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Bugschuß

Bugschuß

Titel: Bugschuß
Autoren: Hardy Pundt
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weiß, zu was der imstande ist! Sie melden sich mit Hinweisen. Wohin? Erst mal nach Süden, in der anderen Richtung ist schließlich nichts als Watt und Wasser!«
    Tanja Itzenga schüttelte den Kopf, sagte aber nichts. Sie versuchte zu erwägen, welche Möglichkeiten Meinertz hatte, irgendwo abzubiegen und die Flucht fortzusetzen. Es könnte kaum gelingen, hatten sie doch zwei Streifen zur Unterstützung angefordert, die weitere Fluchtwege abschneiden sollten. Die hingen allerdings irgendwo fest. Wenn richtig etwas los war auf der Norddeicher Straße, war es für Polizei- und Notfahrzeuge nicht einfach, schnell voranzukommen.
    Es gab verschiedene Fluchtoptionen für Ralf Meinertz. Zwar war von hier schon die auf einem Geestrücken und daher erhöht stehende Norder Ludgerikirche zu sehen, die im Zentrum eines der schönsten Marktplätze Norddeutschlands stand, aber direkt in die Stadt Norden würde er das Taxi wohl kaum dirigieren. Also entweder nach Westen oder nach Osten, hier hatten die Himmelsrichtungen dem flachen, fruchtbaren Land hinter dem Deich den Namen gegeben: Wester- und Ostermarsch. Tanja Itzenga besprach sich erneut mit Kollegen anderer Streifen, alle Möglichkeiten waren in Erwägung zu ziehen. Der Ortseingang von Norden war bereits abgeriegelt, hier konnte kein Taxi unbehelligt in die Stadt hineinfahren.
    Wie würde sich Meinertz verhalten? Er zögerte nicht, von der Waffe Gebrauch zu machen, der Taxifahrer war in Lebensgefahr. Eine Geiselnahme war immer heikel, der Zugriff wurde extrem erschwert. Hauptkommissarin Itzenga und ihr Kollege Ulferts mussten damit rechnen, dass Meinertz doch noch einen Mord begehen könnte, jetzt, wo er unter extremem Druck stand.

36
     
     
    »Links, hier links!«, hatte Meinertz befohlen und der Fahrer folgte der Anweisung ohne Widerrede. Das Taxi setzte seinen Weg Richtung Ostermarsch fort. Im ersten Augenblick war der Taxifahrer sehr cool gewesen, doch als Meinertz ihm die Korowin an den Kopf gehalten hatte, war ihm klar geworden, dass dies kein Spaß war. Er fuhr gern flott, gerade samstagabends, wenn er Leute beförderte, die zur Diskothek ›Waterkant‹ nach Norddeich oder von dort wieder nach Norden wollten. Es mochte Fahrgäste geben, denen es gefiel, wenn er dicht auffuhr, sich aufregte, die anderen sollten schneller fahren und dabei so tat, als wolle er jeden Moment überholen.
    Jetzt war er nervös, das mulmige Gefühl entwickelte sich zu echter Angst. Ihm wurde bewusst, dass der Mann neben ihm nicht lange fackelte. Der brauchte nur mal kurz den Abzug zu betätigen und es hatte sich mit dem Taxifahren …
    »Wieder links, los, genau hier!« Meinertz sprach im Stakkato. Sie hatten Ostermarsch erreicht und am Ende des Ortes gab Meinertz dem Fahrer zu verstehen, dass er in den schmalen Weg Richtung Deich abbiegen sollte.
    »Was … was sollen wir hier, hier ist gleich Ende!«, sagte der Fahrer, zögerlich, leise, mit einem Vibrieren in den Stimme.
    »Halts Maul!«, schrie Meinertz. Nicht nur die Nerven des Taxifahrers lagen blank. Er hatte eine Geisel genommen, das war spontan passiert, ursprünglich niemals beabsichtigt. Damit war jemand in seiner Gewalt, von dem er ganz und gar nichts wollte. Meinertz hatte die Polizei unterschätzt. Sie war schneller gewesen, als er gedacht hatte. Er war kein Profi, aber er hatte sorgfältig darauf geachtet, so wenig Spuren wie möglich zu hinterlassen, im Schilf, in der Hecke, am Wall, hatte sich seiner Militärzeit erinnert, tarnen und verstecken, in jeder Hinsicht … Es mussten ihm dennoch Fehler unterlaufen sein.
    Sollte er den Fahrer anweisen, anzuhalten? Ihn nach Hause schicken und sich ergeben? Sich einfach auf die Deichkrone setzen, die alte russische Pistole, wenn die Polizei den Ort erreicht hatte, in hohem Bogen ins Wattenmeer werfen und sagen: ›Es ist aus! Nehmen Sie mich mit, mir ist alles egal!‹?
    Angespannt hielt er dem Fahrer die Pistole an den Kopf. Der fuhr immer noch sehr rasant, zu schnell für diesen holperigen Weg. Sie rasten auf den Deich zu. Schließlich bremste er abrupt ab. Hier ging es scharf nach links, schräg hoch auf die Deichkrone. Oben blieb er stehen.
    »Ich habe nichts von Stehenbleiben gesagt«, raunte Meinertz ihm mit gepressten Worten ins Ohr. Er konnte nicht mehr aus seiner Rolle heraus. Er war gefangen. Von diesem Gedanken nach Vergeltung, der ihn nicht mehr losließ. Und jetzt von dieser schier ausweglosen Situation, die Folge seines Rachefeldzugs war.
    »Hier geht es nicht
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