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Butterbrot

Butterbrot

Titel: Butterbrot
Autoren: Gabriel Barylli
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stolperst«, hat es oft in mir gesagt, wenn sie so neben mir gelegen ist und geschlafen hat
    - »ein Löwe, der schnurrt, solange er satt ist - und satt ist er, solange du der Stärkere bist und der Sieger, derjenige, der die beste Beute bringt und die gesündesten Kinder macht und die anderen Hirsche zerstampft.« Mein Gott, ich wollte so oft sagen: »Lilly - ich bin es
    - ich bin es - ein Mensch wie du, und ich möchte mit dir reden - ich möchte wissen, wer du bist, und ich möchte dir sagen, wer ich bin, wenn ich einmal das Schwert und den Schild aus der Hand lege.«
    Ich habe es nicht getan - Martin - ich habe es nicht getan!
    Ich wollte oft nur meine Zeit haben mit mir und nicht immer neben ihr aufwachen und die Richtung fortsetzen, die wir begonnen haben zu gehen.
    Gott sei Dank gab es Perugia.
    Die Einkaufsfahrten dorthin wurden immer mehr zu einer Aqua-Lunge, mit der ich aus dem Korallenriff heraustauchen konnte -Susanna - Eluisa - Marianna.
    Da konnte ich mich gehenlassen, weil ich mich erst gar nicht hinsetzte - bis sie mir draufkam.
    Ab dem Tag war alles anders - alles, alles, alles - alles, alles, alles, alles!
    Es ist wie mit dem Osterhasen. Ab dem Tag, an dem man seinen Vater dabei beobachtet, wie er Schokoladeneier versteckt und hinterher scheinheilig fragt: »Ja, wo war denn der Osterhase?!« - Ab dem Moment ist eine gewisse Art von Lächeln nur mehr Theater und eine gewisse Art von Vertrauen für immer dahin. Sie hat nicht einmal geweint - sie hat mir nur das Foto von Eluisa und mir, das ich in meiner Anzugtasche vergessen hatte, auf die Kaffeetasse gelegt und ihren Toast gestrichen.
    Mein Gott, ich wollte das nicht - wirklich - ich wollte es nicht, aber - was soll ich tun, was soll ich tun, Martin - ich habe nicht einmal versucht, ihr zu erklären, daß ich - oder gar zu lügen - so ein Schwachsinn -lügen ist der größte Schwachsinn. Jede Frau hat Antennen für so etwas, das ist Instinkt und Vererbung -was das anbelangt, sind sie uns überlegen - von jeher
    - also wozu lügen. Vielleicht wäre das der Moment gewesen, mit ihr zu reden - die Wahrheit zu sagen - wer weiß - wer weiß - wie auch immer - jetzt bin ich ein freier Mann - Martin - verstehst du mich - ein freier Mann bin ich, ein freier Mann - ach mein Gott.
    Oh mein Gott!
     

Ist es weise, einer Frau alles zu sagen?!
    Ich meine - ist es weise, alles das zu sagen, von dem sie genaugenommen überhaupt keine Ahnung haben müßte und auch nie etwas ahnen würde? Wenn man so weise wäre, nicht alles zu sagen?
    Alles das, was für eine beglückende Zukunft in friedvoller Harmonie völlig unnötig und überflüssig ist und von dem sie folglich überhaupt nichts vermissen würde, wenn man es ihr nicht erzählt hätte - in einem irrationalen Anfall gefallsüchtiger Offenheit, der zur Fußangel der eigenen zukünftigen Geheimnisse werden kann?
    Warum habe ich ihr jetzt eine Stunde lang die Ehegeschichte des Schuhverkäufers Peter Steiner erzählt, und noch dazu mit einem Brustton der inneren Anteilnahme, als wäre sie meine Geschichte? Meine - die ja im Gegensatz zu Peter Steiners Schicksalsode eine absolut liebenswerte Beichte eines Hoffenden und Suchenden ist?
    »Du bist eben ein Idiot - Martin Sterneck«, seufzte mir einer der vielen bepelzten bocksfüßigen Wasserträger auf dem Weg zu den Mühlen meiner eigenen Unzulänglichkeit ins Ohr - »ein Idiot, der die Fahrkarte nach Venedig umsonst investiert haben wird -Ha ha ha ha ha ha ha ...«
    Achselzuckend wanderte der Abgesandte des geschlechtsspezifischen Realismus mit diesen Worten wieder aus dem Blickfeld meiner innersten Verzweiflung und ließ mich sorgenvoller zurück als einen überfüllten Lazaretthubschrauber bei der Flucht aus Saigon. »Alle Frauen wollen Zorro - aber mit der Seele eines Postbeamten«, munterte ich mich auf und konnte nur hoffen, daß sie einer Erzählung nur den Stellenwert gab, den sie verdiente.
    »Eine Erzählung ist eine Erzählung, und die Realität ist die Realität« - erkannte ich messerscharf, und die Tatsache, daß die Realität »Maria und Martin in Venedig« hieß, lockerte etwas den Würgegriff der Unbesonnenheit, der nach meinem Bericht über Peters Abenteuer im Dschungel der Gefühle um meine Kehle gelegen hatte.
    »Vielleicht ist es besser, etwas zu sagen, um die Spannung zu lösen« - schlug ich mir aufheiternd vor und sagte daher mit einem leichten Unterton, der voll war von schwebender Ironie: »Bon giorno Bambina« -Sie lächelte mich kurz an und
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