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Buerokrankheiten

Buerokrankheiten

Titel: Buerokrankheiten
Autoren: Raymund Krauleidis
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kippen.

    Verwandte Krankheiten:
    Bore-out-Syndrom, Entspannungskopfschmerzen
    Behandlungsmöglichkeit:
    Tür zu!
    [Krankheitsverzeichnis]
    Tyrannei
    (gr. despotíasis mega, dt. Adolfs-Leiden)
    Beschreibung:
    Glaube, durch besondere Härte und Grausamkeit Mitarbeiter zu Höchstleistungen zu motivieren
    Verbreitung:
    Tritt überdurchschnittlich oft im Topmanagement auf.
    Symptome:
    Den »kooperativen Führungsstil« halten die an dieser Bürokrankheit Leidenden ebenso für eine nervige Modeerscheinung wie Demokratie im Allgemeinen bzw. betriebliche Mitbestimmungsrechte durch Betriebsräte im Speziellen. Sie selbst sehen sich stattdessen in der Tradition ihrer großen Vorbilder Napoleon, Dschingis Khan oder Stalin und legen gegenüber ihren Untergebenen entsprechende Verhaltensweisen an den Tag. So brüllen sie sie gerne aus nichtigen Gründen vor versammelter Mannschaft an, demütigen sie durch unsachliche Beleidigungen, setzen ihre persönlichen Feierabendrechte außer Kraft oder kontrollieren heimlich ihre E-Mail-Postfächer.
    Dass sie sich in regelmäßigen Abständen aus der Portokasse bereichern und Mitarbeiterbefragungen zu ihren Gunsten fälschen, halten die Möchtegern-Diktatoren aufgrund ihrer unermesslichen Verdienste für das Unternehmen (z. B. durch die Optimierung des Betriebsklimas) für mehr als gerechtfertigt.
    Trotz alledem haben die Erkrankten aber auch eine gütige Seite. So predigen sie etwa in sanftem Tonfall, dass Fehler jederzeit passieren dürfen – nur müsse man eben damit rechnen, infolgedessen fristlos entlassen zu werden.
    Verwandte Krankheiten:
    Cholerie, Absolutismus
    Behandlungsmöglichkeit:
    Gibt es (siehe Französische Revolution, Berliner Mauerfall, Arabischer Frühling etc.).

[Krankheitsverzeichnis]
    Überstundung
    (lat. laborose in extremum, engl. german syndrome)
    Beschreibung:
    Pathologischer Verzicht auf Freizeit; häufig verbunden mit meterhohen Bergen von Arbeit, strengen Vorgesetzten und extremer Gutmütigkeit
    Diagnose:
    Von »Überstundung« im klassischen Sinn wird insbesondere dann gesprochen, wenn die Anzahl an wöchentlichen Überstunden die tariflich festgelegte Wochenarbeitszeit regelmäßig übersteigt.
    Verbreitung:
    Gemäß einer Erhebung des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2010 arbeiten 4 , 3 % aller Arbeitnehmer in Deutschland mehr als sechzig Stunden pro Woche. Tendenz dramatisch steigend.
    Erscheinungsformen:
    Leichte Form: Die Anzahl der angesammelten Überstunden bewegt sich im hohen dreistelligen Bereich. Mit etwas Glück dürfen die Erkrankten demnächst ein paar davon abbauen und bereits um 17 : 00 Uhr in Richtung Feierabend entschwinden – damit sie ihre Kinder vor dem Schlafengehen wenigstens einmal im Quartal kurz zu Gesicht bekommen.
    Mittlere Form: Dürften die Erkrankten ihre komplette Überzeit am Stück abfeiern, könnten sie eigentlich heute schon in Rente gehen. Schade nur, dass sie noch schlappe zwanzig Berufsjahre vor sich haben. Ihren Nachwuchs kennen die Betroffenen nur noch von Bildern oder kurzen Telefongesprächen.
    Schwere Form: Die Erkrankten haben einen außertariflichen Arbeitsvertrag ohne Zeiterfassung, mit dem alle Überstunden automatisch abgegolten sind (umgangssprachlich auch »Versklavungskontrakt« genannt). Oftmals leben die Betroffenen von ihren Partnern getrennt (zum Beispiel im Büro) und werden von ihren Kindern »Onkel« bzw. »Tante« genannt.
    Verwandte Krankheiten:
    Arbeit, Negationsinsuffizienz, Sturlaub
    Behandlungsmöglichkeit:
    Feierabend – und zwar rechtzeitig!

[Krankheitsverzeichnis]
    Verbaler Durchfall
    (gr. logorrhoe)
    Beschreibung:
    Lautstarkes Austreten von Hirnfürzen (lat. cerebrum peditum)
    Verbreitung:
    Überdurchschnittlich oft tritt die Krankheit während Besprechungen und Konferenzen zu Tage.
    Diagnose:
    Um verbalen Durchfall im Verdachtsfall zweifelsfrei nachweisen zu können, benötigen Sie die Mithilfe eines weiteren Kollegen. Fragen Sie diesen einfach, ob er das eben vom potenziell Erkrankten Gesagte noch einmal inhaltlich für Sie zusammenfassen kann. Zuckt der Gehilfe dabei mit ratlosem Gesichtsausdruck die Schultern, gilt die Krankheit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als diagnostiziert. Schafft er es tatsächlich, haben Sie es womöglich mit einer Epidemie zu tun.
    Verbreitung:
    Verbaler Durchfall gehört – über alle Hierarchieebenen hinweg – zu den am weitesten verbreiteten Bürokrankheiten.
    Verwandte Krankheiten:
    Denglizismus, Floskelei, Schlipsoxie
    Nicht zu
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