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Bruderschatten

Bruderschatten

Titel: Bruderschatten
Autoren: Mika Bechtheim
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nicht mehr in Deutschland. Ich lebe seit zehn Jahren in den Staaten, in Michigan. Sehr schön ist es dort. Ich arbeite für ein kleines Provinzblatt, nichts Besonderes, aber ich habe meine Ruhe. Du solltest mich dort mal besuchen.«
    »Michigan«, sagte ich und lauschte dem Klang des Wortes. Es klang nach Indian Summer, nach rotgoldenen Ahornblättern, die raschelnd im Herbstwind tanzten. Es klang nach Kleinstadt, nach einer Frau und Kindern und nach einem hübschen Haus. Er hatte auch eine Frau, aber keine Kinder. Er lebte in einem Haus mit einer weißen Veranda und einem grünen Rasen davor.
    »Seit wann bist du wieder hier?«, fragte ich ihn.
    »Seit ein paar Tagen. Adam hat mich informiert. Als Eddie wusste, dass sie stirbt, hat sie ihm offenbart, dass wir über eine Mailadresse Kontakt haben.«
    »Aber Adam sagte, er wüsste nicht, wie lange du schon hier warst. Er hätte dich Mittwoch das erste Mal getroffen.«
    »Das stimmt. Ich hab mir sofort ein Ticket nach Hamburg besorgt. Aber ich hab zuerst das Haus beobachtet. Es kurvte zu häufig ein Auto durch die Straße, und ab und an lungerte Siggi Meier hier rum. Erst als ich sicher war, dass sie es nachts nicht beobachten, bin ich morgens hinten rein zu Adam und Eddie.«
    »Du warst da, als ich Mittwoch kam?«
    »Ich hab dich sogar am Küchenfenster gesehen«, sagte er und lächelte. »Und deinen Sohn. Netter Junge. Ich hab ihn schon kennengelernt.«
    Ich lächelte zurück. »Weshalb habt ihr Adam im Glauben gelassen, du hättest Charles getötet?«
    »Unsere Mutter lag im Sterben. Es war leichter für sie, so zu gehen, glaub mir. Sonst hätte sie es Adam längst selbst erzählt.«
    »Und wer hat das Haus beobachtet?«, fragte ich.
    Er zuckte mit den Achseln. »Ich weiß von Kortner, dass es einer von seinen Polizisten im Zivilfahrzeug war. Da dachte Kortner ja noch, ich hätte Claudia umgebracht. Und Siggi Meier soll gegen Geld immer mal was für Hinner erledigen, was der nicht selbst erledigen will.«
    Leo erzählte mir auch, dass er Adam nach dem Mord an Nora dann doch alles erzählt hätte. Und Adam hatte dann darauf bestanden, dass sie mit Kortner Kontakt aufnahmen, um Hinner gemeinsam zu überführen.
    »Ihr hättet euch besser an Carsten Unruh wenden sollen. Der ist zumindest unbefangen«, sagte ich.
    »Der ist neu in der Stadt. Den kennen wir nicht«, sagte Leo. »Aber ich hab mich heute mit Konrad getroffen und ihm erzählt, was Sache ist.«
    »Konrad hält dich für den Mörder.«
    Leo lächelte. »Ich habe ihm die Geschichte mit den Organen erzählt, und dass Claudia sich damals mit Hinner treffen wollte. Ich hab ihm gesagt, wir brauchen seine Hilfe. Allerdings planten wir da noch, dass ich dich treffe. Und da Hinner es von Siggi erfahren hätte, hätten wir ihn mit diesem Treffen in eine Falle gelockt.«
    »Wieso bist du so sicher, dass es Hinner war?«, fragte ich.
    »Siggi Meier sollte Max heute in Hinners Auftrag entführen. Das hat er vorhin gestanden. Hinner ist der Einzige, der ein Motiv für den Mord an Claudia hatte. Er hat Vera umgebracht und dann Nora vor meinen Augen. Er hat Vera die Organe entnommen. Außer dem Mörder aber weiß niemand von den Verstümmelungen an Claudia und Vera und Koslowskis Opfern.«
    »Woher wusstest du es?«
    »Von Kortner«, sagte er.
    Dann sah ich Cornelius an und sagte: »Ich war euer Köder, damit Hinner sich durch meine Nachforschungen bedroht fühlen sollte und ihr ihn zu diesem Treffen locken konntet?«
    Cornelius sah zu Leo.
    Leo zucke mit den Achseln.
    »Meine Güte, ich habe ein Kind!«
    »Wir waren doch mehrere«, sagte Cornelius. »Gregor Patzig, der dir niemals von der Seite wich. Unten im Schuppen Leo, ich und seit heute dann noch Konrad und Kortner.«
    »Die neuen Blutsbrüder, was?«, fragte ich und war mir doch nicht sicher, ob sie das waren.

56
    Gegen sechs hielt ich es nicht mehr aus. Meine Lider hingen bleischwer über den Augen, ich gähnte im Minutentakt, und auch der zweite Kakao machte mich nicht munterer. Ich brauchte Bewegung.
    »Lass uns fahren«, sagte ich zu Leo.
    »Das willst du dir nicht antun. Nicht in deinem Zustand.«
    Ich ließ nicht locker. Schließlich gaben die beiden nach.
    Cornelius würde im Haus bleiben, auf Siggi Meier im Keller und die Kinder oben aufpassen und ihnen Frühstück machen, wenn sie wach würden.
    Leo und ich nahmen meinen Audi mit dem Allradantrieb. Den brauchten wir, um im Wald durch den Schnee zu kommen.
    Leo fuhr. Mir war es recht.
    Nicht recht war mir,
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