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Bullet Boys

Bullet Boys

Titel: Bullet Boys
Autoren: Ally Kennen
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Baz tonlos mit den Lippen.
    Er trat zurück und verschwand. Die Minuten vergingen, aber nichts passierte.
    Alex blickte hinauf zu dem hellen Kreis über sich und überlegte, ob er hinaufklettern und oben durch das faulende Holz durchstoßen könnte. Er wollte nicht einfach darauf warten, was die vielleicht mit ihm anstellen mochten. Aber da hörte er Wasser platschen, raues Keuchen und davoneilende Schritte. Dann war es still.
    Alex schloss die Augen. Die Stille war heftig, bedrückend. Alex zählte bis hundert und erst dann erlaubte er sich, einmal ganz tief durchzuatmen. Der Hustenreiz war verschwunden. Alex wartete volle fünf Minuten, bevor er sich auf den Boden hinunterließ. Wenn nun Baz auf ihn wartete? Das konnte eine Falle sein. Aber seine Beine fingen an zu kribbeln. Er musste raus. Er kniete sich hin und schob sich dann ganz, ganz vorsichtig auf die Öffnung zu. Der Schweißgeruch der drei Männer hing schwer in der Luft. Alex verharrte an der Öffnung, wagte nicht, den Kopf hinauszustrecken. Genauso mussten sich die Scheiß-Karnickel fühlen. Dann sah er einen Bussard ganz niedrigüber den Hügel fliegen und unter ihm drei Männer, die sich sehr schnell bewegten. Alex kroch aus seinem Versteck und ließ sich ans Flussufer rollen.

MAX
    Ich, Max Cosgrove, kann von Glück sagen, wenn ich das hier lebendig überstehe. Meine Ohren dröhnen noch von den Trompetenstößen und ich bin eingekeilt zwischen lauter aufgeblasenen Marionetten in ihren schicken Ausgeh-Uniformen. Mein Bruder steht wie Koloss persönlich unter dem riesigen Kristalllüster in der Mitte des Raumes. Er trägt eine schwarze Uniformjacke aus Serge mit goldenen Knöpfen, dazu Hosen mit roten Streifen, eine Schirmmütze und spiegelblank gewichste Stiefel. Wie aus dem Ei gepellt. Der Raum ist vollgestellt mit solchen wie ihm, alle kippen sich Wein hinter die Binde und mühen sich, bei ihren Müttern und Freundinnen mit ihrem frischgebackenen Offiziersgehabe Eindruck zu schinden.
    Eigentlich bin ich in meinem nagelneuen marineblauen Anzug, meinem weißen Hemd und dem gelben Schlips meines Bruders recht angemessen gekleidet, trotzdem komme ich mir als Einziger lächerlich vor. Ich bin mir ziemlich sicher, dass jeder der Soldaten hier weiß, was ich getan habe, und mich deswegen verabscheut.
    Bestimmt wird unter jedem geschorenen Schädel, hinter jeder geschniegelten Augenbraue darüber nachgedacht,wie man mich noch mehr demütigen könnte, und hier am Geländer, ohne einen einzigen Freund, stecke ich in der Falle. Selbst die Kellner verachten mich. Eben kam einer mit einem Tablett voller Weingläser vorbei und ich wollte ihn um eines erleichtern, aber er hat einfach über mich hinweggesehen, auch dann noch, als ich ihm sagte, er sehe aus wie der Sprössling eines Pinguins und einer Wurst. Echt, ich schwöre, ich sehe doch mindestens aus wie zwanzig.
    Nachher gibt’s eine fette Party, mit Band, Feuerwerk und noch mehr Alkohol, aber im Moment wird nur höflich Konversation betrieben.
    Ich hasse höfliche Konversation.
    Ich lehne mich an die Treppe, fingere an den Holzarbeiten herum, was auf dem blitzblank polierten Geländer Spuren hinterlässt, und beobachte meine Mutter, die auf der anderen Seite des Raumes steht und tratscht. Ihre Kinnlade bewegt sich so heftig, dass die Federn auf ihrem Hut zittern wie ein Pfau in einem Tornado. Neben ihrer braungrauen, aufgebrezelten Gestalt steht mein Furcht einflößender Vater, dessen stocksteifer Rücken seinen militärischen Hintergrund verrät. Blöder alter Trottel. Er trägt seine paar Auszeichnungen, als würde das hier irgendjemanden beeindrucken.
    Meine Eltern blicken inniglich zu meinem Bruder Simon hinüber, glanzvoll in seiner Uniform, die Offiziersknöpfe förmlich bis zum Anschlag geschlossen. Simon beeindruckt mich, obwohl ich das nicht gerne zugebe. Ich kann mich nur schwer an den Gedanken gewöhnen, dass mein großer, sanftmütiger Bruder, der eine ganze Wanne voll Eiscreme essen konnte und bis zum Alter von vierzehn Jahren behauptethat, die Babys kämen aus dem Poloch der Mütter, dass mein Bruder Simon nun ein Offizier der Britischen Armee ist und hier im Kreise seiner Bewunderer Hof hält. Wir befinden uns nämlich in Sandhurst, dem legendären Ort, an dem sich alle Träume unserer Eltern erfüllen. Natürlich ist auch Andrea, Simons Freundin, dabei. Genau wie meine Mutter trägt sie massig Federn, weswegen jetzt wahrscheinlich eine ganze Kolonie Strauße nackt rumlaufen muss. Andrea hat
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