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Bullenball

Bullenball

Titel: Bullenball
Autoren: Stefan Holtkötter
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einer
halben Stunde würde der Wachschutz seine Runde drehen.
    Er musste quer durch die Halle zum Verwaltungstrakt, dort befanden
sich die Büros des Managements. Er bemühte sich, die Schmerzen in seinem Bein
zu ignorieren. Im Treppenhaus nahm er mit jedem Schritt zwei Stufen. Eine
weitere Tür, diesmal unverschlossen. Er blieb stehen und lauschte. Alles war
still.
    Eilig lief er durch den dahinter liegenden Korridor und nahm vor der
letzten Bürotür seinen Rucksack ab. Hierfür besaß er keinen Schlüssel, aber das
Schloss dürfte ihm keine Schwierigkeiten bereiten. Er klemmte die Taschenlampe
zwischen die Zähne und fummelte mit seinem Dietrich daran herum. Zwei Minuten
später sprang die Tür auf. Es war lächerlich einfach gewesen. Er löschte die
Lampe, um keine Aufmerksamkeit auf den Parkplätzen zu erregen, und trat in das
Büro.
    Draußen flammten die Laternen auf. Ein matter Lichtschein fiel in
den Raum, erfasste den Tresor hinterm Schreibtisch und tauchte ihn in ein
beinahe sakrales Licht. Fast ehrfürchtig ließ er die behandschuhten Finger über
den Stahl gleiten. Dann kroch er unter den Schreibtisch, ertastete die lose
Stelle des Teppichbodens und zog den Tresorschlüssel hervor. Aus dem Rucksack
nahm er ein Metallkästchen, öffnete es und drückte den Schlüssel in die darin
enthaltene Knetmasse. Hinterher legte er alles an seinen Platz zurück und verließ
das Büro. Er sah auf die Uhr. Er war gerade einmal zehn Minuten im Gebäude.
Sorgsam verschloss er das Büro und verließ den Verwaltungstrakt. Ihm blieben
noch knapp zwanzig Minuten.
    Der Lichtkegel seiner Taschenlampe wippte durch die dunklen
Korridore. Die Tür des Umkleideraums im Keller war unverschlossen. Es gab keine
Nummerierungen an den Spinden, er zählte sie durch. Am achten setzte er das
Brecheisen aus seinem Rucksack an und stemmte das Vorhängeschloss auf, das
klirrend zu Boden fiel. Er zog ein neues aus dem Rucksack, hängte es an den
Spind und steckte den Schlüssel zusammen mit dem alten Vorhängeschloss ein. Ihm
blieben noch fünfzehn Minuten.
    Er machte sich auf den Weg nach oben. Am Durchgang zur Großen Halle
hörte er ein Geräusch. Augenblicklich knipste er die Taschenlampe aus und blieb
lauschend stehen. Doch alles war still. Lautlos bewegte er sich zur Tür und
schlüpfte hindurch. In der Halle tat sich nichts. Kein Schatten, kein Rascheln,
nichts. Doch dann hörte er es wieder. Ein verhaltenes Rumpeln, draußen im
Foyer. Nun hatte er Gewissheit: Er war nicht allein.
    Geräuschlos schlich er an den Sitzrängen vorbei zum Ausgang. An den
Schwingtüren spähte er ins Foyer. Der Lichtschein einer Taschenlampe irrte über
die Wände. Das war kein Wachschutz. Jemand anders hatte sich hier Zugang
verschafft.
    Seine Brust verengte sich. Wut überrollte ihn. Tim. Hatte er es doch
gewusst! Dieses kleine Dreckschwein! Der dachte tatsächlich, er konnte ihn
hintergehen!
    Von Anfang an hatte es ihm missfallen, mit Tim zusammenzuarbeiten.
Doch der war der Einzige gewesen, der sich gut genug in der Halle auskannte.
Sie brauchten ihn, um das Ding durchzuziehen. Er hatte Tim vorsorglich in die
Mangel genommen und ihm ordentlich Angst eingejagt. Doch wie es aussah, hatte
das nicht gereicht, um ihn von solchen Spielchen abzuhalten.
    Das Licht der anderen Taschenlampe bewegte sich oben auf der
Balustrade. Er schlich zur Freitreppe und glitt lautlos die Stufen hinauf. Ich
werde dir zeigen, was ich mit Verrätern mache, dachte er.
    Die Gestalt war knapp zehn Meter entfernt. Er sah die Silhouette und
das Licht der Taschenlampe, das ins Foyer hinableuchtete. Noch fünf Meter. Er
zog das Messer aus dem Gürtel und ließ seinen Rucksack zu Boden gleiten. Dann
brachte er sich in Stellung und griff an.
    Endlich hatte es aufgehört zu regnen. Der Rasen und die Blätter der
Bäume glitzerten im Licht der Lampions. Das Fest war während des Schauers nicht
abgebrochen worden, stattdessen hatten sich die Menschen in die Weinzelte
verkrochen und dort dicht gedrängt weitergefeiert.
    Im Zentrum des Schlossgartens stand ein alter Pavillon, auch dort
herrschte schreckliches Geschiebe. Fünfzig Musiker, beinahe die Vollbesetzung
der Brooker Jazzband, hatten sich auf der überdachten Bühne untergestellt.
Trotz des Wetters herrschte gute Stimmung. Im Gedränge hatte jemand angefangen,
den Mädchen an den Po zu fassen, woraufhin ziemliche Hektik ausgebrochen war.
Erst als sich herausstellte, dass es keiner der Jungs war, sondern Lea, eine
Flötistin, die nur
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