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Butterbrot

Butterbrot

Titel: Butterbrot
Autoren: Gabriel Barylli
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Nase. »Dumbo der Elefant« ist einer meiner Lieblingsfilme, und wenn Bambis Mutter stirbt, muß ich weinen, darum sehe ich mir diesen Film auch nie wieder an -ich hoffe, das sagt dir alles über mein Verhältnis zu Kindern und vor allem über das Verhältnis zu dem Kind in mir -
    Ich bin nämlich noch sehr jung in meinem Herzen -Martin, sehr jung sogar - und ich möchte mir erst alle meine Hosen an den Knien zerreißen, bevor ich dunkle Anzüge zu tragen beginne - innerlich, meine ich natürlich.
    Lilly konnte das nicht verstehen -Sie sagte zwar nie, daß ich mich beeilen sollte oder etwas ähnliches in der Richtung, aber es lag in der Luft
    - nach drei oder vier Jahren lag es in der Luft - außerdem - wozu hatten wir eine Wohnung mit sechs Zimmern? Zwei davon könnte man doch farblich verändern - oder?! Das eine rosa - das andere blau - und kleine Betten hineinstellen - und niedere Stühlchen und niedere Tischchen und fliegende Elefanten auf den Tapeten?!
    Ich wollte noch nicht - ich konnte noch nicht - ich wollte noch etwas Zeit - noch etwas - so schnell geht das nicht - dachte ich mir - so schnell darf das nicht gehen - so wie im Tierreich - riechen - sehen - Paarung - Drillinge.
    Ich - ich wollte erst einmal - ja, ich wollte erst einmal Lilly - und mit ihr - ich weiß nicht - ich meine, es ging alles so schnell, Martin - so wahnsinnig schnell, manchmal habe ich das Gefühl, daß einen der Schwung, den man braucht, um eine Burgmauer zu überspringen, am anderen Ende der Festung gleich wieder hinauswirft.
    Ich wollte das Tempo drosseln - ich wollte mich einmal hinsetzen und mir zuhören - ich wollte meinen Atem in meiner Brust fühlen und schauen, was für ein Mensch da eigentlich mit mir in meiner Sechszimmerwohnung lebt - wer das ist, der da mein Badezimmer mit lachsfarbenen Kacheln und sechsseitigen Spiegelfliesen umgestaltet und mir am Morgen verschlafen zulächelt, wenn ich den Kaffee mache.
    Wie soll man all das einlösen, was man in den ersten Wochen auftürmt, um der Beste zu sein.
    Man kann hundert Meter einmal unter zehn Sekunden laufen, aber dieses Tempo ist nicht für Marathon gedacht - oder für Hürden - die Ehe ist beides -Das meine ich nicht zynisch - ehrlich - es kann ja wirklich schön sein, wenn man gemeinsam die Klippen umschwimmt und dabei weiß, das Ziel ist das eigene Leben.
    Ich wollte nur etwas Zeit, um ...
    Ich wollte nicht wie alle anderen zwischen zwanzig und dreißig schon werdender Großvater sein und nie ...
    Ich habe meine Schuhe fest im Griff, und ich weiß, welches Leder in welcher Farbe für welchen Typ das beste ist - ich fahre keine Formel-Eins-Rennen, und ich schreibe keine Dissertationen. Aber ich weiß trotzdem sehr gut, daß mein Leben eine einmalige Sache ist und daß ich nichts wiederholen kann, falls es schiefläuft. Und darum lerne ich gerne aus den Fehlern, die ich bei anderen sehe. Und mit zwanzig Kinder kriegen ist vielleicht biologisch richtig, aber für mich als Mensch - als Peter Steiner - der noch einige Jahre die Welt sehen möchte, ohne doppelsaugfähige Windeln im Koffer zu haben - für mich kommt das erst in einiger Zeit in Frage, und das - das - ich weiß auch nicht.
    Aber eines weiß ich - wenn sie mich in dieser Zeit einmal weinen gesehen hätte, dann hätte ich verloren gehabt!
    Ich sage »hätte« -
    Das - mein lieber Martin - ist nämlich eine ganz gemeine, hinterhältige Falle - der neue Mann - der sanfte, neue, zärtliche Mann, der auch mal weinen kann und nicht nur Muskeln hat - denn jede Frau weint, wie sie will, wo sie will und wann sie will, und jeder macht mit ihr, was er will - und daher weiß die Frau aus eigener Erfahrung, daß man Zweiter ist, wenn man sich Gefühle erlaubt, und keine Frau will ein Mann sein, der Zweiter ist. Einen Mann haben, der Zweiter ist, meine ich natürlich.
    Das ist so, das war so, und das wird immer so sein. Wer daran rütteln möchte, rüttelt an den Grundsätzen der Biologie und der ewigen Gesetze, die das Universum beherrschen. Und gegen das ewige Gesetz kommt keiner an - nicht einmal ich.
    Wie hätte ich ihr denn erklären sollen, daß ich Gefühle in mir habe, die über das hinausgehen, was ich sagen kann oder zeigen kann.
    Man darf einer Frau nicht zumuten, dem Mann gegenüber die Stärkere sein zu müssen - nur weil er einmal Lust hat, seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Ich hätte es gerne getan - aber eine Stimme hat mich stets davor gewarnt: »Das ist ein Löwe, der nur darauf wartet, daß du
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