Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Butterschmalz zum Fruehstueck

Butterschmalz zum Fruehstueck

Titel: Butterschmalz zum Fruehstueck
Autoren: Helga Jursch
Vom Netzwerk:
man Tiere liebt: Sie sind nicht geimpft, und Tollwut ist durchaus ein Thema – auch bei Kühen. Heute war ich im Morgengrauen am Strand spazieren. Es sah so friedlich aus. Kein Mensch da. Dafür kamen aber die Hunde und wollten mit mir spielen. Ich konnte mich nur durch eine Flucht ins Meer retten.
    Im Dorf liegt ziemlich viel Dreck herum. Und es gibt sehr viele Krähen, eine natürliche Müllabfuhr. Aber irgendwas ist trotzdem anders als anderswo, und heute Morgen ist mir aufgegangen, was es ist: Hier gibt es so gut wie keinen Plastikmüll. Ich hoffe, dass das noch möglichst lange so bleibt. Denn der jetzige Müll ist organisch. Irgendein Lebewesen empfindet ihn als Festschmaus. Aber das Plastik, das wird für immer liegen bleiben. Doch Wohlstand ohne Plastik, geht das? Noch funktioniert es. Vieles ist hier vorbildlich: die Schulbildung, die Familienplanung, die Teilhabe der Frau an der Gesellschaft. Doch derlei kulturelle Errungenschaften gingen bisher immer mit erhöhtem Konsum einher. Bis die Leute hier aber merken, dass weder Krähen Plastik fressen noch dass dieses sich zersetzt, könnte es zu spät sein.

22. März 2005

Geschafft! Kein Butterschmalz mehr
    Meiner Ansicht nach ist das qualvoll aufgenommene Ghee schon längst wieder aus dem Körper ausgeschieden und mit Donnern in der Kanalisation verschwunden, aber nach Ansicht des Arztes wirkt es weiterhin als (viel zu niedrig dosiertes) Vollwaschmittel im Körper. Es trennt verklebte Zellen voneinander, fördert den Lymphfluss und löst den Dreck. Und diese dreckstarrende Waschlauge muss dann auf das Radikalste eliminiert werden. Die Vorbereitungen dafür werden bei mir nun eingeleitet. Heute bekomme ich Spezialdiät, aber immerhin richtiges Essen. Außerdem muss ich den ganzen Tag Milch trinken. Das wiederum macht mich zunächst total unglücklich, weil ich Milch von ganzem Herzen hasse. Aber dann fällt mir ein, dass ich ja Kokos und Honig zu mir nehmen darf. Jetzt würze ich meine Milch mit Kokosflocken und Honig, und so schmeckt sie sogar halbwegs.
    Das Restaurant hier ist klasse. Es ist von sieben Uhr morgens bis halb zehn abends geöffnet, und jeder kann jederzeit jegliche Mahlzeit verlangen. Es gibt eine Karte mit kostenpflichtigen Gerichten. Die bekommen wir Deutschen aber erst gar nicht vorgelegt, denn Deutsche sind diszipliniert, sagt der Oberkellner. Die essen sowieso nichts, was der Arzt nicht erlaubt. Und dann gibt es die Karten mit den ayurvedischen Gerichten für die verschiedenen Dosha -Typen. Die hingegen legt der Kellner den Italienern erst gar nicht vor, weil die genau das essen wollen, was der Arzt verbietet. Plus Wein. Als Deutscher bekommt man also die Karte seines Doshas und hat eine nette Auswahl. Ich zumindest. Die Leute mit Vata -Konstitution behaupten, sie dürften nur Kartoffeln und Auberginen essen. Wenn man zwischendurch Hunger hat, kann man Obst haben. Das Personal ist sehr nett und versucht, jeden Wunsch zu erfüllen, so auch den Wunsch meiner Tischgenossin nach Omelett mit Honig und Wassermelone. Jede einzelne Portion wird frisch zubereitet. Die Ernährungsvorschriften sind streng, aber es ist kein Problem, sie einzuhalten, weil es keine Versuchung gibt. Hier gibt es traditionelle Küche aus Kerala und sonst nichts, wobei diese Küche lecker ist. Alle Zutaten sind sehr frisch, es riecht allenthalben verlockend nach tollen Gewürzen, doch der charakteristischste Geruch für die hiesige Küche ist Kreuzkümmel. Es gibt alles, was aus Reis und Linsen irgendwie herstellbar ist und dazu jedes denkbare Gemüse. Kaum ein Gericht ist ohne Kokos in irgendeiner Form denkbar. Scharfe Chilis stehen immer auf dem Tisch, aber das Essen selber ist mild. Erstaunlich viele Gerichte werden mit Joghurtsoße serviert.
    Gestern war Deepa krank, und darum hat Usha sowohl die Öl- als auch die Pudermassage vorgenommen. Dazu hat sie mich knapp zweieinhalb Stunden intensiv bearbeitet. Wer schon einmal zwei Stunden einen schweren Brotteig geknetet hat, weiß, was diese Frau leistet! Die Frauen arbeiten acht Stunden am Tag, in der Hochsaison manchmal mehr. Ich frage Usha, ob sie gern massiert. Na ja, so gern nicht, aber eine andere Arbeit gibt es nicht. Nun, die Abneigung merkt man ihr wirklich nicht an, obwohl das Massieren bei dem feuchtheißen Klima eine echte Schinderei ist.
    Hier sind irgendwie alle Farben gedämpfter. Das liegt nicht nur am kaum existierenden Plastik, sondern auch an der werbefreien Welt. Keine Cola-Reklame, keine Eistafeln,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher