht. »Du zuerst, Schlampe.«
    Schlampe?
    Schlampe?
    Jessica blickte die Gasse hinauf. Der Chinese war zurück ins Restaurant gelaufen. Die Tür war geschlossen. Sie waren allein.
    Jessica wandte sich wieder Trey Tarver zu. Er stand auf einem großen Holzbrett, das mit einem Ende auf einer alten Farbdose auflag. Die Dose war nur wenige
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher