Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brüder Des Zorns

Brüder Des Zorns

Titel: Brüder Des Zorns
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
abgekauft, und von seinem Aussehen her hätte niemand feststellen können, welchem Volk er angehörte. Ansa sah wie ein gewöhnlicher Reisender aus, und genau das hatte er beabsichtigt.
    Nicht einmal die Stahlwaffen wiesen darauf hin, dass er zum Stamm König Haels gehörte. Der sprunghaft angestiegene Stahlhandel der letzten Jahre hatte dafür gesorgt, dass Waffen aus dem kostbaren Metall viel häufiger anzutreffen waren als früher. Sein Langschwert, das selten außerhalb seiner Heimat zu sehen war, wurde vom Umhang verborgen. Er wollte es nur im Notfall benutzen, und dann hatten seine Gegner sicherlich keine Zeit mehr, sich über die Herkunft der Waffe Gedanken zu machen.
    Ansa ritt entlang des Flusses, der sich durch die fruchtbaren Felder schlängelte. Hin und wieder überquerte er Bäche, die eigenartigerweise in völlig gerader Linie von dem Fluss abzweigten. Anfangs hielt er sie für natürliche Gewässer, merkte aber schon bald, dass es sich um eigens angelegte Gräben handelte. Der Boden war so trocken, dass die Felder nur durch ein Anzapfen des Flusses, der irgendwo im Süden in den breiten Strom Kol mündete, fruchtbar blieben.
    Inzwischen ritt er durch das Land des Schluchtvolkes, aber die hiesigen Bauern gehörten dem gleichen Volk an wie die Arbeiter, die er aus der Mine kannte. Die wahren Schluchtler waren Adlige, sehr geheimnisvoll und besaßen angeblich magische Kräfte. Er war noch keinem dieser Menschen begegnet, da sie ihr Land niemals verließen und nur durch Vermittlung fremder Kaufleute Handel trieben. Von allen Völkern, von denen er je gehört hatte, faszinierten sie ihn am meisten. Dabei besaßen sie keine Reichtümer, denn das Land war arm an Bodenschätzen und brachte nur karge Erträge. Ihre zurückhaltende Art und die mysteriösen Kräfte fesselten Ansa. Man sagte, sie hätten blaue Haut und Augen in allen Farben des Regenbogens. Sie waren nicht besonders kriegerisch, aber kein Heer hatte sie je besiegt, obwohl es oft versucht worden war. Sämtliche Angriffe wurden zurückgeschlagen, und Offiziere und Soldaten schworen, von mächtiger Magie besiegt worden zu sein.
    Ansa brannte vor Neugier, dieses Volk kennen zu lernen, von dem sein Vater häufig erzählt hatte. Natürlich erwartete er nicht, mit offenen Armen aufgenommen zu werden, rechnete aber auch nicht mit Feindseligkeiten. Die meisten Menschen reagierten auf einen einzelnen Reisenden mit Neugier oder Verachtung, kaum aber mit sinnloser Gewalt. Ein abgeschieden lebender Stamm freute sich gewöhnlich über Kontakt zur Außenwelt, solange er keine Gefahr darstellte, und weltoffene Menschen nahmen Fremde wie selbstverständlich in ihrer Mitte auf. Nur große, schwerbewaffnete Gruppen erregten das Misstrauen der Einheimischen.
    Ansa hätte gern ein Stück Wild erlegt, war aber nicht sicher, ob der Besitzer des Landes es gern sah. Der Gedanke, wieder von Trockenfleisch leben zu müssen, behagte ihm nicht, aber er wusste, dass man in der Fremde nicht unvorsichtig sein durfte. Die erste Nacht lagerte er am Ufer des kleinen Flusses und sah zum vernarbten Gesicht des Mondes empor, der im Osten über den dunklen Gipfeln des Gebirges aufging. In Gedanken hörte er den Vers, den sein Vater dem Mond allabendlich als Entschuldigung aufsagte, sprach ihn aber nicht aus. Vor Urzeiten, in den Tagen der feurigen Speere, hatten die Menschen den Mond verwundet. Damals gab es mächtige und furchtbare Zauberkräfte, und die Menschheit wurde für ihre Selbstherrlichkeit bestraft. Jedes Volk besaß eigene Sagen zu diesen Vorkommnissen, aber alle stimmten darin überein, dass die Menschen das Unheil selbst verschuldet hatten und so der Zeit des Wohlstands und Glücks ein Ende machten.
    Die Hitze des Tages verflüchtigte sich, und es wurde allmählich kühl, aber Ansa entfachte kein Feuer. Die Sterne leuchteten hell und klar. Es gab Fixsterne, Wanderer und andere, die aufstiegen und urplötzlich in unregelmäßigen Abständen über den Himmel rasten. Manche Stämme glaubten, letztere seien von Menschenhand gefertigt und in der Zeit vor dem Einsatz der Feuerspeere bewohnt gewesen. Von allen alten Legenden erschien ihm diese am unwahrscheinlichsten, aber wenn die Menschen den Mond wirklich verletzt hatten, waren sie vielleicht auch in der Lage gewesen, Dörfer im Himmel zu errichten. Die Welt war voller Geheimnisse, und er wusste, dass er sie nicht ergründen konnte. Nachdem er sich noch einmal vom Wohlergehen des Cabos überzeugt hatte, rollte er sich in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher