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Bugschuß

Bugschuß

Titel: Bugschuß
Autoren: Hardy Pundt
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gespannt zu Bakker. Der sagte nichts mehr.
    »Ja und?«, drängte Itzenga.
    »Die Frau hat angerufen und konnte glaubhaft darstellen, was sie zur Tatzeit erlebt hat. Da haben wir sie hierher beordert. Sie hat jemanden gesehen, der im Gebüsch an einem dieser … dieser Zwinger am Wall verschwand, da, wo die Läufer vorbeikamen. Sie ist seit Jahren mit ihrem Dackel dort unterwegs, kennt die Örtlichkeit gut. Daher wunderte sie sich nicht, denn da gehen wohl öfter mal welche ins Gebüsch. Ihr Dackel würde dort auch ständig hinlaufen, was sie aber gar nicht so toll fände, weil die da ja alle hingehen, um sich zu erleichtern.« Bakker hielt inne, er war über seine eigene Ausdrucksweise erstaunt.
    »Weiter, Herr Bakker, weiter!«, jetzt war es Ulferts, der den Mitarbeiter aufforderte, endlich fortzufahren.
    »Schließlich kam ein Mann aus dem Gebüsch heraus und lief, ohne sich im Geringsten um die in heller Aufregung befindliche Läufergruppe zu kümmern, schnurstracks in die dem Tatort entgegengesetzte Richtung. Dabei steckte er etwas in die Innentasche seiner Jacke. Sie wunderte sich, warum ihr Dackel sie ständig in Richtung dieses Mannes ziehen wollte, hatte erst vor, ihn anzusprechen, also den Mann, aber er ging dermaßen schnell … Erst später fiel ihr ein, dass ihr Hündchen ihm vielleicht begegnet war, da im dichten Buschwerk! Ihr Hund laufe immer gleich Fremden nach, das könne sie ihm einfach nicht abgewöhnen. Und in der Zeitung habe sie gelesen, dass genau von dort der Schuss gekommen sein muss. Da habe sie aufgehorcht, auch weil da stand, falls jemand etwas gesehen habe, möge er sich bei einer Polizeidienststelle melden. Sie hat gleich noch gefragt, ›off dat ook’n Lohn gifft‹, für ihren Hinweis – alte Emderin, spricht am liebsten plattdeutsch, ›Lohn‹ für Belohnung.«
    »Ja, ja, ich bin auch Emder«, antwortete Ulferts, »nun müssen wir auch noch Dackel als Zeugen heranziehen! Was hat der Mann eingesteckt?«
    »Das hat sie nicht erkannt, aber man könnte vermuten, dass …«
    »Könnte man, vielleicht. Würde die Frau ihn wiedererkennen?«
    »Das habe ich sie natürlich auch gefragt! Sie denkt schon, denn sie hat sich dem Gebüsch genähert und als der Mann herauskam, bellte ihr Dackel. Da hat sie dem Mann wohl auch mal ins Gesicht gesehen, kurz nur, weil er sich wegdrehte, und aus einiger Entfernung, aber doch so, dass sie ihn wiedererkennen würde. Zumindest behauptet sie das.«
    »Na, dann holen sie sie endlich herein! Mann, Bakker, wieso ist sie nicht schon hier?«, rief Ulferts und begann eilig, die Fotos von Ralf Meinertz auf einem Tisch auszulegen. Um sicher zu gehen, legte er noch ein paar Fotos anderer männlicher Personen daneben.
    »Wenn sie ihn erkennt, ist er fällig!«, rief er Tanja Itzenga zu.

34
     
     
    Nach einer überwiegend durchwachten Nacht, in der er angestrengt darüber nachgedacht hatte, wie es weitergehen soll, entschloss sich Meinertz, den weiteren Verlauf der Dinge auf sich zukommen zu lassen. Im Grunde wunderte er sich, dass noch niemand vor seiner Tür gestanden hatte: ›Kommen Sie bitte mit.‹ So wie damals. Da war er noch eine Kämpfernatur gewesen. Heute war er jemand, der seinen Rachedurst aus dem Hinterhalt stillte. War das nicht der Abgrund? Aber hatten sie es nicht genau so gemacht? Unter Decknamen Menschen verraten und verkauft?
    Meinertz wollte das alles beenden. Seine Mission war erfüllt. Er hatte Schuld auf sich geladen, das war ihm klar. Noch einmal wollte er etwas für sich selbst tun, etwas Schönes erleben. Nicht irgendwann, jetzt! Wer wusste, ob und wann er das je wieder tun könnte, wenn sie ihn erst einmal schnappten, was irgendwann passieren würde …
    Spontan entschied er, mit dem Zug an die Nordsee zu fahren. Seinen alten Polo würde man schließlich schnell erkennen können. Den frischen Wind spüren, die Salzluft einatmen, ein Fischbrötchen essen. Von Emden aus dauerte es eine gute halbe Stunde bis nach Norddeich, nicht länger. Vielleicht würde er eine Fähre besteigen und nach Norderney fahren. Vorher würde er sich am Kiosk eine Tageszeitung kaufen und die Berichte über den Schuss auf die Läufergruppe lesen.
    Am Hauptbahnhof angekommen, warf er einen Blick auf die Anzeigetafel. In Kürze würde der Regionalexpress aus Hannover kommen und nach kurzem Aufenthalt bis zur Endstation Norddeich Mole fahren. Dann sah er sich um. Keine Uniformen zu sehen, niemand, der sich ihm, speziell ihm, näherte. Er war nicht blauäugig, was
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