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Bullenhitze

Bullenhitze

Titel: Bullenhitze
Autoren: Matthias P. Gibert
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verließ das Lokal. Als er wieder im Auto saß, klingelte sein Telefon. Es war Uwe Wagner.
    »Man kann immer noch auf der Internetseite unserer hoch geschätzten Lokalzeitung die falsche Meldung lesen, dass Maria Zeislinger tödlich verunglückt ist. Ich hab schon zweimal mit denen telefoniert, aber glaubst du, die seien in der Lage, die Meldung zu ändern? Da könnte ich doch glatt aus der Hose hüpfen.«
    Wagner war dabei, sich in Rage zu reden.
    »Sonst gibt es nichts Neues?«, wurde er von Lenz unterbrochen.
    »Nein, sorry. Ich hätte nicht anrufen sollen.«
    »Ist doch in Ordnung. Aber vielleicht kannst du verstehen, dass mich die Kapriolen unserer Lokalzeitung aktuell so gar nicht interessieren.«
    »Ja, klar. War eine dumme Idee von mir. Wo steckst du?«
    »Ich bin in Gensungen und hab gerade in einer Kneipe was getrunken. Eine Cola, um genau zu sein.«
    »Hoffentlich Cola pur.«
    »Cola total pur. Jetzt fahre ich zurück nach Kassel, aber ich weiß noch nicht, ob ich bei dir aufschlagen werde. Vielleicht bin ich wirklich lieber allein.«
    »Ob du hierher kommst oder sonst wo hingehst, ist nicht so wichtig. Mir geht es darum, dass du keinen Unsinn anstellst in dieser Scheißnacht.«
    »Wie gesagt, du kannst dich auf mich verlassen. Leg dich hin und schlaf.«
    »Das mache ich. Und wenn du klingelst, bin ich für dich da.«
    »Ich weiß.«
     
     

5
    Monika Wohlrabe wurde immer sicherer. Die Angst vor der Dunkelheit war einer beschwingten Leichtigkeit gewichen, was sicher auch dadurch befördert wurde, dass sie ab und zu an den Getränken ihres Mannes nippte.
    Die Suppe in der Dunkelheit zu essen, hatte sich als weniger große Herausforderung erwiesen als vermutet. Jeder der Teilnehmer am Dinner in the Dark gab lautstark seine Eindrücke preis, verbunden mit den vermuteten Inhaltsstoffen. Für Günther Wohlrabe war klar, dass er eine köstliche Pilzsuppe verzehrte, angereichert mit frischem Gemüse und einem Schuss Cognac. Seine Frau, bei der er probierte, hatte vermutlich eine Karottensuppe, mit einem Schuss Sahne abgeschmeckt, vor sich stehen. Der dazu gereichte Wein war dem Bestattungsunternehmer eine Nuance zu süß, was er jedoch für sich behielt. Monika Wohlrabe tippte bei ihrem Getränk auf Ginger Ale, war sich jedoch nicht ganz sicher. Nach der Suppe gab es eine kleine Pause im Menü, doch nach etwa 20 Minuten betrat Luca mit den ersten Tellern des Hauptgangs den Raum. Er war sowohl an den Geräuschen zu erkennen, die das Öffnen der Tür machte, wie an einer kleinen, hellgrünen LED, die leicht in der Dunkelheit von seinem Kopf schimmerte und anzeigte, wo sich das Nachtsichtgerät gerade befand. Außerdem grüßte er stets beim Hereinkommen.
    »Allora, der Hauptgang«, ließ er nun die gespannt wartenden Teilnehmer wissen und stellte die ersten beiden Teller auf den Tisch des Paares aus Gotha. Wieder kamen danach die Frauen aus Göttingen an die Reihe, dann das Paar aus Westfalen, und zum Schluss die Wohlrabes.
    Etwa zwei Minuten herrschte ungewohnte Stille, weil jeder zunächst seinen Teller finden und betasten musste. Dann kamen die ersten Ahhs und Mhhs, allesamt Zustimmung zur Mahlzeit ausdrückend. Währenddessen servierte Luca die Getränke, was jedoch zunächst niemanden groß interessierte. Alle waren mit dem Hauptgang beschäftigt. Plötzlich gab es ein lautes Klappern, sodass die Gespräche augenblicklich verstummten.
    »Sorry, meine Gabel ist runtergefallen«, flüsterte Monika Wohlrabe so laut, dass es alle im Raum hören konnten.
    »Warte, ich kümmere mich darum«, wurde sie von ihrem Mann beruhigt, der seine eigene Gabel umdrehte und vorsichtig nach vorne schob. »Ich hab meine noch nicht benutzt. Wenn du die linke Hand ausstreckst, kannst du nach ihr greifen«, erklärte er.
    »Aber Günther, lass doch. Wenn der Kellner …«
    »Psst«, machte er. »Nimm schon, ich suche mir deine auf dem Boden und wische sie sauber.«
    Sie streckte die Hand nach vorne, bekam den Griff zu fassen und nahm ihm die Gabel ab. Dann gab es ein schabendes Geräusch, als Wohlrabe den Tisch ein kleines Stück zur Seite schob, aufstand und im Anschluss in die Hocke ging. Keine fünf Sekunden später stand er wieder.
    »Alles klar«, beruhigte er seine Frau und putzte mit der Serviette gewissenhaft die Zinken des Besteckteils ab.
    »Das wird sich nie ändern«, tadelte sie ihn mit gespielter Strenge, »dass du heruntergefallenes Besteck nicht einfach zurückgehen lassen kannst.«
    »Schon wieder zu benutzen«,
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