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Burke 3 - Bluebelle

Burke 3 - Bluebelle

Titel: Burke 3 - Bluebelle
Autoren: Andrew Vachss
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Flinte hätte treffen können. Falls man eine Flinte hatte. Sterben in vielerlei Gestalt. Einige schrien, einige liefen davon. Keiner gewann. Überall im Dschungel sah ich Kids wie Abfall rumliegen, die Gesichter bereits tot, abwartend. Ich hatte eine 9mm-Pistole mit noch drei Schuß im Magazin, eine halbe Schachtel Zigaretten, eine Tasche voll Diamanten und fast hundert Riesen in Schweizer Franken. Einen Sack voller Biafra-Pfund ließ ich im Dschungel zurück. Zirka eine Million wert, falls Biafra den Krieg gewann. Es sah nicht danach aus, und einen Sack voller Geld aus einem geschlagenen Land zu schaffen, während man um sein Leben läuft, ist genau das, was man unter »totem Gewicht« versteht. Ich hab’s nicht mal vergraben – ich hatte nicht vor wiederzukommen.
    Noch ein großes Los, das sich in Nichts aufgelöst hatte. Das Gewehrfeuer brach ab, und im Dschungel wurde es totenstill. Warten. Rechts von mir rannte eine junge Frau, ein Paar zerschlissene Männershorts am Leib, die ihr zu groß waren, jeder Atemzug ein Stöhnen. Ich hörte von irgendwoher ein Grunzen und schmiß mich zu Boden, die Pistole schußbereit. Ein verwundeter Soldat?
    Wenn er ein Gewehr hätte, könnte ich vielleicht einen Handel mit ihm machen. Es war ein kleiner Junge, zirka drei Jahre alt, ein winziger Kopf auf einem streichholzdürren Körper, der Bauch bereits angeschwollen, nackt. Allein. Jenseits aller Schrecken. Die Frau kam nicht mal außer Tritt; sie lud sich den Kleinen im Laufen auf, schob ihn hoch zu ihrem Hals und hielt ihn mit einer Hand fest.
    Falls sie es schaffte, hatte der Kleine eine neue Mutter.
    Genau das hatte Michelle mit Terry getan.
    Ich parkte ein paar Straßen weit weg. Wortlos liefen Terry und ich rüber zu Lilys Laden. Der Schwarze am Empfang hatte eine Hornbrille auf und las ein dickes Buch.
    »Hey, Terry!«
    »Hey, Sidney!« grüßte ihn der Bengel. »Sidney studiert Jura«, sagte er mir.
    Irgendwie glaubte ich nicht, daß Sidney irgendwann einmal auf dem Rücksitz einer Limousine Geschäfte mit Kerlen wie mir aushandeln würde. »Is das dein Vater?« fragte er Terry. »Der, der dir all das elektronische Zeug beibringt?«
    Das brachte den Bengel schier aus dem Häuschen. »Burke?« Das Denken stammte vom Maulwurf, aber das Lachen war von Michelle. Es sind nicht bloß die Chromosomen, die das Blut ausmachen.
    Sidney winkte uns durch. Wir gingen über einen langen Korridor zu den Büros nach hinten. Die rechte Wand war völlig verglast. Auf der anderen Seite rannten, hüpften und schrien sich Kinder gruppenweise die Lunge aus dem Leib. Alles vertreten, von Kampfsportkursen in der einen Ecke bis zu einem närrischen Spiel, bei dem die Kids alles dransetzten, um über einen Haufen Kissen zu hechten. Nichts Außergewöhnliches.
    Immaculata stürmte aus einem der hinteren Büros, das glänzende Haar offen, ein Klemmbrett in der einen Hand.
    »Lily!« brüllte sie.
    »Wir sind alle hier hinten«, tönte eine Stimme zurück.
    Immaculata sah uns und wirbelte mit einer anmutigen Drehung herum; ihre langen Nägel trafen sich, als sie die Hände in Taillenhöhe faltete. Höflich verbeugte sie sich vor uns.
    »Burke. Terry.«
    »Mac.« Ich verbeugte mich meinerseits.
    Auch Terry versuchte sich zu verbeugen, aber er war zu aufgeregt, um es hinzukriegen. »Ist Max da?«
    »Max hat zu tun, Liebes.«
    »Aber er kommt doch? Vielleicht später?«
    Immaculatas Augen leuchteten auf, als sie lächelte. »Wer weiß?«
    »Max ist der stärkste Mann auf der Welt!« sagte der Bengel, ohne einen Widerspruch zu dulden.
    Immaculata verbeugte sich erneut. »Ist Stärke so wichtig? Erinnerst du dich, was man dich gelehrt hat?«
    »Ja. Charakterstärke. Geistige Stärke.«
    »Sehr gut«, verkündete die wunderschöne Frau, beugte sich nach vorn und gab Terry einen Kuß. »Und demnach ... ist Michelle stark?«
    »Sie ist so tapfer.«
    »Und der Maulwurf?«
    »Michelle sagt, er ist der cleverste Mann auf der Welt. Genau das sagt sie.«
    »Und Burke?«
    Der Bengel wirkte zweifelnd, wartete.
    »Ist Burke nicht so stark wie Max?«
    Der Bengel schüttelte den Kopf.
    »Oder so tapfer wie Michelle? So clever wie der Maulwurf?«
    »Nein ...«, sagte Terry, um rechte Worte bemüht.
    »Und wie überlebt er?«
    Der Bengel wußte alles übers Überleben. »Er hat auch seine Stärken, richtig?«
    »Richtig!« sagte Immaculata und gab ihm einen weiteren Kuß.
    Der Bengel war im siebten Himmel. Mag sein, daß er nie eine Schule von innen sehen würde, es
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