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Burke 2 - Strega

Burke 2 - Strega

Titel: Burke 2 - Strega
Autoren: Andrew Vachss
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Ferngespräche. Ich steckte ein Blechstück ins Münztelefon – ein weiteres Klicken schallte zurück.
    »Yeah?«
    »Burke hier. Sag deinem Boß, ich will ihn heute nacht in der dritten Schicht treffen.«
    »Ich hab kein’ Boß, mein Bester. Sie ham die falsche Nummer«, sagte er und haute auf die Gabel. Dieser Tage macht die SoKo alle Italiener nervös.
    Die »dritte Schicht« heißt zwischen elf in der Nacht und sieben Uhr morgens, just wie im Gefängnis. Wenn du sitzt, lernst du, daß jede Schicht ihre eigene Persönlichkeit hat. In der ersten Schicht zeigt sich der Kahn von seiner besten Seite; das ist, wenn Besucher reindürfen, und es ist die einzige Zeit, in der der Bewährungsausschuß vorbeischaut. Auch die Therapeutenwichser und Anwälte und religiösen Spinner machen alle ihre Aufwartung in der ersten Schicht.
    In der zweiten Schicht bereinigst du deine sämtlichen Dispute, so sie dir am Herzen liegen. Gefängniskämpfe dauern nur ein paar Sekunden – jemand stirbt, und jemand geht weg. Falls der Kerl, den du abstichst, lebt, hat er das Recht zum Rückkampf. Und es ist die dritte Schicht, in der du aus dem Hotel auscheckst, falls du das Zimmer nicht mehr ausstehen kannst – das ist die Zeit, wo sich die Jungschen in ihren Zellen aufhängen. Im Gefängnis ist’s wie in der freien Welt: Bockmist, Gewalt und Tod – nur daß sie im Gefängnis näher beieinander liegen.
    Vielleicht kommt man niemals wirklich aus dem Gefängnis raus. Ich habe keine Gitter an meinen Hinterfenstern – die Feuerleiter ist schon vor Jahren weggerostet, mit Ausnahme der Treppe auf das Dach –, und Pansy war bereit, mit jedem, der aufkreuzen mochte, über das Ethos des Einbrechens und unerlaubten Betretens zu disputieren – aber ein weiterer Tag brach an, und mein einziges Ziel war, ihn durchzustehen.
    Hinter Gittern lassen sie dir nicht viel. Deswegen schätzen die Bodybuilder ihre Maße mehr als jedes Fotomodell. Du kannst dafür sterben, daß du auf dem kleinen Stück Hof eines anderen Mannes rumtrampelst – oder auf seinem Namen. Du hältst entweder allem stand, was sie mit dir treiben, oder du gehst zu Boden – so einfach ist das.
    Und wenn du im Gefängnis zu Boden gehst, bleibst du am Boden.
    Der Rotschopf war eine Braut mit Rückgrat. Sie mochte die Nummer im Park nicht machen, aber für ihr Kind zog sie sie durch.
    Sie tat das Richtige – das machte auch das, was ich tat, richtig. Ich würde sie nie wieder sehen. Ich wollte nicht – die ganze Sache ließ mich an Flood denken.
    Bis mir Flood über den Weg lief, betrieb ich das Überleben wie eine Wissenschaft. Wie der Rotschopf hatte sie eine Sache zu regeln, und ich wurde reingezogen. Sie übernahm ihren Teil an der Last und trug sie bis zum bitteren Ende.
    Flood war ein vom Staat großgezogenes Kind wie ich. »Ich bin für dich, Burke«, erklärte sie mir, just bevor sie zurück in eine andere Welt ging. Ich war okay, bevor ich sie traf – ich wußte, was ich zu tun hatte, und ich tat es. Man vermißt nicht, was man nie hatte. Aber seit Flood treibt sich der Schmerz in mir herum wie ein Schmetterling. Wenn er sich hinsetzt, muß ich etwas tun, um zu vergessen. Ein Stück von dem Song, den Bones spätnachts immer in seiner Zelle sang, kam mir in den Sinn: Ich wünsch, ich hätt ’nen Dollar, Ich wünsch, ich wär gescheit.
    Ich wünsch, ich hätt ’ne Frau hier, Doch ich hab nichts als Zeit.
    »Hochsicherheits-Blues« nannte er ihn. Bones war nicht an den Großstadtknast gewöhnt. Er hatte die meiste Zeit drunten in Mississippi gesessen, auf der Parchman Farm, einem Fünfzehntausend-Hektar-Gefängnis ohne Mauern. Sie brauchten keine Mauern – ein Mann kann nicht schneller laufen als eine Kugel. Bones sagte, er kriegte seinen Namen Jahre zuvor, als er die Würfelszene abgraste, aber wir nannten ihn so, weil das alles war, was es von ihm gab – er war zirka hundert Jahre alt und dünn und spitz wie ein Eisstichel. Bones machte seine Sachen auf die alte Art – mit seiner schweren Südstaatenstimme war er so ehrfürchtig zu den Wächtern, daß sie nicht zuhörten, was er wirklich sagte.
    Auch einer der jungen Schwarzen aus der Stadt hörte nicht gut zu. Bones saß auf einer Kiste in einem der neutralen Reviere auf dem großen Hof, spielte seine zerschrammte Sechsseitige und sang seine Songs. Der junge Spund kam mit seinen Jungs hin, alle in ihren Heimnach-Afrika-Farben gekleidet, »politische Häftlinge« einer wie der andere. Ich wußte nicht, daß es eine
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