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Butenschön

Butenschön

Titel: Butenschön
Autoren: Marcus Imbisweiler
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hörte er auf zu lachen und fügte hinzu: »Das war aber keine Vorzugsbehandlung, nicht dass Sie das jetzt denken. Nur schneller ging es halt. Kleiner Dienstweg, würde ich diesbezüglich sagen.«
    »Was Süßes dazu?«, rief seine Frau von der Küchenzeile.
    »Danke, nein.«
    Deininger zwinkerte mir zu. »Sie ist einverstanden«, flüsterte er. »Dass wir Sie hinzuziehen, meine ich. Gut, was?«
    Ich musterte den Mann, der seine Frau Knödelchen nannte. Die Zufriedenheit, sie herumgekriegt zu haben, platzte ihm aus allen Knopflöchern. Aus denen einer Weste übrigens, die er über einem blassrosa Hemd trug. Anzug und Krawatte von gestern hatten Ausgang.
    »Keine Arbeit heute?«
    »Hab mir freigenommen. Wäre ja ein Ding, Evelyn in dieser Situation alleine zu lassen. Mein Chef hat diesbezüglich vollstes Verständnis, wegen dem könnte ich auch morgen noch zuhause bleiben. Mal sehen.«
    Seine Frau kam mit dem Cappuccino. Sie setzte sich auf das Sofa und schlug die Beine übereinander. Ihre Brauen waren schmal und blass, auf ihrer Stirn hielt sich hartnäckig eine Falte.
    »Wie geht es Ihnen?«, fragte ich.
    »Gut, danke.«
    »Nicht von Bränden geträumt?«
    »Ich bin doch kein Kind mehr.« Sie warf ihrem Mann einen trotzigen Blick zu. »Dass mein Computer futsch ist und ein Teil meiner Unterlagen, ärgert mich natürlich. Aber um den Schlaf hat mich dieses Feuerchen nicht gebracht.«
    »Feuerchen? Schwere Brandstiftung trifft es wohl eher. Es war ein Anschlag.«
    »Auf ein offensichtlich leeres Büro.«
    »Das kann Zufall gewesen sein, auch wenn Sie …«
    »Unsinn!«, unterbrach sie mich. »Mit mir und meiner Arbeit hat dieser Vorfall nichts zu tun, lassen Sie sich von Michael nichts einreden. Da wollte jemand blindwütig Zerstörung anrichten, egal wo. Mein Büro liegt im Erdgeschoss, und es geht nach hinten raus   –   ideal, wenn man türmen möchte.«
    Deininger hob lächelnd die Schultern. Das sollte wohl eine Art Entschuldigung sein: Seien Sie nachsichtig, Herr Koller, mein Knödelchen will es einfach nicht einsehen.
    Ich probierte den Cappuccino. Er war heiß, ja. Und er wurde in einem Becher mit »Cappuccino«-Aufschrift serviert. Sonst konnte man nichts Positives über ihn sagen. Der Beutel, durch den die Maschine ihr Wasser gepresst hatte, enthielt einen Mix aus H-Milchflocken und Kunstschäumer und Kakaostaub, der immer oben schwamm. Sparkassengesöff, lästerte es in mir.
    »Sie glauben also nicht«, sagte ich, »dass es sich um einen gezielten Brandanschlag handelt? Um Sabotage Ihrer Arbeit?«
    »Nein!« Knödelchens rechte Hand lag, zur Faust geballt, auf ihrem Oberschenkel. Die Härte ihrer Gesichtszüge stand in krassem Gegensatz zur Bärengemütlichkeit ihres Mannes. Dass diese beiden zueinandergefunden hatten, war auch so ein Klamauk der Natur. Hatte er sie einst bezirzt, als sie bei ihm ein Girokonto eröffnen wollte?
    »Tja«, ließ sich Deininger vernehmen, mit so langem A, dass es sämtliche Zacken und Kanten unseres Dialogs einebnete. »Glauben allein hilft in diesem Fall nicht weiter. Wir hätten gerne Klarheit, und deshalb möchten wir Sie engagieren, Herr Koller.«
    »Wenn das Feuer nicht Ihnen galt«, wandte ich mich wieder an seine Frau, »wem dann? Und wer könnte dahinterstecken?«
    »Keine Ahnung. Auf dem Campus laufen genug Spinner rum. Denken Sie nur an die Studentenproteste seit Semesterbeginn. Die Stimmung ist inzwischen dermaßen aufgeheizt, da kann ich mir gut vorstellen, dass einer mal ein Fanal setzen wollte.«
    »Ein Student?«, schüttelte Deininger den Kopf. »Ich bitte dich, Evelyn! Studenten nehmen vielleicht den Mund ein bisschen voll und demonstrieren gerne, aber gleich ein Brandanschlag …«
    »Das kannst du nicht beurteilen, Michael!«, schnitt sie ihm das Wort ab. »Du kennst überhaupt keine Studenten. Außerdem weißt du nichts von dem Wohnheim, in dem vor ein paar Wochen randaliert wurde. Da lief eine Protestparty völlig aus dem Ruder.«
    »Eine Party, gut, das kann ich mir vorstellen …«
    »Schau dirs an! Im ganzen Haus Graffiti: Rache für die Studiengebühren.«
    »Graffiti, ja.«
    »Einen Moment, bitte«, schaltete ich mich ein. »Lassen wir mal dahingestellt, wie überzeugend so eine Erklärung ist. Darum geht es jetzt nicht. Sammeln wir erst einmal. Sie, Frau Deininger, sind also der Meinung, der Feuerteufel habe nicht speziell Sie und Ihr Büro treffen wollen, sondern irgendein Gebäude am Rande des Campus. Richtig?«
    Sie nickte.
    »Gibt es dafür
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