Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bullet Boys

Bullet Boys

Titel: Bullet Boys
Autoren: Ally Kennen
Vom Netzwerk:
ist über 180 Meilen von Sandhurst entfernt.
    Mutter ist total durchgeknallt.
    »Du solltest stolz auf deinen Bruder sein«, sagt sie.
    Ich bin auf Simon stolz, aber auf meine kleine fiese Weise. Ich weiß, wie schlimm mein Bruder die Armee anfangs fand und was für ein Heimweh er hatte. Trotz der militärischen Tradition in unserer Familie (Dad war zwölf Jahre beim Rifles-Regiment und hat sich dann in die militärische Verwaltung zurückgezogen) waren die ersten Monate der Grundausbildung ein echter Schock für Simon.
    »Sie schreiben dir sogar vor, wie du duschen sollst«, erzählte er mir auf seinem ersten Urlaub.
    »Tja«, sagte ich Schlauberger. »Deinem Geruch nach zu urteilen, hast du’s ja wohl trotzdem nicht richtig hingekriegt.«
    Aber Simon hat sich verändert. Sein Körper hat sich verändert. Seine Haut sieht fester aus. Selbst die drei Barthaare auf seinem Kinn scheinen spitzer zu sein. Am auffälligsten aber ist sein neues ungezwungenes Selbstvertrauen. Selbst unser Vater behandelt ihn mit gewissem Respekt (das muss man sich mal vorstellen!).
    Aber mich hat er jetzt wirklich abgehängt und ich werde wohl nie wieder zu ihm aufschließen, nicht nach dem, was ich in der Schule angestellt habe. Ich werde für immer der schräge kleine Bruder mit den komischen Klamotten sein. Das Kind, nach dem sich die Leute lieber nicht erkundigen. Mein Leben lang werde ich als der Junge im Gedächtnis bleiben, der eine ganze Schule in Angst und Schrecken versetzt hat.
    Neben mir taucht Simon auf. Er sieht größer aus als jezuvor. Vielleicht tragen frisch ernannte Offiziere Stiefel mit Absätzen.
    »Alles klar?«, grinst er. Seine Haare sind so kurz geschoren, dass von seinen Locken kaum was zu ahnen ist. »Mutter ist selig.«
    Ich lächle ihn an. »Herzlichen Glückwunsch«, sage ich und das meine ich auch. »Leutnant Cosgrove, Sie werden ein großartiger Soldat sein.«
    Wenn Simon und ich alleine sind, ist alles ganz leicht.
    »Bei dir alles okay?«, fragt Simon. »Bist du schon auf der neuen Schule?«
    Typisch Simon. Es ist sein Ehrentag und er erkundigt sich nach meinem kleinen, schäbigen Leben.
    »Montag geht’s los.« Ich ziehe eine Grimasse. »Kann nicht sagen, dass ich mich drauf freue.«
    »Mädchen!«, sagt Simon und nickt aufmunternd. »Auf der Hammerton-FOS gibt’s wenigstens Mädchen.«
    Ich lächle höflich. Mädchen sind nun wirklich mein geringstes Problem. Ich werfe einen Blick auf Andreas Beine. Mal abgesehen von diesem einen Mädchen.
    »Ist wirklich alles in Ordnung?«, fragt Simon. Ich sehe nicht ein Staubkörnchen auf seiner schwarzen Uniform mit den roten Streifen.
    »Na ja.« Ich will gerade meine Sorgen aufzählen, da stößt mein Vater wie ein Hai zwischen uns, beugt sich vor und zieht Simon zu sich heran.
    »Proctor, du erinnerst dich doch an meinen Sohn Simon …«
    Ein weiterer Glückwunsch-Tsunami nimmt seinen Lauf. Mein heiliger Bruder wird von einer Flut von Bewunderern davongetragen und ich bleibe allein zurück.
    Verdrossen greife ich nach meinem dreizehnten Orangensaft. Wenn ich mich übergebe, dann in fröhlichem Orangeton.
    Die Abschlusszeremonie vorhin war fantastisch. Auf dem Kasernenhof exerzierten Hunderte von jungen Offizieren mit ihren Zeremonienschwertern und Bajonetten. Fehlerlos. Erstaunlich, dass keiner stolperte oder über seinen Vordermann fiel.
    Die Freunde, Freundinnen und Verwandte schauten von der Tribüne aus zu, wie die Offiziersanwärter ihre Rangabzeichen angeheftet bekamen. Die Damen wedelten mit ihren Fächern und alle waren wie zu einer Hochzeit gekleidet. Als ich in einer der Reihen das Gesicht meines Bruders entdeckte, spürte ich ein lästiges Brennen in den Augen. Simon! Mein Bruder, mein Kampfpartner, Elternablenker und Furzkumpel. Zwölf Jahre hatten wir gemeinsam ein Zimmer. Jetzt ist er Soldat und gehört der Armee. Ich schaute zu meinem Vater rüber, der einen stolzen, aber doch strengen Blick aufgesetzt hatte. Das passte. Frank Cosgrove ist kein Mensch, der aus sich herausgeht. Meine Mutter war trunken vor Glück, schoss wie wild Fotos und starrte ihren Sohn so intensiv an, dass ich fürchtete, ihr würden die Augen aus dem Kopf fallen. Ich brannte darauf, irgendwas zu tun, zum Beispiel »NIEDER MIT DER MONARCHIE« zu brüllen oder nackig runter auf den Platz zu flitzen und mit baumelndem Schwanz durch die Reihen der Offiziere zu rennen. Aber die Angst war größer. Diese Männer sind mächtig.
    Als Simon sein Rangabzeichen angeheftet bekam, hat
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher