Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Burke 3 - Bluebelle

Burke 3 - Bluebelle

Titel: Burke 3 - Bluebelle
Autoren: Andrew Vachss
Vom Netzwerk:
Hauch Realismus in ihr Leben. Die neuen Besatzer aber gehörten zu der Sorte, denen beinahe einer abgeht, wenn man ihnen »InvestmentBanking« zuflüstert, und sie scherten sich nicht sonderlich ums Lokalkolorit. Türschloßmacher schwimmen auf der höchsten Woge einer Wachstumsindustrie.
    Der Eingang zum Superior Hotel war um die Ecke, an der Chambers Street, und die Räume erstreckten sich ohne Ausnahme entlang dem West Broadway. Meines, mit Blick auf den Park, war im obersten Geschoß. Für fünfundsiebzig Kröten die Woche kriegte ich ein wackeliges Einzelbett mit Eisenrahmen, einen verlotterten alten Schaukelstuhl, abgenutzt bis auf die Baumwollpolsterung der Armlehnen, und einen an der Wand stehenden Metallschrank. Das Zimmer war mit irgendeinem farbneutralen Zeug gestrichen, dem eine üppige Dosis Desinfektionsmittel beigemischt war. Ein schweres Stück plastikummantelter Kette, am einen Ende mit U-Bolzen im Boden verankert, klemmte an der Wand. Das andere Ende war lose, nirgendwo angeschlossen, geduldig wartend. Den wahlweisen Fernseher für nur zwei Kröten pro Tag hatte ich seinlassen.
    Jemand, der nie in einer gewohnt hat, könnte sagen, das Zimmer sehe aus wie eine Gefängniszelle. Es stimmte nicht mal annähernd.
    Kurz vor ein Uhr nachmittags. Vor meiner dritten Stunde auf Beobachtungsposten änderte ich meine Stellung im Sessel, suchte die Straße mit meinem Weitwinkelfeldstecher ab, beobachtete den um den Mittelsmann wogenden Menschenstrom. Eine junge Frau mit ihrem Freund bummelte vorbei. Ihr Haar, in vier unterschiedlichen Farben getönt, stand steif wie Nadeln vom Kopf ab und pikte jedesmal, wenn sie den Kopf bewegte, in die Luft. Die Hand hatte sie in der hinteren Jeanstasche ihres Freundes. Er schaute wortlos gradeaus. Ein Radfahrer rollte zu einem an der Ecke geparkten, tabakfarbenen Mercedes. Das Autofenster glitt runter, und der Radfahrer steckte Kopf und Hände rein. Er blieb nicht lange. Der Mercedes und der Radfahrer gingen getrennter Wege. Eine junge Frau, in etwa so alt wie die mit den gespornten Haaren, tappte mit geschäftsmäßig hohem Absatz ungeduldig auf den Randstein.
    Sie hielt eine Ledertasche, die sich wie ein Geldbeutel aufklappen ließ, und trug einen nadelgestreiften Rock samt Jacke zu einer weißen Bluse mit einer dunkelroten Schleife als Schlips. Schlucker räkelten sich in der Sonne, fläzten auf den Bänken – Passagiere auf einem Kreuzfahrtschiff im ewigen Trockendock. Eine Dieseltante kreuzte die Szene, den Arm um den Hals eines schlaksigen, langhaarigen Mädchens geschlungen, den Bizeps angespannt, um eine kesse Tätowierung zur Schau zu stellen. Ich war zu weit weg, um sie lesen zu können, aber ich wußte, was sie besagte: Hart bis zum Gehtnichtmehr.
    Noch immer keine Spur vom Zielobjekt. Ich war ihm drei Wochen lang ununterbrochen gefolgt, hatte jeden Schritt seiner Mittagspausenroute erfaßt. Der Kalligraph auf der Plane mußte der Mittelsmann sein – ihm galt der einzige Halt, den das Zielobjekt immer einlegte. Sachte ließ ich den Kopf auf dem Hals kreisen, lockerte die Verspannung, behielt aber die Straße im Blick. Im Schatten meines Zimmers unsichtbar, zündete ich mir eine weitere Zigarette an, schirmte das Streichholz ab, damit keiner die Flamme sah, und machte mich wieder ans Warten. Darin bin ich am besten.
    Ich arbeitete in einem trostlosen Hotel, doch den Job hatte ich auf dem Rücksitz einer Limousine gekriegt. Der Kunde war ein Wall-Street-Anwalt. Er verkörperte die Rolle perfekt, hatte aber noch nicht genug Kilometer auf dem Tacho, um es so wirken zu lassen, als wäre es was Alltägliches für ihn, in einem Hunderttausend-Dollar-Taxi zu sitzen.
    »Das hat ja eine ganze Weile gedauert, bis Sie sich bei mir meldeten, Mr. Burke«, sagte er, um einen Tonfall bemüht, der mir klarmachen sollte, daß er nicht der Mann war, der für gewöhnlich auf etwas, das er wollte, wartete. »Ich bat gestern morgen um Rückruf.«
    Ich sagte gar nichts. Ich steh nicht im Telefonbuch. Erst muß man selber ein Telefon haben, bevor man sich dafür qualifiziert.
    Der Anwalt hatte bei einem der Münztelefone hinten in Mama Wongs Restaurant angerufen. Mama meldet sich immer auf dieselbe Weise: »Mr. Burke nich hier, okay?« Wenn der Anrufer sonst noch was sagt, weitere Fragen stellt, was auch immer – betet Mama bloß dieselbe Leier runter. Sagt sie es oft genug, kapiert der Anrufer die Kunde: Wenn dir das nicht paßt, dein Pech.
    Der Anwalt probierte es mit einem weiteren
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher