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Brüder Des Zorns

Brüder Des Zorns

Titel: Brüder Des Zorns
Autoren: John Maddox Roberts
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aber nicht feindselig entgegen.
    »Zuerst bringe ich dich zur Ältesten«, erklärte Fyana. »So will es der Brauch. Sie wird dir Bewegungsfreiheit zusichern, und dann kannst du kommen und gehen, wie du möchtest.«
    »Das hört sich gut an«, antwortete Ansa. Er fühlte sich wohl. Endlich befand er sich in einem fremden Land, unter fremden Menschen. Die meisten seiner Stammesbrüder hätten die Situation als unangenehm empfunden, aber darin unterschied sich Ansa von ihnen.
    Vor einem kleinen Haus, das sich in nichts von den anderen unterschied, hielten sie an. Zwei Statuen, wie ein Mann und eine Frau geformt, flankierten den Eingang. Der Buckler ging in die Knie, und Fyana glitt aus dem Sattel. Sie verneigte sich vor jeder Statue und betrat das Haus. Ansa saß ab und sah sich neugierig um. Es gab keine Möglichkeit, das Cabo anzubinden, höchstens an einer der Figuren, und das hielt er für unklug. Minutenlang stand er unschlüssig herum, die Zügel in der Hand, und wartete ab.
    Gefolgt von einer hochgewachsenen Frau, kam Fyana zurück. Die Fremde trug ein gestreiftes Gewand, legte die Fingerspitzen aneinander und verneigte sich leicht.
    »Willkommen, Krieger. Ich bin Ulla, die Dorfälteste. Möchtest du nicht eintreten? Imasa wird sich um dein Cabo kümmern.« Ein Knabe tauchte hinter ihr auf, den Ansa zweifelnd musterte.
    »Vielen Dank, aber es hat viel Temperament. Vielleicht sollte lieber ein erfahrener Reiter …«
    Sie lächelte. »Imasa kann hervorragend mit Cabos umgehen. Sorge dich nicht.«
    Ansa drückte dem Jungen die Zügel in die Hand, und er führte das Tier davon, das ihm so brav folgte, als wäre es eines der winzigen Quils, die in der Sonne ruhten. Ansa zuckte die Achseln und folgte den beiden Frauen ins Haus. Es war sparsam möbliert, aber den Boden und die Wände bedeckten prachtvolle Teppiche. Das Haus hatte keine Fenster, und das Tageslicht fiel durch große Oberlichter aus dickem Glas. Auf Ullas Geheiß setzten sie sich auf reich bestickte Kissen, die um einen kunstvoll verzierten Tisch lagen. Die Frauen schwiegen, und so hielt sich auch Ansa zurück.
    Aus einem Hinterzimmer erschien ein junges Mädchen mit einem Tablett, auf dem ein dampfender Krug und drei Tassen standen. Fyana schenkte die heiße Flüssigkeit ein. Ansa nahm eine Tasse entgegen und probierte vorsichtig, während er die anderen aufmerksam beobachtete. Dieses Begrüßungsritual war ihm vertraut, aber jedes Volk hatte eigene Sitten und Gebräuche, und er wollte niemanden beleidigen. Bei dem Getränk handelte es sich um duftenden Kräutertee. Als er die leere Tasse abstellte, schienen die Frauen sehr zufrieden zu sein, und Ulla rief nach weiteren Erfrischungen.
    Ansa musterte die Frau neugierig. Fyana hatte sie als Älteste bezeichnet, aber sie wirkte kaum älter als Fyana. Bei diesen Menschen war es schwierig, das Alter zu schätzen. Sie hatte ebenfalls silberweißes Haar und blaue Haut, aber ihre Augen waren von blassem Grau.
    »Fyana erzählte, dass du die heimatliche Steppe verließest, um ein wenig von der Welt zu sehen.«
    »Ja, zu Hause wurde ich immer ruheloser«, gab er zu.
    »Wie geht es deinem Vater, dem König?«
    Er blinzelte erstaunt und verbiss sich eine Lüge, die sicher zwecklos war. »Also stimmt es, dass ihr magische Kräfte besitzt?«
    Sie lachte fröhlich. »Kein Grund für Magie! Ich traf deinen Vater vor einigen Jahren während eines großen Handelsmarktes. Er ist von wirklich außergewöhnlicher Erscheinung, und du ähnelst ihm sehr. Ich weiß, dass er Söhne in deinem Alter hat. Also musst du einer von ihnen sein. Keine Sorge, König Hael war immer unser guter Freund, und wenn du unerkannt bleiben willst, hüten wir dein Geheimnis. Noch weiter im Süden kennt man deinen Vater nicht, und niemand wird deine Herkunft erraten.«
    »Das freut mich. Was deine Frage angeht: Es geht ihm gut, obwohl ich ihn in letzter Zeit selten sah. In den vergangenen Jahren reiste er häufig nach Osten.« Er verschwieg den Gedanken, der seit langem an ihm nagte: Sein Vater war besessen vom Osten, von den Feuerwaffen und anderen seltsamen Erfindungen der dort ansässigen Menschen. Sein Leben war ein endloses Streben nach dem militärischen Sieg über seinen Erzfeind Gasam, den Shasinn.
    »Das stimmt, man hat ihn lange nicht mehr im Süden gesehen«, bemerkte Ulla.
    »Denk nicht, dass er dein Volk deshalb weniger schätzt«, sagte Ansa und sah die Möglichkeit, ein wenig Diplomatie zugunsten seines Vaters auszuüben. »Er zählt
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