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Butterbrot

Butterbrot

Titel: Butterbrot
Autoren: Gabriel Barylli
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von der Tatsache, daß sie mich vielleicht schon seit einiger Zeit beobachtet hatte. »Vielleicht macht sie sich über mich lustig oder - vielleicht lacht sie, weil ich immer etwas benommen aussehe, wenn ich vor dieser Auslage stehe -oder ...« - ich mochte es nicht, so plötzlich angelacht zu werden, obwohl es ein wunderschönes Lächeln war, das muß ich schon sagen. Ich war etwas verlegen und wollte schon weitergehen, als sie auf einmal neben mir stand.
    »Little Big Horn ist nichts dagegen - was«, sagte sie, und ihr Lächeln wurde noch heller und meine Knie noch weicher -
    Das gibt es nicht - dachte ich mir - das gibt es einfach nicht - hier läuft ein Film, von dem ich noch keine Ankündigung gesehen habe - das ist Wahnsinn - das ist eine Zumutung - das ist nicht wahr. »Little Big Horn!«
    Ich weiß nicht - ich glaube, es gibt 2,9 oder 3,2 Milliarden Frauen auf der Welt - auf jeden Fall einige Millionen Frauen mehr, als es Männer gibt - und diese 3,2 Milliarden verteilen sich auf alle Kontinente und gehen den unterschiedlichsten Tätigkeiten nach, die sie mehr voneinander unterscheiden, als man denkt. Die einen bekommen Kinder, die anderen putzen Fische, wieder andere handeln mit Aktien - viele leben mit Männern, die sie lieben oder hassen oder einfach nur bekochen - alle denken an 3,2 Milliarden verschiedene Dinge in diesem Moment, und ausgerechnet hier steht eine von diesen 3,2 Milliarden neben mir und sagt: »Little Big Horn ist nichts dagegen - was!«
    Was sollte ich tun - ich sagte: »Ja - es ist nichts dagegen«, lächelte zurück und ging mit ihr in ein Kaffeehaus, um das Gespräch fortzusetzen.
    Das mit dem »Little Big Horn« war natürlich fast ein Zufall, weil sie zwei Tage zuvor den Film gesehen und sich die Szene eingeprägt hatte, in der Custer sterbend und schießend in die Knie geht und hundert Rothäute Staubwolken rund um ihn herum auftürmen.
    Gut - aber andererseits - was heißt schon »Zufall«. Sie hatte diesen Film gesehen - ich stand vor den Plastikreitern - sie sieht mich, denkt an Custer und muß lächeln - das ist doch mehr als Zufall - das ist - ja, was ist das eigentlich?!
    Das ist die Lebensfrage, die ich mir stelle und von der ich weiß, daß auch sie sich diese Frage stellt. Und darum haben wir beschlossen, nach Venedig zu fahren.
    Wir sind hierher gefahren, um dieser Frage nachzuspüren, was der Zufall bedeutet, was das Schicksal bedeutet, was eine Begegnung bedeuten kann, die in ihrer ersten Millionstelsekunde so eine Ausgangsposition erlebt.
    Vorsicht ist angebracht.
    »Vorsicht« meine ich - nicht Zaudern - nicht Ängstlichsein - nicht feige, bedeckt und abwartend sein -nein, ich meine: »Nachvornesehend« - vor-sichtig eben - so wie die alleinreitenden Späher der Sioux vor-sichtig sein mußten, um Gefahren schon am Horizont zu erahnen und den Stamm rechtzeitig warnen zu können.
    In diesem »Little Big Horn« lag beides - Sieg oder Niederlage - es kam nur darauf an, auf welcher Seite man stand.
    Ich war schon längere Zeit ohne eine Frau an meiner Seite durchs Leben gegangen, weil ich von diesen Wesen die Nase gestrichen voll hatte, und dementsprechend groß war meine Sehnsucht, wieder einmal glücklich zu sein.
    Ich meine, mit einer Frau glücklich zu sein - obwohl meine Freunde Peter Steiner und Stefan Kowalsky mir schriftlich versichern wollten, daß das auf diesem Planeten unmöglich sei - aus biologischen, sittlichen, ethischen und religiösen Gründen unmöglich - ausgeschlossen - unnatürlich.
    Gut - ich verstehe, daß Peter einen Koffer voll Ingrimm mit sich herumträgt und Stefan überhaupt in anderen Welten lebt, als Künstler. Aber ich - ich bin doch ein ganz normaler Mann und habe eben noch Sehnsüchte in mir, die ich nicht unter den Teppich der Resignation kehren wollte. So dumm war ich nicht, daß ich meine Situation mir selbst gegenüber maskierte.
    Ich war zwar ein Realist geworden und nicht mehr bereit, anders zu leben als auf diesem Planeten in diesem, meinem persönlichen Schicksal, aber wer nicht an Wunder glaubt, der ist eben kein Realist.
    Vielleicht war das dieses Wunder, das -Vorsicht!
    »Vorsicht«, sagten meine Späher zu mir - »das ist eine ganz wunderbare Möglichkeit zu einer wunderschönen Falle. Du wanderst allein durch die Welt, glücklich, zwei Freunde gefunden zu haben, mit denen du große Teile deines Lebens teilen kannst - aber eine große Ecke in deinem Zimmer ist nach wie vor leer, und seit Susanna hat sich da auch niemand
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