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Butenschön

Butenschön

Titel: Butenschön
Autoren: Marcus Imbisweiler
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Halbstarke. Und dann landeten wir hinterm Bahnhof in einem dieser Schuppen, Sie wissen ja, wie es ist. Kneifen verboten! Aber dass ich ausgerechnet mit der Romana   …   Zu der Zeit war die noch keine Edelhure, Gott bewahre. Deshalb habe ich sie auch nicht wiedererkannt und vor allem sie mich nicht. Wenn ich nicht den Bierdeckel von damals aufgehoben hätte, mit ihrem Namen drauf …« Er schlürfte seinen Kaffee und schüttelte den Kopf über so viele Zufälle.
    »Hübsche Geschichte.«
    »Aber wie gesagt, nur unter uns.«
    »Apropos Bier, Herr Deininger.«
    Er sah mich fragend an. »Ja?«
    »Wann beichten Sie Ihrer Frau, wer den Brand gelegt hat?«
    Fast wäre ihm die Tasse aus der Hand geglitten. Er sah Richtung Toilette, anschließend zu mir, hielt meinem Blick aber nicht stand. »Wieso   …   wieso beichten?«, stotterte er, blass geworden.
    »Sie sollten es tun«, sagte ich. »Diesbezüglich.«
    Er räusperte sich. Mehrmals. Keine Chance, der Frosch blieb im Hals. »Seit wann wissen Sie es? Und woher?«
    »Ehrlich gesagt, weiß ich es gar nicht. Wenn man keine Beweise hat, kann man bloß Vermutungen anstellen. Je mehr ich allerdings über den Fall nachdenke, desto plausibler scheint es mir, dass Sie das Feuer gelegt haben.« Ich schlug die Beine übereinander. »Und nach Ihrer jetzigen Reaktion bin ich sogar überzeugt davon.«
    Deininger starrte auf die Tasse, die er zitternd abgesetzt hatte. Er war wirklich verdammt blass, seine Zunge fuhr nervös über die Lippen. »Und damals? Im November, meine ich. Was dachten Sie da?«
    »Ich hatte so eine Ahnung, dass Sie es gewesen sein könnten. Eine Ahnung, aber kein Interesse, Beweise zu finden. Das finden Sie vielleicht seltsam. Ich übrigens auch. Aber irgendwie passt es. Was den Rest des Falles angeht, tappen wir ja genauso im Dunkeln. Man wird nie erfahren, welche Prominenten sich bei der wilden Romana ausgelebt haben, und Albert Butenschön hat seine Geheimnisse ebenfalls ins Grab mitgenommen. Vielleicht muss man nicht alles wissen, alles ergründen und beweisen.« Ich grinste. »Na los, nennen Sie mich schon einen Philosophen! Das könnte doch glatt tiefsinnig sein, was ich da von mir gebe.«
    »Aber wie kamen Sie drauf?«, beharrte er. »Wenn Sie überhaupt keine Beweise hatten?«
    »Ich hatte Indizien. Zum Beispiel Koschaks Adresse in den Unterlagen der Butenschöns. Wer war der Informant? Es gab genau vier Verdächtige, und Sie waren einer davon. Dann die Bierflasche aus dem Kraichgau, die das Benzin enthielt. Viele trinken Dachsenfranz, unter anderem Ihr Kumpel Dieter aus Schnakenbach. Bei dem Sie zwei Tage vor dem Brand einen becherten. Zufall? Am Montag nach der Kerwe fuhr ich noch einmal hin und versprach dem Besitzer des Getränkemarkts in der Ortsmitte 50 Euro. Er sollte mich anrufen, sobald ein Kunde mit einem unvollständigen Kasten Dachsenfranz käme. Ende der Woche war es so weit: Dieter gab zwei Kästen zurück, und in dem einen fehlte eine Flasche. Immer noch Zufall?«
    »Also wollten Sie es doch: Beweise finden.«
    »Eine fehlende Flasche ist kein Beweis. Nebenbei überlegte ich mir, was Sie für ein Motiv gehabt haben könnten, die Butenschöns über Koschak in Kenntnis zu setzen und am Ende sogar den Brand zu legen. Und da merkte ich plötzlich, dass es viele kleine Indizien gab, die in eine und dieselbe Richtung wiesen: Sie wollten nicht, dass Evelyn ihre Dissertation beendet. Ihre Hoffnung …«
    »Sie kommt«, unterbrach er mich leise.
    Ich brach ab. Evelyn Deininger nahm wieder neben uns Platz, wartete auf die Fortsetzung unseres Gesprächs und schaute fragend, als wir beide schwiegen. Ihr Mann holte tief Luft. Er war immer noch blass, aber seine Stimme klang fest, als er sagte: »Er weiß es. Irgendwie ist er draufgekommen, dass ich den Brand gelegt habe.«
    Erneut herrschte Stille. Knödelchen griff langsam nach ihrer Tasse, pustete hinein und nahm einen kleinen Schluck. Draußen fuhr eine Straßenbahn vorbei. In regelmäßigen Abständen öffnete sich die Tür des Verkaufsraums, Passanten traten ein, um Brötchen oder Gebäck zu kaufen. Eine Gruppe Schulkinder räumte das Regal mit Capri-Sonne leer.
    »Wann?«, fragte Evelyn Deininger schließlich.
    »Wann ich draufgekommen bin?«, gab ich zurück. »Kann ich nicht sagen. Nach und nach. Als Ihr Mann den Auftrag für beendet erklärte, dachte ich zunächst, es geschehe auf Ihren Wunsch. Aber dann hörte ich von der fehlenden Flasche Dachsenfranz und überlegte mir, ob nicht auch
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