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Butenschön

Butenschön

Titel: Butenschön
Autoren: Marcus Imbisweiler
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Hose.« Er seufzte. »Jetzt fragen Sie sich bestimmt, warum ich Sie engagiert habe. Das hatte ich mir vorher zurechtgelegt. Ihre Telefonnummer hatte ich dabei. Wissen Sie, die Gefahr war groß, dass Evelyn den Brand mit mir in Verbindung bringen würde, nachdem ich sie beschworen hatte, die Promotion rasch abzuschließen. Also musste ich so tun, als sei ich selbst am meisten über den Anschlag entsetzt. Und es war natürlich bequem, den Verdacht auf Butenschön zu lenken.«
    »Kleine Rache dafür, dass er nicht auf Ihre anonyme Mail reagiert hatte?«
    »Nein, ich wollte, dass Sie vor allem dieser Spur nachgingen. Es würde ja nichts dabei herauskommen. Ich musste nur einen geeigneten Zeitpunkt erwischen, um das Engagement zu beenden.«
    »Das ist Ihnen nur im Ansatz gelungen. Sie hätten mir nichts von Schnakenbach erzählen sollen.«
    »Ist doch schön dort, oder?«, lächelte er schief. »Aber sagen Sie: Wenn Sie mich in Verdacht hatten, warum sind Sie nicht zur Polizei gegangen?«
    »Genau deshalb: weil es nur ein Verdacht war. Und wegen Butenschön.«
    »Wieso wegen dem?«
    »Schwer zu erklären. Nach dem Festakt hatte ich ein längeres Gespräch mit dem alten Herrn. Über seine Verstrickungen in Naziverbrechen. Hinterher war ich so schlau wie vorher. Ich weiß nicht, was genau Butenschön damals angestellt hat. Vielleicht weiß er es selbst nicht mehr. Er war dabei, als in unserem Land Millionen umgebracht wurden, und irgendetwas von dieser riesenhaften Schuld ist an ihm haften geblieben. Wie eine Staubwolke, die vorüberzieht und jedes Gesicht grau färbt. Fragt sich nur, wer sie aufgewirbelt hat. Butenschön? Von einem wie ihm hätte man erwarten dürfen, dass er irgendwann Rechenschaft ablegt. Aber er hat es vorgezogen zu schweigen. Da ist immer noch Staub auf seinem Gesicht. Und er gehört ja zu den harmloseren Fällen. Seine Berliner Kollegen, die mit den Organen aus Auschwitz, durften fröhlich weiterpraktizieren. Mengele ließ sich in Südamerika die Sonne auf den Bauch scheinen. Was haben Sie angestellt, Herr Deininger? Eine Scheibe zerdeppert, die Inneneinrichtung eines Büros beschädigt. Dafür mussten Sie einen Ermittler beauftragen, der Ihnen nicht nur ordentlich Kohle abknöpfte, sondern auch noch auf die Schliche kam. Das ist Strafe genug. Was Sie allerdings Ihrer Frau damit angetan haben, kann ich nicht beurteilen. Das müssen Sie mit ihr ausmachen. Immerhin, Sie haben es ihr gestanden. Wie hat sie reagiert?«
    Bärchen Deininger kratzte sich am Kopf. »Schön wars nicht. Erst wollte sie ausziehen, jetzt wartet sie noch ab. Wir machen eine Paartherapie. Das bringt was, wirklich, da wird richtig gearbeitet.«
    Eine Therapie also. Bei einem meiner ehemaligen Kommilitonen vermutlich. Die Uni hatte auf alles eine Antwort. Nur nicht darauf, ob man einen Banker aus Schnakenbach bei der Polizei verpetzen sollte. Das wahre Leben spielte sich außerhalb der Hörsäle ab. Susanne Rabe hatte es kapiert, Butenschön eher nicht. Vielleicht sollte ich Christine überreden, mit mir eine Paartherapie zu machen. Nur um dem Klugscheißer auf der anderen Seite des Schreibtischs mal zu verklickern, wie es wirklich zuging in der Welt. Um ihn so richtig gegen die Wand fahren zu lassen, den diplomierten Seelenklempner. Die konnten alle noch was von mir lernen, diesbezüglich!
    Ich stand auf und streckte dem Banker die Hand hin. »Machen Sie’s gut, Herr Deininger. Und danke für den Auftrag.«
    Das junge Ding im Verkaufsraum der Bäckerei strahlte mich an. »Alles zusammen? 14 Euro 80.«
    Ich strahlte zurück. Verdammt noch mal, Leute, ich schwöre euch, sie hatte zwei verschiedenfarbige Augen: ein braunes und ein blaues.

     

     
    E N D E

     

     

    Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012

Nachwort

    Sämtliche Figuren und Handlungen dieses Romans sind, wie es sich gehört, frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind nicht beabsichtigt und wären rein zufällig   –   mit einer Ausnahme. Für die Figur des Albert Butenschön existiert ein reales Vorbild: ein deutscher Chemie-Nobelpreisträger, der vor 15 Jahren hochbetagt starb. Butenschöns Biografie lehnt sich bis in Einzelheiten an das Leben dieses Mannes an: von seiner beispiellosen beruflichen Karriere über die Frage nach seiner Rolle im Dritten Reich bis hin zu den verschollenen Geheimakten aus der Kriegszeit. Erst mit dem Eintritt in die Gegenwart verlässt meine Geschichte den Boden des historisch
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