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Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Titel: Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas
Autoren: Donna Leon
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zweifelnd, als sei es fraglich, ob sie die ganze Zeit im selben Raum verbracht und über dasselbe Thema gesprochen hätten. »Ich will seine Kandidatur verhindern! Wenn Fasano tatsächlich Bürgermeister wird und mit seinem Clan im Rathaus einzieht - was soll dann aus den Verbindungen werden, die ich in zehn langen Jahren aufgebaut habe?« fragte Patta hitzig. »Haben Sie darüber schon mal nachgedacht?«
    Als er Brunettis entgeistertes Gesicht sah, fuhr er fort: »Und bilden Sie sich bloß nicht ein, daß der diesen Umweltblödsinn aus politischem Kalkül verzapft, Brunetti. Nein, der glaubt wirklich dran!« Patta hob entnervt die Hände. »Ich hab ein paar von seinen Reden gehört: Fasano ist ein Konvertit, wie er im Buche steht, ein Fanatiker. Hat nur diesen Ökoschwachsinn im Kopf. Wenn der Bürgermeister wird, dann heißt es: aus der Traum für die U-Bahn vom Flughafen oder die Dämme in der Lagune oder für neue Hotellizenzen. Es würde die Stadt um fünfzig Jahre zurückwerfen. Und wie stünden wir dann da?«
    Brunetti war wie vor den Kopf geschlagen. »Ich weiß es nicht, Dottore« war alles, was er herausbrachte.
    Pattas Telefon klingelte, und er hob ab. Als er die Stimme am anderen Ende vernahm, wedelte er mit der Hand, als wolle er den Commissario aus dem Zimmer scheuchen. Brunetti ging.

27
    B elesen, wie er war, kannte Brunetti auch den Jagannath aus der Hindu-Mythologie, jenes Götzenbild Krishnas, das in jährlicher Prozession auf einem Prunkwagen mitgeführt wird, unter dessen Räder sich die Frömmsten der Frommen werfen und dabei nicht selten zermalmt werden. Dieses Bild stand Brunetti vor Augen, während er Pattas Ermittlungen gegen Fasano und seine Umweltvergehen beobachtete und zusah, wie alle Fragen, die zu einer Untersuchung von Tassinis Tod hätten führen können, eine nach der anderen auf der Strecke blieben oder unter die Räder kamen.
    Von dem Augenblick an, da Bocchese, begleitet von Inspektoren des Umweltamtes in Spezialkleidung und ausgerüstet mit einem Durchsuchungsbeschluß, den der glühendste Umweltschützer aus dem Richterkollegium unterzeichnet hatte, in der Vetreria Regini erschien, kämpfte Fasano mit dem Rücken zur Wand. Aufgeschreckt durch den Artikel im Gazzettino, empfing er Bocchese auf dem Gelände hinter seiner Manufaktur im Beisein seines Rechtsbeistands. Zunächst versuchte er, die Inspektoren am Betreten des Grundstücks zu hindern, aber sobald Bocchese dem Anwalt die richterliche Anordnung zeigte, blieb Fasano keine andere Wahl, als sich zu fügen.
    Während die Kriminaltechniker anfingen zu graben, Erde aushoben, abfüllten und beschrifteten, wies Fasano darauf hin, daß der Bereich, den sie unter die Lupe nahmen, ursprünglich zu De Cals Besitz gehört habe. Alles, wonach sie suchten - hier spielte er mit großer Bravour den Ahnungslosen -, könne demzufolge nur von seinem Nachbarn dort deponiert worden sein. Die Inspektoren ignorierten ihn und seine Fragen, bis er schließlich samt seinem Anwalt unverrichteter Dinge abzog und sie ihre Arbeit machen ließ.
    Zwei Tage später dachte Brunetti wieder an den Jagannath, als nämlich der Gazzettino ein Foto von dem riesigen Bagger veröffentlichte, der systematisch die Rohrleitung freilegte, die von der Brachfläche, in der eine hohe Schadstoffbelastung nachgewiesen wurde, zurück zur vetreria führte. In nächster Nähe der Manufakturen hatte, so war zu lesen, der Bagger einen Kreuzungspunkt zwischen zwei kleineren Leitungen zutage gefördert, deren eine aus De Cals, die andere aus Fasanos Werkstatt kam.
    Brunetti betrachtete das Foto und sah, wie dieser mächtige Raupenschlepper, der sich so ins Zeug legte, um Fasanos Politkarriere niederzuwalzen, unter seinen massiven Laufwerken zugleich jede Hoffnung darauf begrub, daß Patta sich doch noch für Tassinis Tod interessieren könnte. Als einer, der sich keine Chance entgehen ließ, hatte Patta sich diesmal dem Ziel verschrieben, Fasano genau das Verbrechen nachzuweisen, auf dessen Bekämpfung seine ganze politische Karriere fußte: die Zerstörung der Lagune. Falls er wegen eines Umweltschutzvergehens vor Gericht kam und rechtskräftig verurteilt wurde, konnte Fasano seine politischen Ambitionen begraben, und das genügte, um nicht nur Patta selbst zufriedenzustellen, sondern auch jene mächtigen Verbündeten, deren Gunst er sich mit dem Sturz Fasanos zu sichern hoffte. Im Gegensatz zu diesem greifbaren Ziel winkte bei der Aufklärung von Tassinis mysteriösem Tod
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