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Butterschmalz zum Fruehstueck

Butterschmalz zum Fruehstueck

Titel: Butterschmalz zum Fruehstueck
Autoren: Helga Jursch
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an. Er segnet mich, er segnet sich, er segnet das Geld und legt es auf den Hausaltar. Dann schenkt er mir ein Tuch, weil ich das erste Geschäft des Tages bin.
    In Indien ist das Leben total öffentlich. Die anderen Verkäufer am Strand bekommen sofort mit, dass ich etwas kaufe, auch sie wollen nun verkaufen. Ich will nur noch meine Ruhe und kaufe mich frei. Der Schneider wiederum bemerkt, dass ich fast nicht gefeilscht habe, und im Nu ist ein Wortgefecht im Gange, das man im ganzen Dorf hört. Dann kommt der Schneider und sagt mir, dass er sich mit den Preisen geirrt hat und ich nachzahlen muss und dass die Strandleute Schurken sind, bei denen ich nichts kaufen soll. Er wäre der einzig ehrliche Mensch hier am Strand, weshalb mein Geld am besten bei ihm aufgehoben wäre.
    Normalerweise habe ich meine Anwendungen nachmittags, diesmal aber nach einigen Diskussionen mit der Ärztin vormittags, weil ich mit meiner Tischnachbarin Monika eine Stippvisite in die Backwaters machen will und Monika bald abreist. Sie hat schon alles organisiert und freut sich auf Gesellschaft. Nach dem Besuch beim Schneider lasse ich das Mittagessen aus, weil jegliches Essen unerwünschte Verdauungsvorgänge auslösen kann.
    Dann gehen wir los. Die Backwaters sind ein System von Flüssen, Seen und Kanälen, die ganz Kerala durchziehen, allerdings nicht durchgängig. Wir kommen zur Anlegestelle und besteigen ein kleines Boot mit zwei Plastikstühlen, in dem wir durchs Wasser gestakt werden.
    Die Backwaters sind ein Traum! Pralle grüne Ufer, Frieden überall, die Zeit ist stehen geblieben. Unser Guide ist gut, erklärt viel, gibt uns Tipps, wo wir was kaufen sollen und wo nicht. Es wimmelt von Vögeln: Reiher, Kormorane, Seeadler, diverse unbekannte Arten und als Highlight Eisvögel. Wir sehen, wie die Fischer mit ihrem Fang an Land kommen, umgeben von Tausenden von Krähen wie bei Hitchcock. Etwas später besuchen wir eine unscheinbare Insel, auf der alles scheinbar regellos wächst, aber wahrscheinlich doch einem System gehorcht. Und was da nicht alles heranreift: Kokosnüsse, Bananen, Papayas , Mangos, Jackfrucht , Granatäpfel, Guaven , Ananas, Gewürznelken, Muskatnüsse, Pfeffer und noch einiges mehr. Sanft dahinfließendes Wasser. Ruhe. Blüten und Früchte in riesiger Fülle. In einem kleinen Handwerksbetrieb werden Kokosfasern hergestellt. Die ganze Familie arbeitet mit, einschließlich der ganz kleinen Kinder, die von allen sehr liebevoll behandelt werden. Jetzt bereue ich ein bisschen, dass ich auf die Rundreise verzichtet habe. Dann wäre ich drei Tage auf den Backwaters gewesen.
    Das Taxi bringt uns wieder nach Hause. Ich bin vollkommen fertig. Auf dem Weg in mein Zimmer fängt mich der Schneider ab. Er hat alles sehr schön genäht, aber leider fällt der Stoff so, dass die Teile schlafanzugartig wirken. Na ja, für den Urlaub ist es gut genug. Der Stoff ist jedenfalls angenehm zu tragen. Nach langem Palaver einigen wir uns darauf, dass ich den zunächst ausgemachten Preis zahle, aber noch ein paar Sachen bei ihm bestelle.
    Ich gehe zum Abendessen. Und dann passiert etwas, was ich nicht für möglich gehalten hätte: Ich bin so kaputt, dass ich nicht mal mehr essen kann, obwohl ich einen Bärenhunger habe. Besteck halten, kauen geht vor Anstrengung fast nicht. Nach paar Bissen strecke ich die Waffen und falle ermattet ins Bett. Ich schlafe wunderbar und träume sogar toll.
    Ich muss unheimlich tief geschlafen haben. Am Morgen entdecke ich die Spuren eines Palmhörnchens, das ich im Schlaf nicht bemerkt habe. Als ich aufstehe, rast irgendwas durch mein Zimmer, und mir bleibt das Herz stehen. Ein Palmhörnchen flitzt durch das vergitterte Fenster nach draußen und ich staune, dass es durch die kleine Öffnung passt. Diese Tiere sind sehr verspielt und neugierig. Das Tier war in meinem Toilettenbeutel und hat alles Mögliche ausgepackt, aber nichts beschädigt. Manche nennen diese Tiere auch Palmratten. Aber ich möchte bitte Hörnchen! Der Gedanke, possierliche Hörnchen rumhüpfen zu haben ist nett. Der Gedanke, in einer rattenverseuchten Gegend zu leben, einfach widerlich. Diese Tiere sehen aus wie Streifenhörnchen, haben aber keinen so schönen Schwanz. Doch, sie sind eindeutig mehr Hörnchen als Ratten.

21. März 2005

Wechselduschen für die Sinne
    Heute habe ich gottseidank mein letztes Ghee-Frühstück. Trotzdem schaffe ich nichts anderes als ein unwürdiges Gewürge.
    Wir haben einen neuen Yogalehrer, einen jungen Mann.
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