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Bullet Boys

Bullet Boys

Titel: Bullet Boys
Autoren: Ally Kennen
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erschöpft und überhitzt. Der Fluss war genau der richtige Ort für ihn. Er musste von seinen Kameraden getrennt worden sein. Im Moor verlor man sehr leicht die Orientierung, besonders wenn man dehydriert war, und nach der morgendlichen Tortur in dem Rohr war dieser Junge wahrscheinlich ohnehin mit den Nerven am Ende. Er nahm seinen Helm ab und fuhr sich mit den Fingern durchs blonde Haar. Als er die Arme hob, wehte ein übler Geruch zu Alex rüber und auf dem Handgelenk kam ein tätowierter Dolch zum Vorschein. Der Mann beugte sich zum Wasser runter und spritzte sich immer wieder das Gesicht nass, das Wasser lief ihm über Nacken und Schultern und über die Brust. Tarnfarbe und Schlamm tropften ihm von den Fingern. Der Soldat schüttelte sich und schrubbte sich das Gesicht. Er schniefte erneut. Alex wartete ab. Der Soldat nahm einen Kompass aus der Tasche, doch als er ihn aufklappte, rutschte er ihm aus der Hand und fiel in den Fluss. Der Mann fluchte und warf seinenRucksack von sich. Er fischte den Kompass aus dem Wasser, setzte sich auf den flachen Stein und schniefte. Dann tauchte er seinen Helm ins Wasser und spülte die Tarnung ab. Blätter, Ranken und Farnkraut schwammen den Fluss hinab.
    Der Soldat blickte sich um, als nähme er seine Umgebung erst jetzt wahr. Dann erstarrte er. Irritiert folgte Alex seinem Blick.
    Im hellen Sonnenschein lag der Beutel mit der Krähe.
    Der Soldat stand vorsichtig auf und blickte sich gründlich und langsam um, so wie es ihm beigebracht worden war. Alex schauderte es. Von diesem Blick wollte er nicht eingefangen werden. Durch den Efeuvorhang betrachtete er das Gesicht des Jungen. Er hatte ein langes Kinn und Glupschaugen. Seine Hände waren sonnenverbrannt und dreckverschmiert und am Ellbogen klaffte eine Schnittwunde.
    Der Soldat angelte mit dem feuchten Kolben seines Gewehres nach dem Beutel, hob ihn hoch und zog ihn zu sich heran. Als er sah, was drin war, ließ er ihn fallen und die Krähe fiel heraus.
    Eine tote Krähe war natürlich nicht das ideale Geschenk für einen Angehörigen der Armee Ihrer Majestät und dazu war der Vogel noch warm. Der Gesichtsausdruck des Soldaten veränderte sich, er weinte nicht mehr, war nicht mehr verzweifelt, sondern jetzt guckte er genauso bösartig wie diese finstere alte Krähe.
    »Wo steckst du?«, knurrte der Soldat mit vor Bosheit triefender Stimme.
    Alex biss sich auf die Wangen und rührte sich nicht. Unter diesen Umständen würde er keine Hilfe mehr anbieten.
    »Komm raus!«, brüllte der Soldat.

DAS 8. BATAILLON:
DIE BLUTHUNDE
    Zwei Schüsse knallten durchs Tal. Der Soldat fluchte. Weitere Schüsse folgten. Schimpfend und hustend griff er nach Helm und Rucksack und stolperte durchs Wasser zum Ufer, krabbelte hoch und schob sich durchs Gestrüpp. Alex blickte ihm nach, bis er nur noch eine Silhouette war, die sich taumelnd durch Heidekraut und über Felsgestein hinauf zur Kuppe des Hügels bewegte. Alex kam hinter dem Efeuvorhang hervor. Er vermutete, dass die Schüsse eine Art Code der Armee waren. Alex wollte nicht mehr länger bleiben, er schnappte sich den Beutel mit der Krähe und machte sich auf den Heimweg. Doch da entdeckte er etwas zwischen den Pflanzen am Ufer.
    Der Soldat hatte sein Gewehr liegen gelassen! Er musste völlig den Verstand verloren haben. Das war doch etwas, was einem von der Armee auf überhaupt gar keinen Fall passieren durfte. Was für ein Soldat war der nur? Alex starrte auf die Waffe. Ein Heckler & Koch-Sturmgewehr. Das würde eine saftige Strafe geben. Alex zog an seiner Lippe. Auf der anderen Seite des Flusses gab es einen Fußweg. Da gingen Leute lang. Wenn der Soldat das Gewehr nicht holte, würde es bald jemand finden. Aber das durfte nichtsein, dass einfach irgendjemand ein Gewehr fand. Für ein Gewehr brauchte man einen Waffenschein und ein Gewehr musste sicher aufbewahrt werden. Wenn nun ein Kind es fand?
    Aber wenn Alex es mitnahm und abgab, dann würde der Soldat wissen, dass er, Alex Jebb, ihn bei seinem Zusammenbruch beobachtet hatte. Alex war Zeuge dieser Blamage und hatte zudem gesehen, dass der Soldat sein Gewehr liegen gelassen hatte. Man konnte schon für geringere Vergehen aus der Armee fliegen. In jedem Fall wäre der Ruf des Soldaten für immer ruiniert.
    Tim würde wissen, was zu tun war. Alex konnte das Gewehr seinem Dad geben. Der würde es dann in die Kaserne bringen, es Hauptfeldwebel Furzey mit einem Kopfnicken in die Hand drücken und Alex würde aus dem Spiel bleiben.
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