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Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Titel: Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas
Autoren: Donna Leon
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Geräusch, als ob eine Tür ginge oder eine Schublade aufgezogen würde. Und dann Stille. Brunetti schaute durchs Fenster in den Himmel, sah den Wolken nach und dachte ans Wetter. Er versuchte, sich nicht ablenken zu lassen, wollte an nichts denken als an den blauen Himmel und das Wechselspiel der Wolken.
    Die Schritte kamen zurück, und dann sagte Repeta: »Nach dem, was auf der Rechnung steht, holen wir bei Fasano nur die Fässer mit den Sedimentrückständen ab. Das heißt, die reinigen ihre Tanks selber.«
    »Ist das normal?« fragte Brunetti.
    »Sie meinen, ob die anderen vetrerie es auch so machen?«
    »Ganz recht.«
    »Einige ja, andere nein. Ich schätze mal, etwa zwei Drittel überlassen uns die Leerung ihrer Tanks.«
    »Noch eine allerletzte Frage«, sagte Brunetti, und bevor Repeta sich bereit erklären konnte, sie zu beantworten, fuhr er fort: »Haben Sie auch einen Vertrag mit der Fornace De Cal?«
    »Mit dem alten Scheißkerl?« fragte Repeta, alles andere als belustigt.
    »Ja.«
    »Wir hatten einen, bis vor drei Jahren.«
    »Was ist passiert?«
    »Er hat zwei Fuhren nicht bezahlt, und als ich ihn deswegen anrief, sagte er, ich solle gefälligst auf mein Geld warten.«
    »Und dann?«
    »Haben wir den Vertrag gekündigt.«
    »Ohne daß Sie versucht hätten, an Ihr Geld zu kommen?« fragte Brunetti.
    »Was hätte ich denn tun sollen? Den Alten verklagen und dann zehn Jahre lang prozessieren?« entgegnete Repeta, immer noch nicht zum Scherzen aufgelegt.
    »Wissen Sie, wer Ihr Nachfolger bei De Cal ist?« fragte Brunetti.
    Repeta zögerte, entschied sich dann für ein barsches »Nein« und legte auf.

26
    A m nächsten Morgen um elf wurde Brunetti wie erwartet nach unten zitiert. Den Artikel, der ohne Pelussos Namenszeile erschienen war, hatte er da schon dreimal gelesen. Nach einem alarmierenden Hinweis auf illegale Abfallentsorgung in einer Muraneser Glasmanufaktur seien, wie aus gutunterrichteten Kreisen verlautete, umgehend erste Ermittlungen eingeleitet worden. Die nachfolgende Liste aller bereits beim Magistrato alle Acque anhängigen Untersuchungen mußte - ohne dies ausdrücklich zu erwähnen - beim Leser den Eindruck erwecken, daß es auch diesmal die Wasserschutzbehörde war, die sich eingeschaltet hatte. Und da es bei den zitierten Fällen ausnahmslos um die Entsorgung toxischen Materials ging, wurde der Leser abermals zu der Annahme verleitet, daß es sich hier wieder um ein ebensolches Vergehen handelte. Aus dem letzten Absatz ging hervor, daß die Polizei, die bereits einen unnatürlichen Todesfall auf Murano untersuche, in die Ermittlungen eingebunden sei.
    »Der Vice-Questore möchte Sie sprechen«, sagte Signorina Elettra, als sie in seinem Büro anrief. Nichts weiter, ein sicheres Indiz dafür, daß die Zeichen auf Sturm standen.
    »Ich komme gleich runter«, antwortete er und beschloß, den Ordner mitzunehmen, in dem er alles an Informationen verwahrte, was er zusammengetragen hatte, seit er erstmals in den Sog von Tassini geraten war.
    Pattas Tür stand offen, als er ins Vorzimmer kam, und so konnte er Signorina Elettra nur verstohlen zulächeln. Sie dagegen hob zu seiner Verblüffung die rechte Hand und spreizte zwei Finger zu einem breiten V. Vittoria?, überlegte Brunetti. Wohl eher vittima. Wenn nicht gar vendetta.
    »Schließen Sie die Tür, Brunetti«, sagte Patta zur Begrüßung.
    Er folgte der Weisung, trat vor und nahm ungefragt auf dem Stuhl vor Pattas Schreibtisch Platz. Wie einen dieses Ritual doch immer wieder in die Schulzeit zurückversetzte!
    »Der Artikel hier« - Patta tippte mit tadellos manikürtem Zeigefinger auf die erste Seite vom Lokalteil des Gazzettino. »Stammt der von Ihnen?«
    Was konnte Patta ihm antun? Ihn rausschmeißen? Ein Entschuldigungsschreiben von seinen Eltern verlangen? Sein Vater war tot und seine Mutter eine leere Hülle, durch deren Geist nur mehr die winzigen Alzheimer-Fasern schwirrten. Keiner mehr da, um Guido eine Entschuldigung zu schreiben.
    »Falls Sie wissen wollen, ob ich dafür verantwortlich bin«, antwortete Brunetti, der sich plötzlich sehr müde fühlte, »dann heißt die Antwort ›Ja‹.«
    Ein so bereitwilliges Geständnis hatte Patta offenbar nicht erwartet. Er zog die Zeitung näher zu sich heran und überflog den Artikel noch einmal, wobei er ganz vergaß, die Lesebrille aufzusetzen, die so dekorativ seinen Schreibtisch zierte. »Fasano, wenn ich nicht irre?« fragte er.
    »Er scheint mit drinzuhängen, ja«, sagte
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